Grantlkatz. Kaspar Panizza
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Читать онлайн книгу Grantlkatz - Kaspar Panizza страница 4
»Ich dacht schon, du kommst überhaupt nicht mehr. Ich sitz mir hier den Hintern platt.«
»So, so, also, was gibt’s?«
»Hier auf dem Boden ist was.«
»So weit weg vom Tatort? Was soll des sein?«
»Bin ich die Spurensicherung? Ein bisschen was müsst ihr auch selber machen.«
Steinböck beugte sich nach unten und leuchtete mit der Taschenlampe seines Smartphones den Boden ab. Er entdeckte etwas Klebriges. Es schien Blut zu sein, und mittendurch führte die Spur eines Fahrrads. Erst machte er ein Foto, dann richtete er sich auf und winkte Staller von der SpuSi zu, der wie üblich mit einem weißen Ganzkörperkondom bekleidet war. »Geh, Staller, schau dir des mal an. Sieht wie Blut aus. Könnte von unserm Opfer sein.«
Widerwillig kam der Kollege von der SpuSi näher. »Die Saukatz ist auch wieder da. Ich hab sie schon g’sehen.«
»Beacht sie ned, dann passiert auch nix«, rief er ihm zu, packte Frau Merkel mit der Hand unterm Bauch und machte sich davon.
»Schade, dass wir schon gehen. Ich hätte ihn gerne noch etwas geärgert.«
»Mei, jetzt lass doch den armen Kerl in Ruh. Reicht’s ned, dass du ihn damals für ein halbes Jahr in die Psychiatrische gebracht hast?«
»Das war ja wohl nicht meine Schuld, schließlich wollte er den Hundefänger auf mich hetzen.«
»Des war kein Hundefänger, des war der Amtsveterinärarzt.«
»Nein, nein, am Anfang war’s der Hundefänger«, insistierte Frau Merkel energisch.
»Von mir aus. Komm, lass uns heimfahren, damit ich mich noch ein paar Stunden aufs Ohr hauen kann.«
»Das könnte ich auch gleich hier erledigen.«
»Was?«, fragte er verwirrt und ärgerte sich dann, dass er auf diesen plumpen Witz hereingefallen war. »Ach geh, du wirst a immer depperter.«
*
An diesem Morgen war Emil Mayer junior früher als sonst aufgestanden. Man hatte ihm in der Reha eine ganze Reihe von Übungen gezeigt, die er täglich ausführen sollte. Er hatte gelernt auch kleine Fortschritte wie große Ereignisse zu feiern, und trotzdem würde er noch lange Zeit auf den Rollstuhl angewiesen sein. Natürlich hätte er sich auch vollkommen auf die Rehabilitation einlassen können, aber dadurch seinen Beruf zu vernachlässigen, oder gar ganz aufzugeben, war für ihn im Moment undenkbar. Außerdem ging ihm ständig Ilonas Nachricht durch den Kopf. Gestern im Zug hatte er sein Handy lautlos gestellt und erst spät zu Hause von dem Mord im Hofgarten erfahren. Dafür hatte er mit diebischer Freude den schnarchenden Steinböck vom Sofa geholt und zum Tatort geschickt.
Jetzt fuhr er mit seinem Rolli unter den Türstock und machte einige Klimmzüge. Zusammen mit Steinböck hatte er extra für diese Übung eine Stange angebracht.
Das Klappern der Katzentür schreckte ihn auf.
»Hallo, schwarze Schwester, was treibt dich so früh zu mir? Sollst du mich abholen? Sag bloß, der Sklaventreiber ist schon wach. Egal, ich hab eh keinen Kaffee im Haus. Lass uns schauen, was der ›große Vorsitzende‹ treibt.«
Frau Merkel sprang auf Emils Knie, legte die Ohren an, Blick nach vorne und gab damit unmissverständlich zu verstehen, dass er losfahren konnte. Emil verzog das Gesicht, öffnete die Balkontür und rollte nach draußen.
»Du, Merkel, mit deine Krallen musst a bisserl aufpassen. Ich hab jetzt a Gefühl in die Oberschenkel.«
Augenblicklich spürte er, wie der Schmerz nachließ.
»Bist halt doch a g’scheide Katz.«
»Aber hallo, man steigt ja auch nicht auf die Bremse, wenn man losfahren will. Schließlich halt ich mir einen Rollifahrer als Chauffeur.«
Als die beiden durch Steinböcks Wintergartentür rollten, schlurfte dieser gerade, nur mit einer Blümchen-Boxershorts bekleidet, in Richtung Bad.
»Servus, Emil, geh sei so gut und mach uns zwei Kaffee. Du kennst dich ja aus. Ich geh mich schnell duschen.« Dann verschwand er am Ende des Ganges.
Emil rollte inzwischen in die Küche, holte zwei Kaffeepads aus der Dose und schaltete die Maschine an. Frau Merkel sprang vorsorglich von seinem Schoß, sie wollte nicht mit heißem Kaffee übergossen werden. In Steinböcks Kühlschrank fand er außer drei vertrockneten Tortellini, die einsam auf einem Teller lagen, nichts Essbares. Es war wohl besser, im Büro zu frühstücken. Ilona hatte sicherlich schon für frische Butterbrezen gesorgt. Mayer junior nahm sich vor, heute nach Dienstschluss Einkaufen zu fahren, um seine Vorräte wieder aufzufüllen. Sechs Wochen Abwesenheit waren ganz schön lange. Die Tassen machte er nicht voll, trotzdem musste er jede gesondert in den Wintergarten bringen. Steinböck hatte Wort gehalten. Als Emil mit der zweiten Tasse anrollte, kam er, ein Handtuch um den Hals gelegt und jetzt mit groß karierten Boxershorts bekleidet, aus dem Badezimmer und nahm seinen Kaffee in Empfang.
»Mit diesen Unterhosen bekomm ich dich nie unter die Haube. Ich befürchte, ich werde dich auch in Zukunft alleine ertragen müssen«, stichelte Frau Merkel. Nachdem die Gefahr, mit heißem Kaffee überschüttet zu werden, gebannt war, machte sie es sich erneut auf Emils Knien bequem.
»Schön, dass du wieder da bist, jetzt werd ich die Nervensäge von Katz wenigstens ab und zu mal los.«
»Ich seh schon, es hat sich nix geändert. Ihr zwei seids immer noch ziemlich beste Freunde«, erwiderte Emil grinsend. »Sag mal, der Mord heut Nacht, weißt du da schon Näheres?«
Steinböck streifte sich ein Poloshirt über, nahm seinen Kaffeehafen wieder auf und setzte sich auf die Kante des Korbsessels. »Sieht nach Raubmord aus. Der Mann, Renato Maucher, wurde regelrecht abgeschlachtet. Seine Frau Silke hatte mehr Glück. Sie liegt zwar im Krankenhaus, wird aber durchkommen. Wir sollten sie heute noch vernehmen, sobald es die Ärzte zulassen.«
»Gut, ich fahr dann gleich los, Ilona sitzt bestimmt schon im Büro«, sagte Emil, schubste die Katz von den Knien und stellte seine leere Tasse auf dem Korbtisch ab. »Auf geht’s, Katz. Du fahrst mit deinem Chef.«
»Das glaub ich auch. Wir sollten nicht zu spät kommen, der Fall ist ziemlich heikel. So wie unser Opfer gekleidet war, kommt der aus den besseren Kreisen. Da wird sich die Presse drauf stürzen. Wahrscheinlich scharrt die Husup vor unserm Büro bereits mit den Hufen und geht der armen Ilona auf die Nerven.«
»Die Frau Hasleitner kann sich schon wehren. Und übrigens, a fesche Unterhosen hast an«, stellte Mayer junior feixend fest und rollte aus der Tür.
»Sag ich doch«, grinste Steinböck in Richtung Frau Merkel. »Der Bua weiß halt, was grad hip ist.«
»Bei dem Wort ›hip‹ in deinem Zusammenhang fallen mir eher Babynahrung und Altenheime ein.«
*
Steinböck saß schweigend am Steuer seines alten VW Käfers und versuchte sich auf den chaotischen Verkehr zu konzentrieren.
Berufsverkehr in München, des ist wie Wagenrennen bei Ben Hur, dachte er bei sich.
»Habe