Das Erbe des Bierzauberers. Günther Thömmes
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»Ein guter Gedanke! Dann möchte ich auch nach dem mir treu ergebenen Straßburg reisen. Das sind mir seit jeher mit die liebsten Untertanen gewesen. Und eine Heilige Messe im Straßburger Münster ist niemals zu verachten.«
Der Kaiser auf Reisen
Schneller als beabsichtigt, zwangen zahlreiche verschiedene Angelegenheiten Kaiser Friedrich zu einer längeren Reise über viele Stationen.
Im Frühjahr 1475 setzte sich der kaiserliche Tross von Wiener Neustadt aus in Bewegung.
Neben dem Kloster Salem hatte auch Dijon in Burgund als eines der wichtigsten Reiseziele gegolten. Dort wollte Friedrich mit Karl dem Kühnen, dem Herzog von Burgund, die Verheiratung seines Sohnes Maximilian mit Maria von Burgund und auch die Besitzverhältnisse von Luxemburg verhandeln.
Dieses seltsame Staatengebilde, das sich Burgund nannte, hatte sich in den letzten 100 Jahren zu einem teilweise zersplitterten, teilweise aber auch kompakten Territorium gemausert, das vom Genfer See bis zum Oberlauf der Loire und nach Westfriesland reichte. Dort entfaltete das späte Mittelalter seine prächtigste Hof- und Lebenshaltung, nirgendwo sonst wurde so farbenprächtig gelebt und gefeiert wie in Burgund.
Als verbindende Landbrücke zwischen Frankreich und dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation weckte die Pracht Burgunds jedoch immer wieder Begehrlichkeiten als potenzielles Beuteobjekt. Und so war Karl der Kühne dabei sowohl meist Verteidiger seines Reiches als manchmal auch vorbeugender Aggressor und tummelte sich munter auf den Schlachtfeldern Zentraleuropas.
Daher hatte sich auch in der Zwischenzeit die Reiseroute des Kaisers geändert. Dijon wurde gestrichen. Karl der Kühne hatte im Juni 1474 begonnen, die Stadt Neuss zu belagern.
Und das, obwohl er zur gleichen Zeit, im November desselben Jahres, bei Hericourt von den Eidgenossen im Auftrag der Habsburger besiegt wurde.
»Wie kann dieser Tor zwei Kriege zugleich führen?« Friedrich war ratlos.
Auch die Neusser Belagerung, die im Zusammenhang mit der Kölner Stiftsfehde stand, bei der Karl den Erzbischof von Köln, Ruprecht von der Pfalz, unterstützte, wurde von Friedrich nicht gutgeheißen.
»Wir müssen diesen Narren wieder zur Räson bringen, bevor er noch größeren Schaden anrichtet«, sagte Friedrich mehr als einmal.
»Hat er aus Hericourt nichts gelernt?«
Da er mit leichtem Tross und wenigen Wachsoldaten reiste – er wollte schneller und beweglicher unterwegs sein –, hatte er seine Armee schon einmal nach Neuss vorgeschickt.
In Salem hatten sie ihren ersten längeren Aufenthalt. Das Stift im Linzgauer Hinterland des Bodensees war ein wohlhabendes Zisterzienserkloster und seit 1137 im Rang einer Abtei.
»Salem, ein schöner Name! Der biblische Ort des Friedens.«
Friedrich machte hier gerne Station.
Die politisch ehrgeizigen Äbte wussten, was sie an diesen hohen Besuchen hatten, und hofierten diese entsprechend. Die Bewirtung war wieder einmal erlesen. Die klostereigene Brauerei stellte ein passables Bier her, und die Klosterküche war für hohen Besuch auf Wild spezialisiert. Hirsch, Hirschkuh und Wildschwein gab es in solchen Mengen, dass die köstlichen Rebhühner nur beiläufig zur Kenntnis genommen wurden.
Auch hier wurde mit Leidenschaft über die Kochkunst diskutiert, und das ohne erhobenen Zeigefinger, da der saure Wein diesmal wegfiel.
»Diese grüne Sauce ist ein Geschenk des Himmels«, seufzte von Meldegg und tunkte einmal mehr ein großes Stück Weißbrot hinein.
»Was da wohl alles drin sein mag?« Friedrich aß zwar auch mit Genuss, ihm fehlten indes die Kenntnisse über die Zutaten.
»Wenn ich mich nicht täusche, Bohnenkraut, Minze, Sauerampfer und Mangold. Dazu erschmecke ich Wein, Essig und etwas Lebkuchen.«
Der fantasielose Friedrich war wieder einmal beeindruckt vom kulinarischen Genius seines Leibarztes.
Nach dem Essen ließ sich besser verhandeln. Satte Gäste waren leichter für Zugeständnisse zu gewinnen. Das wusste die Führung von Salem auch. Diesmal bat der Abt Johannes Stantenat den Kaiser um Erteilung von Privilegien. Diese betrafen in erster Linie die Autonomie des Klosters. Friedrich nahm die Anliegen zur Kenntnis und versprach, sich nach seiner Rückkehr darum zu kümmern. Dies sollte allerdings noch zehn Jahre dauern. Erst am 20. August 1485 besuchte Kaiser Friedrich III. das Kloster Salem wieder, brachte dafür aber erfreuliche Meldung bezüglich der Privilegien: »Mein Freibrief wird Euch gestatten, fortan von Euren Untertanen Steuern zu erheben und säumige Zahler selbst zu bestrafen. Des Weiteren dürft Ihr Euren Schutzvogt selbst wählen und wieder absetzen.«
Nachdem der Tross Salem wieder verlassen hatte, ging es Richtung Rhein, und nach zehn Tagen hatten sie Straßburg erreicht.
»So, jetzt wollen wir unseren treuen Straßburgern noch unsere Aufwartung machen, bevor wir uns mit Herzog Karl auseinandersetzen müssen.«
Friedrich besprach auch Regierungsdinge abseits von seinem Kanzler und seinen sonstigen Beratern gerne mit seinem Leibarzt.
»Was denkt ihr, Andreas, wie sollen wir die Verhandlung mit dem Burgunderherzog angehen?«
Reichlin von Meldegg zuckte die Schultern.
»Das hängt davon ab, was Ihr erreichen wollt. Wollt Ihr dem ›Großherzog des Westens‹« – er grinste bei Nennung dieses Titels, den der Parvenü sich selbst verliehen hatte – »eine Lektion erteilen dafür, dass er Euch vor zwei Jahren in Trier zuerst mit seinem Reichtum gedemütigt und dann noch die Königswürde und eine Krönungszeremonie abgeschwatzt hatte, zu der er dann schlussendlich nicht erschienen ist?«
Friedrich erinnerte sich, als wäre es gestern gewesen: 400 Wagenladungen kostbarer Wandteppiche, jede Menge Gold und Silber hatte Karl mitgebracht, um die Trierer Abtei Sankt Maximin in eine Mischung aus Palast und Schatzkammer zu verwandeln. Sein Schwert hatte allergrößtes Aufsehen erregt: Das vollständige Vaterunser prangte auf dem Schwertgriff, jeder einzelne Buchstabe bestand aus Diamanten. Die besten Musiker hatte er mitgebracht, Karl selbst war in einem prächtigen, juwelenbesetzten Mantel, durchwirkt mit goldenen Fäden, erschienen, und alles nur zu dem einen Zweck – so war es Friedrich erschienen –, um ihm, dem Kaiser, deutlich aufzuzeigen, was wahrer Reichtum bedeutet. Friedrich war am Ende dieser sinnlosen Demonstration ohne Gruß und Verabschiedung abgereist.
Der Leibarzt schaute auf den sinnierenden Kaiser und fuhr fort:
»Oder wolltet Ihr nicht doch Euren Sohn Maximilian erstklassig mit seiner Tochter Maria verheiraten?«
Friedrich, der allen anderen Menschen meist mit Misstrauen begegnete, fuhr aus seinen Gedanken hoch und lächelte.
»Ihr seid mit allen Wassern gewaschen. Wärt Ihr nicht so ein guter Leibarzt, als Berater könntet Ihr kaum besser sein. Da hätte sogar mein guter alter Kanzler Schlick noch etwas lernen können.«
Er zitierte sein Lieblingsmotto: »Mögen andere Kriege führen, du glückliches Österreich, heirate!«
Von Meldegg kam nochmals auf das Trierer Treffen zu sprechen: »Erinnert Ihr Euch noch an das Geschenk, welches Karl Eurem 14-jährigen Sohn überreichte?«
»Diese