Das Erbe des Bierzauberers. Günther Thömmes

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Das Erbe des Bierzauberers - Günther Thömmes

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Denn Daniel Fischer verlangte seinen Brauburschen körperlich alles ab. Wer da schlappmachte, wurde mit Schimpf und Schande davon­gejagt. Und wer richtig Pech hatte, so wie am gestrigen Morgen der Braubursche Bertram, der erhielt zum Abschied noch Prügel mit der Fasslatte.

      Währenddessen hielten Michel, Georg und Fafnir mit ihrem schaukelnden und lärmenden Wagen Einzug in die Stadt. Da Michel lange nicht mehr hier gewesen war, hatten sie nichts zu befürchten von unzufriedenen Kunden. Sie machten Quartier in einer preiswerten Schenke, dem ›Schwarzen Schwan‹, die ihnen empfohlen worden war. Am nächsten Tag wollte Michel einmal Fischers Brauhaus aufsuchen und ein paar Takte mit Daniel reden.

      »Damit der sich so was nicht angewöhnt, seine Burschen so durchzuprügeln!«

      Dazu sollte es jedoch nicht mehr kommen.

      Beim Abendessen im ›Schwan‹ langte Michel kräftig zu. Georg erhielt seine übliche Ration Suppe und Bier, aber Michel war so angetan vom Straßburger Bier, dass er einen Krug nach dem anderen in sich hineinschüttete.

      Georg ging derweil in die Kammer und legte sich auf den Boden, nahm etwas Stroh und schlief sofort ein.

      Kurze Zeit später, so kam es ihm vor, rüttelte ihn jemand sehr unsanft wach.

      Der Schwanenwirt stand vor ihm und rief: »Schnell, steh auf. Dein Vater ist schwer verletzt.«

      Georg stolperte schlaftrunken die Stiege hinunter, undeutlich hallte in seinen Ohren nach, dass Michel und er anscheinend für Vater und Sohn angesehen wurden, und sah gleich hinter der Tür Michel blutend auf einer Bank liegen. Auf der gleichen Bank, auf der dieser noch kurze Zeit vorher mit anderen Zechern, schäumend vor Bierseligkeit, sich den Hintern platt gedrückt hatte.

      »Der alte Trottel hat sich in einen Raufhandel verwickeln lassen. Dabei ging es nur um einen Streit, wo das beste Bier herkäme«, erzählte der hochgradig erregte Wirt. »Deinem Vater hat unser Bier zwar sehr zugesagt, aber er behauptete, es sei nur das zweitbeste, das er jemals getrunken habe.«

      Ein ebenfalls aufgeregter Gast mischte sich ein.

      »Und das war unserem stadtbekannten Raufbold Anselm nicht gut genug. Anselm hat zwar schon einiges auf dem Kerbholz, aber so wie heute ist er noch niemals in Zorn geraten.

      Erst haben die beiden einander mit Krügen auf die Schädel geschlagen, dann hat Anselm kurzerhand sein Messer gezückt und Michel abgestochen wie eine Sau.«

      Michel stöhnte vernehmlich, das Blut lief trotz einer Bandage aus der großen Wunde in seinem Bauch.

      Fafnir saß vor Michels Bank und bellte, fast so, als erfasse er den Ernst der Situation.

      »Wir haben nach dem Medikus gerufen, aber der ist gerade woanders. Wenn es noch lange dauert, werden wir ihn nicht mehr brauchen.« Der Wirt war der Verzweiflung nahe.

      »Noch niemals ist im ›Schwan‹ jemand erstochen worden. Mein guter Ruf ist ruiniert!«

      Er dachte bereits wieder pragmatisch, ohne Emotionen.

      Dass den Straßburgern dieser Pragmatismus zu Recht nachgesagt wurde, belegte die nächste Äußerung eines weiteren Gastes, dessen hervorstechendes Attribut sein fauliger Atem war.

      »Sollte der Bader sterben, würde ich seinen Wagen und seine Gerätschaften kaufen.«

      Georg sah ihn entsetzt an.

      Und als hätte Michel nur auf das Stichwort gewartet, bäumte er sich noch einmal auf, tat einen letzten Schrei und sank zurück auf die Bank. Seine Augen verloren innerhalb einer Sekunde ihren Glanz, alles Leben war aus seinem Körper entwichen.

      Die Frau des Wirts, eine kugelrunde Person mit dicken Pausbacken, die bis dahin versucht hatte, mit der Bandage den Blutfluss an Michels Wunde zu stoppen, fing zu weinen an. Der Wirt verdrehte die Augen und murmelte etwas, das wie ein Gebet klang, es könnte aber auch ein gotteslästerlicher Fluch gewesen sein.

      Georg verstand die Welt nicht mehr, war er jetzt etwa schon wieder allein und auf sich selbst gestellt?

      Irgendwann erschien der Büttel, Georg hatte kein Zeitgefühl mehr. Alles war wie verschwommen in seiner Wahrnehmung.

      Der Büttel stellte sachlich Michels Tod fest, konstatierte, dass Anselm zur Verhaftung ausgeschrieben und ein Prozess feststellen werde, ob dieser in Notwehr oder nicht gehandelt habe.

      Dann fragte er nach Michels Besitz, erklärte Georg zum nächsten Angehörigen und somit Alleinerben von Michels Nachlass. Er ließ sich von Georg Michels Geldkatze zeigen, nahm ein paar Münzen heraus, »für die Totengebühr und als Vorschuss für das Begräbnis«, wünschte eine gute Nachtruhe und verließ die Schenke.

      Michel wurde noch in der Nacht abgeholt und gleich am nächsten Tag begraben.

      Der Gast, der Interesse an Michels Gerätschaften und Fahrzeug angemeldet hatte, wollte am Tag wiederkommen. Georg sagte zu, aber ohne wirklich zu verstehen, was vor sich ging. Der Wirt versprach Georg, ihm bei der Verhandlung zu helfen, wobei sich Georg eindringlich an Michels Angst erinnerte, ›behumst‹ zu werden.

      Natürlich ließ sich der Wirt seine Hilfe teuer bezahlen, dennoch war der Preis, den er für Georg dann aushandelte, gut genug, um diesem eine prall gefüllte Geldkatze zu übergeben.

      Viel Geld für einen zehnjährigen Jungen …

      »Was wirst du jetzt machen, so ganz allein?« Ob der Wirt dies wirklich wissen oder nur höflich zu dem Trauernden sein wollte, konnte Georg nicht ausmachen.

      Georg wusste ebenfalls nicht, ob der Wirt ihn als Waise melden musste, daher sagte er vorsichtshalber schnell:

      »Ich weiß nicht, meint Ihr, ich kann eine Weile hier in der Stadt bleiben? Später gehe ich zurück nach Reutlingen. Da wohnt eine Tante von mir.«

      Das war gleichwohl das Letzte, was er vorhatte.

      Der Wirt durchschaute ihn gleich, grinste nur und sagte:

      »Sicher, in der Stadt findest du immer Arbeit. Pass nur auf deine Geldkatze auf und lass sie dir nicht stehlen. Du kannst dir aber auf jeden Fall erst einmal leisten, ein paar Tage hier wohnen zu bleiben, bis du etwas anderes gefunden hast.«

      Obwohl Georg wenig Vertrauen in den Wirt hatte, viele Möglichkeiten blieben ihm nicht. Immerhin hatte ihn der Wirt nicht bestohlen.

      Er versteckte das Geld an einem sicheren Ort und machte sich daran, Straßburg zu erkunden.

      Erst Tage danach, als sich seine Trauer um Michels Tod bereits gelegt hatte, bemerkte er, dass er gar nicht erfahren hatte, welches Bier nach Michels Meinung denn die Krone verdient hätte. Daher beschloss er, es für sich selbst herauszufinden.

      »An dem Trank muss ja etwas dran sein, wenn sich Menschen deswegen totstechen«, dachte er für sich.

      Als Georg ein paar Tage später in Fischers Brauhaus zur Tür eintrat, war Daniel gerade damit beschäftigt, die atemberaubendste Frau, die seit langer Zeit bei ihm zu Gast gewesen war, zu überreden, das Nachtlager mit ihm zu teilen. Groß, schlank, mit langen schwarzen Haaren wie eine Zigeunerin, lehnte sie an der Theke, die dunklen Augen voller Glut, die ihn beinahe so faszinierten wie ihre vollen Brüste, die frivol unter ihrem knappen Kleid hin und her hüpften.

      Sein

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