Rhöner Nebel. Friederike Schmöe
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Читать онлайн книгу Rhöner Nebel - Friederike Schmöe страница 7
Romana nahm ihm gegenüber Platz.
»Meine Tochter hat sich bei Ihnen für ein freiwilliges soziales Jahr beworben.«
»Das ist mir bekannt, ich habe das Bewerbungsgespräch mit ihr geführt.«
»Also haben Sie sie bereits kennengelernt!«
»Ein liebenswürdiges junges Mädchen, wenn ich das sagen darf.«
»Danke.« Das Lob brachte Mähling aus dem Konzept. Er fühlte sich nun noch nervöser als eben. Es fiel ihm schwer, um etwas zu bitten. Aber er musste es tun. »Ich habe ein Anliegen.«
»Ich höre?«
»Anja, meine Tochter, darf es nicht wissen.«
Schwester Romana verschränkte die Arme. »Sie können auf meine Diskretion vertrauen. Außer mir weiß es niemand. Das wird auch so bleiben.«
»Gut. Schön. Also. Ich verlasse mich auf Sie.«
»Natürlich können Sie das!« Die Nonne sah entrüstet drein.
Mähling spürte die Sprungfedern und wusste, dass er mit Romana rechnen konnte.
»Sie können sich sicher sein, es wird nicht Ihr Schaden sein.«
Sie winkte ab.
Irgendwo in dem alten Haus knackte etwas. Er fuhr zusammen. Verdammt, wenn er sich sogar vor Holz ängstigte, das sich ausdehnte oder zusammenzog …
»Das war der Anlass meines Besuches, Schwester.« Ihm brach der Schweiß aus. Dass Anja sich ausgerechnet hier bei den Nonnen bewerben musste! Ihm blieb wirklich nichts erspart. Mühsam stemmte er sich hoch.
»Ich hätte Ihnen gern etwas angeboten, Herr Mähling.«
»Nicht nötig. Ich muss wirklich zurück.« Wie albern, die weite Fahrt auf sich zu nehmen für ein paar Sätze.
»Sie arbeiten zu viel.« Schwester Romana stand ebenfalls auf. »Von Zeit zu Zeit sollten auch Sie sich etwas schonen.«
»Da haben Sie recht.« Er verachtete Ratschläge wie diese. Die Nonne hatte doch keine Ahnung, wie es war, ein Unternehmen zu führen.
»Ich bringe Sie raus.«
Er folgte ihr durch das stille Gebäude. In Zukunft würde er noch vorsichtiger sein müssen.
*
6.
Sich vorsehen.
Nichts dem Zufall überlassen. Lieber unter den Leuten bleiben. Sich nicht verkriechen.
All das habe ich gelernt. Nicht wahr?
Stell dich ans Fenster, damit sie von draußen sehen, dass du dazugehörst.
Die Geräusche im Haus sind heute Morgen verblasst. Alle sind draußen. Das herrliche Wetter!
Von hier oben habe ich immer gern die Zufahrt beobachtet. Wie viele Wagen heute den Weg heraufkommen. Die ganze Wiese ist zugeparkt. Was für ein schöner Tag! Wenn ich an den Winter denke. Wie die wenigen PKW sich hier heraufkämpfen!
Einer kam immer in der Nacht.
Heb den Kopf und zeig, was du willst. Sag klar, wohin es gehen soll.
Ich habe das alles hier aufrechterhalten. Selbst wenn es keiner mehr weiß, mehr wissen will, ich entsinne mich sehr gut. Ohne mich gäbe es heute kein Fest.
Andere werden sagen, dass es trotzdem nicht für die Ewigkeit war. Da kann ich nicht widersprechen. Nur Gott ist ewig.
Heiliger Geist,
Du Hauch des Lebens
Du Feuer vom Himmel
Du Beistand der Christen
Du Helfer im Gebet
Du Unterpfand der Erlösung
– erbarme dich unser1
*
1 Aus: Gotteslob. Katholisches Gebet- und Gesangbuch der Erzdiözese Bamberg 2013. Heilig-Geist-Litanei, S. 609f.
7.
Katinka hatte die Blumenschale für Schwester Romana aus dem Kofferraum geholt und stellte sie gerade an einer windgeschützten Stelle am Hauseingang ab.
»Da sind Sie ja!« Anja stürzte auf Katinka zu, als hätte sie tagelang allein in einer Wüste ausgehalten.
»Martin Süderbeck ist angekommen. Mit Frau und Kindern.«
»Habe ich gesehen!«
Anja Riedeisen wirkte nun genauso unter Strom wie während der Fahrt in die Rhön. Die Entspannung, die sich vorhin auf ihre Züge gelegt hatte, schien es nie gegeben zu haben.
»Gehen Sie es an! Begrüßen Sie ihn! Er wird Ihnen ja wohl nicht den Kopf runterreißen.«
»Wir haben uns 30 Jahre nicht gesehen«, jammerte Anja, während sie in einer Aufwallung von Entschlossenheit ihre Handtasche unter den Arm klemmte. »Und er ist verheiratet! Meine Güte, wie viel Zeit vergangen ist.«
»Haben Sie nie versucht, Kontakt zu ihm aufzunehmen?«
»Nein, irgendwie ergab sich nie der richtige Moment. Anscheinend funktionierte unsere Beziehung nur hier oben. Nach dem Abitur leistete er seinen Zivildienst, nicht weit von hier, ich studierte in München, also …«
»Anja?«
Der Schlaks mit den Locken kam auf sie zu.
»Jetzt hat er das Rennen gemacht«, murmelte Katinka. »Geschwindigkeit ist alles.«
»Martin?«
»Verdammt, ist das lang her!« Martin Süderbecks Gesicht rötete sich, als er Anja linkisch umarmte und schließlich an den Schultern packte, um sie ein Stück von sich wegzuhalten. »Du hast dich überhaupt nicht verändert!«
»Das habe ich überhört.« Sie lachte.
Er wandte sich an seine Frau, die ihm nachkam. »Carola, das ist Anja, ich habe dir von ihr erzählt. Anja hatte das Abitur schon in der Tasche, als sie hier ihren Freiwilligendienst antrat.«
»Während du gepaukt hast, was du all die Jahre verpasst hattest«, vollendete seine Frau. »Faulpelz! Ich kenne die Geschichte.« Mit einem freundlichen Lächeln