Fernwehträume. Hermann Bauer
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»Und wenn wir uns nicht vertragen?« Schon war die abwehrende Haltung in Isabella wieder da. »Erich, lass mir doch bitte ein bisschen Zeit und erdrücke mich nicht mit deiner Zuneigung. Hab Vertrauen zu mir und laufe mir nicht ständig nach. Ich finde es ja lieb, dass du dich um alles kümmerst und dein Vater uns die Möglichkeit bietet, vorläufig zusammenzuleben. Aber wenn wir das jetzt auch wahrscheinlich tun, weiß ich nicht, ob ich ein Leben lang bei dir bleiben möchte. Ich kann es mir zumindest im Augenblick nicht vorstellen. Ich bin erst 18 und du bist 19, das darfst du nicht vergessen. Wir bekommen ein Kind miteinander und ich mag dich, aber ich bin nicht so verliebt in dich wie du in mich.« Sie blieb jetzt kurz stehen und blickte ihm bei diesen Worten das erste Mal fest in die Augen.
»Was soll ich tun? Was kann ich machen, damit du mich liebst?«, fragte Erich.
»Nichts. Lass doch einfach die Dinge auf dich zukommen. Aber das ist ja etwas, was du überhaupt nicht aushältst. Ich fürchte, du wirst nie aufhören, mich mit deinen Gefühlen zu verfolgen.«
Eine kurze Zeit gingen sie schweigend nebeneinander her. Erich wusste nicht, was er sagen sollte. Er war sich sicher, dass er Isabella kurze Zeit für sich haben und dann verlieren würde, irgendwann an irgendwen. Würde er es rechtzeitig bemerken? Würde er es verkraften?
Er konnte natürlich aus dieser ungewissen und vorbelasteten Beziehung auch gleich aussteigen und sich einigen Kummer ersparen. Es bedurfte dazu nur eines Satzes, aber er wagte nicht, ihn zu sagen. Sein Vater würde es als Misserfolg auslegen wie schon so viele andere Dinge zuvor in Erichs Leben. Er selbst würde sich eine Niederlage einzugestehen haben, die er so kurz nach seinem scheinbaren Triumph nicht wahrhaben wollte. Und Isabella und das Kind würde er auf immer verlieren, das wäre das Schlimmste, auch wenn es vielleicht besser so wäre.
Erich verscheuchte diese letzten Gedanken aus seinem Kopf. »Was sagen denn deine Eltern?«, fragte er dann.
»Sie wissen noch nichts, aber sie werden es schon früh genug erfahren. Ich bezweifle allerdings, dass es sie interessiert. Es wird unser Verhältnis nicht retten. Ich bin froh, wenn ich von zu Hause wegkomme.«
Das war es, was er hören wollte. Jetzt war sie wieder seine kleine, arme Isabella, die sich mit ihren Eltern überworfen hatte, die ein neues Zuhause suchte und seinen Schutz brauchte. Jetzt konnte er wieder seinen Traum träumen und die kalte Wirklichkeit vergessen.
Sie fröstelte, und er legte seine Hand um ihre Schulter. Er küsste sie sachte auf die Wange. Sie ließ es geschehen.
»Was auch immer geschieht, ich liebe dich«, sagte er.
Sie gingen auf die sich rasch senkende Sonne zu, die ein paar letzte, goldene Strahlen in den Park schickte. Das Bild glich dem eines Happyends im Film. Aber Isabella seufzte kaum hörbar, und ihr war gar nicht wohl in ihrer Haut.
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