Das Haus in den Dünen. Ulrich Hefner

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Das Haus in den Dünen - Ulrich Hefner

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style="font-size:15px;">      »Ich glaube schon«, antwortete Till. »Er ist bibelfest, hat es mit Schuld und Sühne, und das Alte Testament spielt im evangelischen Glauben eine untergeordnete Rolle.«

      »Also könnte der Brandstifter Katholik sein«, folgerte Trevisan.

      »Katholik oder Jude«, entgegnete Till. »Die katholische Kirche ist dem zeitgeistlichen Wandel unterworfen und hat mit der Verehrung Jesu als Gottes Sohn und seiner Mutter, der heiligen Maria, mittlerweile ebenfalls die neutestamentlichen Lehren in den Mittelpunkt gerückt. Der jüdische Glaube ist trotz seiner zweitausendjährigen Geschichte noch immer stark in den Traditionen des Tanach verwurzelt. Die Thora, beziehungsweise der Tanach hat für das Judentum zentrale Bedeutung. Die Bücher Mose stehen am Anfang. Sie heißen Bereschir, Schemar, Wajikra, Bemidbar und Debarim und entsprechen in etwa dem ersten Kapitel des Alten Testaments. Der einzige Unterschied ist, dass die Juden Gott als Jhwh oder Jahwe oder Jehova bezeichnen.«

      »Und auf den Hinterlassenschaften des Brandstifters ist von Gott die Rede«, schob Trevisan ein.

      »Ja, aber das kann auch daran liegen, dass sich bei den hier lebenden Juden das Sprachverständnis gewandelt hat.«

      Trevisan kratzte sich an der Nase. »Du meinst also, dass unser gesuchter Brandstifter Jude sein könnte. Gibt es denn bei uns noch jüdische Gemeinden?«

      »Die nächste aktive jüdische Gemeinde gibt es in Oldenburg«, entgegnete Till. »Aber das muss ja nicht zwangsläufig bedeuten, dass unser Täter in Oldenburg wohnt. Es gibt zum Beispiel in Neustadtgödens eine Synagoge, auch wenn das heute eine Galerie ist. Bestimmt wohnen auch in unserem Zuständigkeitsbereich noch oder wieder Menschen, die jüdischen Glaubens sind.«

      »Da hast du recht«, stimmte Trevisan zögernd zu. »Ich hatte mal einen Bekannten in Sande, der sich um den Jüdischen Friedhof kümmerte. Ich glaube, er musste zum Gottesdienst eine längere Strecke fahren, obwohl es doch auch bei uns Synagogen gibt.«

      »Die meisten Synagogen auf der ostfriesischen Halbinsel sind in der Pogromnacht zerstört worden, bis auf zwei oder drei. An die anderen erinnern bestenfalls Gedenktafeln.«

      »Das heißt, es gibt bei uns Menschen jüdischen Glaubens, die nach Oldenburg zu ihren Gottesdiensten fahren müssen.«

      »So ist es«, bestätigte Till. »Wenn wir über die Standesämter gehen, dann erfahren wir auch die Religionszugehörigkeit. Wir haben zwar bislang noch keine großartigen Anhaltspunkte, aber mit dem Kleinwagen und der vagen Beschreibung könnten wir den möglichen Täterkreis ganz gehörig einengen. Zumindest blieben erheblich weniger Überprüfungen hängen, wenn wir das Raster enger fassen könnten, als wenn man sich ausschließlich auf Feuerwehrmänner versteift.«

      »Du solltest das mit Monika besprechen«, antwortete Trevisan. »Es könnte etwas dran sein. Aber vergiss nicht, es ist nur eine Annahme. Wenn wir uns zu schnell verrennen, dann stehen wir am Ende mit leeren Händen da.«

      »Ich wollte ja mit Monika darüber sprechen, aber sie hat mich zu dir geschickt. Ich glaube, sie ist in letzter Zeit schlecht drauf.«

      Trevisan überlegte. Eigentlich hatte er die Ermittlungsarbeit an den beiden Fällen unter den Kollegen aufgeteilt.

      »Monika ist davon überzeugt, dass wir es mit einem Feuerwehrmann zu tun haben«, warf Till ein. »Ich glaube nicht, dass sie meine Theorie ernst nimmt.«

      »Und jetzt soll ich mit ihr sprechen?«

      »Ich dachte nur, schließlich bist du Kommissariatsleiter.«

      Trevisan fuhr sich über das Kinn. »Wie lange wirst du für die Überprüfung brauchen?«

      »Ein, zwei Tage, bis ich alle Standesämter abtelefoniert habe.«

      Trevisan räusperte sich. »Also gut, leg los! Ich werde mit Monika reden. Vielleicht finden wir auf deiner Liste sogar einen Feuerwehrmann. Warum sollten wir nicht ein bisschen Glück haben.«

      Es pochte an der Tür.

      »Ja«, rief Trevisan.

      Alex stürmte in das Büro. »Wer sollte ein bisschen Glück haben?«, fragte er mit einem Lächeln. Tina folgte im Schlepptau und legte einen Packen Briefe auf Trevisans Schreibtisch.

      »Was ist das?«, fragte er verdutzt.

      »Ein kleines bisschen Glück, würde ich sagen«, antwortete Alex.

      *

      Er bereitete sich vor. Es war alles ganz einfach. Das Benzin entnahm er mit einem langen Schlauch dem Tank seines Wagens. Er hatte sein neues Ziel ausgewählt.

      Und du wirst tappen am Mittag, wie ein Blinder tappt im Dunkeln, und wirst auf deinem Wege kein Glück haben und wirst Gewalt und Unrecht leiden müssen dein Leben lang, und niemand wird dir helfen.

      Das Wochenende stand bevor. In der Gegend fand der all­jähr­liche Bockhorner Markt statt. Vielleicht würde er morgen ein paar Stunden dort zubringen, das ein oder andere Bier trinken und dazu frische Krabbenbrötchen essen. Aber zuerst musste er alles für den morgigen Tag vorbereiten.

      Ob Swantje auch auf den Bockhorner Markt gehen würde? Vielleicht würde er sie sogar treffen und ein paar Worte mit ihr wechseln. Bockhorn war zwar nicht Amerika, aber immer­hin war es jedes Jahr ein schöner, gemütlicher Markt, der sich rund um die Straßen und Plätze der Stadt formierte.

      Du sollst fröhlich sein über alles Gut, das der Herr, dein Gott, dir und deinem Hause gegeben hat.

      »Hast du die Scheune aufgeräumt?«, riss ihn die Frage seiner Mutter aus den Gedanken. »Den ganzen Tag schraubst du an deiner alten Karre herum und alles andere bleibt liegen. Wenn doch noch Vater hier wäre, der würde dir die Hammelbeine schon lang ziehen. Aber ich alte, schwache Frau …«

      »Ich mache es gleich, wenn ich hier fertig bin«, beeilte er sich zu sagen. »Es dauert nur noch ein paar Minuten.«

      Den Benzinkanister schob er mit dem Fuß zur Seite, so dass er hinter dem Wagen aus dem Blickfeld der Mutter verschwand.

      »Das will ich auch hoffen«, antwortete sie. »In ein paar Stunden kommt Hilko und will seinen Wohnwagen unterstellen. Ich habe es ihm versprochen. Also sieh zu, dass du endlich fertig wirst.«

      Er nickte eifrig, bevor die Mutter hinter dem Haus verschwand. Innerlich zerbiss er einen Fluch. Den ganzen Tag nörgelte sie an ihm herum. Kaum war er aufgestanden, schon erteilte sie ihm Aufträge. Tu dies, tu das, mach schnell, werde endlich fertig, sei nicht so lahm, beeil dich, er hatte es satt, gründlich satt. Bald würde der Tag kommen, an dem dieses andauernde Kommandieren ein Ende hätte. Schließlich war Mutter schon vierundsiebzig. Aber sie hatte ein starkes Herz und eine Konstitution wie ein Ochse. Ihr Leben in Arbeit, jahraus, jahrein an der frischen Luft, hatte sie gestählt. Damals, als Vater Geld dazuverdienen musste und in einem Betrieb arbeitete, hatte sie alleine den Hof bewirtschaftet.

      In den vergangenen Jahren hatte sich viel verändert. Auf einem Drittel der Felder standen jetzt Windkrafträder und mit jeder Umdrehung floss Geld in die heimische Kasse. Kein Vermögen, aber genug für ein sorgenfreies Leben. Dennoch, es gab immer etwas zu tun. Aber das war nicht das Problem. Nein, es war diese verdammte Einsamkeit.

      Er schraubte den Kanister zu und legte ihn in den Wagen.

      Denn

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