Rhöner Nebel. Friederike Schmöe

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Rhöner Nebel - Friederike Schmöe

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      Katinka lachte. Gebsens lockere Art tat ihr gut, vor allem nach Anjas Geheimnistuerei. »Konnte einem auf den Appetit schlagen, schätze ich.«

      »Der Geräuschpegel hier drin war so hoch, dass Gehörschutz eine gute Investition gewesen wäre. Allerdings nur bis zu dem Moment, in dem das Essen auf den Tisch kam.«

      Katinka ließ den Blick schweifen. Ein ganzes Schülerleben so zu verbringen, eingetaktet in die Abläufe eines Tages – man musste dafür geboren sein.

      Aus Anlass der Geburtstagsfeier hatte man aus den langen Tafeln Sechsertische gemacht. Einige Frauen wirbelten durch den Saal, dekorierten, deckten die Tische. Die Atmosphäre knisterte, Vorfreude lag in der Luft.

      »Anja meinte, es hätte sogar ein Schwimmbad gegeben.«

      »Als ich hier Zivi war, ja. Später hat man das zugeschüttet. Zu pflegeintensiv, zu teuer.«

      »Ich nehme an, Sie waren so etwas wie ein Kleeblatt?«

      »Was?«

      »Sie, Anja und Kirsten?«

      »Wenn Sie so wollen … Wir haben uns gleich gut verstanden. Später hat sich Anja in Martin verguckt und ich mich in Kirsten.«

      »Wirklich?«

      »Ja, aber wir waren letztlich zu unterschiedlich. Ich kam aus einer Familie mit vier Geschwistern und den Großeltern, die bei uns lebten, war also an Umtrieb und Chaos gewöhnt. Kirsten hatte nur ihre Mutter und sehnte sich oft nach Ruhe. Die Mutter arbeitete an einem Theater. Kirsten kannte viele Schauspieler und andere kreative Leute. Ich war es gewohnt, mit praktisch denkenden Menschen zu tun zu haben. Am Anfang zogen wir einander an. Die viel beschworenen Gegensätze. Dann wurde es schnell schwierig. Die Erwartungen waren zu unterschiedlich. Zudem waren wir noch richtige Kinder.«

      »Kirsten ist heute nicht da?«

      Gebsen blieb ruckartig stehen, Katinka wäre beinahe gegen ihn geprallt.

      »Hat Anja Ihnen das nicht erzählt?«

      »Was denn?«

      Die Gruppe war vorausgegangen und in der Küche verschwunden. Von fern drang Schwester Romanas Organ zu ihnen heraus.

      »Kirsten ist tot.«

      »Ach du Schreck.«

      »Ja. Sie starb während ihres sozialen Jahres. Eine Tragödie war das. Echt. Ich hätte nie gedacht …« Sein Blick verlor sich in der Vergangenheit.

      »Sie hätten nie gedacht?«

      »Ach, sei’s drum. Ist müßig.« Ein trauriges Lächeln spielte um seine Lippen. »Wollen Sie nicht die Küche bestaunen?« Damit eilte er auf seinen langen Beinen davon.

      Katinka hatte Mühe, dass sie hinterherkam.

      *

      11.

      Letztlich ist stets das Geld das Problem. Sogar im Kloster.

      Der Unterhalt des Hauses war und ist zu kostspielig. Müssen wir unser Zuhause wirklich aufgeben? Das Leben erscheint mir so aussichtslos. Abgeschoben werden, in ein Altersheim für Nonnen. Darf das unser Ende sein?

      Wir haben uns ins Zeug gelegt, mit den veränderten Bedingungen umzugehen, haben Häuser und Besitz verkauft, das Geld in Fonds angelegt, alles gemacht, was die Berater vorschlugen, ohne genau zu verstehen, was wir da taten. Ist es nicht besser, die Dinge auf sich beruhen zu lassen? Muss man jeden Dreck wieder unter dem Teppich hervorkehren? Ist es nicht barmherziger, wenn er sich dort festtritt? Alle haben zurück in ihr Leben gefunden. Warum es erneut auseinanderreißen?

      Nichts hat uns sattelfest gemacht. Kein Gebet, keine Vernunftentscheidung, kein Zähneknirschen.

      Ich habe geahnt, dass diese Feier keine gute Sache sein wird. Es wäre angemessener, wenn wir beteten für die, die wir vernichtet haben, ohne es zu wollen. Wie eigenartig das Leben mit uns Menschen spielt! Oder spielt Gott mit uns?

      Heiliger Geist,

      Geist der Weisheit und der Einsicht

      Geist der Erkenntnis und der Frömmigkeit

      Geist der Gottesfurcht

      Geist des Glaubens und der Hoffnung

      Geist der Liebe

      *

10.2.1988

      12.

      Es schneite. Der Winter wollte kein Ende nehmen. Mähling hatte den Motor gehört und trat ans Esszimmerfenster. Schob die Gardine ein wenig zur Seite. Tatsache. Horweg. Unangemeldet. Er ließ den Store fallen, aber Horweg hatte ihn bereits erspäht und machte keinen Hehl daraus. Gönnerhaft winkte er Mähling zu. Vor ein paar Tagen hatte die Nachbarin gesagt: »Sie bekommen ganz schön oft Besuch von drüben! Dass die ihre Leute so oft rauslassen.«

      Die alte Wagner, zum Henker! Die hatte vorne und hinten Augen. Natürlich war ihr aufgefallen, dass immer derselbe Wartburg auf der Auffahrt parkte. Mähling begann zu schwitzen. Seine Frau war bei ihrer Schwester. Wenigstens hatte er freie Bahn.

      Er ging zur Tür und öffnete, ehe Horweg klingelte.

      »Herr Horweg!« Er bemühte sich um einen fröhlichen Klang. Ein netter Überraschungsbesuch unter Freunden. Wer würde an diese Version glauben? Horweg bestimmt nicht.

      »Es tut mir leid, dass ich so unangekündigt hereinschneie. Im wahrsten Sinne des Wortes. Was für ein Wetter! In der Rhön oben steckt man beinahe fest. Wenigstens waren die Schneepflugfahrer fleißig. Auf beiden Seiten.« Er grinste.

      »Kommen Sie rein.« Mähling führte ihn ins Arbeitszimmer. »Darf’s ein Drink sein?«

      »Da sage ich nicht Nein.«

      Mähling goss Bourbon in zwei schwere Tumbler.

      »Zum Wohl!«

      »Auf die Feindbilder!« Horwegs Augen blitzten. »Was wären wir ohne sie, nicht wahr, Eduard?«

      Mähling hob sein Glas. »Was führt Sie zu mir?«

      »Meine Kunden warten. Es geht um einen fähigen Beamten des Ministeriums für Staatssicherheit. Er musste bei einer Beförderung leider in die zweite Reihe treten. Tja, zu schade, dass es nur eine beschränkte Anzahl hoher Positionen gibt und zu viele Kandidaten mit herausragenden Talenten, die eine Beförderung verdienen.«

      Horweg trug seine Worte so überzeugt vor, dass Mähling sich fragte, ob der Mann wirklich an diesen Mist glaubte.

      »Sie haben Angst, dass der

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