Tödliche K. I.. Markus Warken

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Tödliche K. I. - Markus Warken

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die nach ihr griff. Statt gepflegter Nägel ragten spitze Dolchklingen aus ihren Fingern. Etwas bewegte sich rechts von ihr, ein Flackern, das sie durch die geschlossenen Lider wahrnahm. Sie schreckte hoch, riss die Augen auf und suchte die Umgebung nach dem Angreifer ab. Außer ihr war niemand im Zimmer. Eine Taube saß auf ihrer Fensterbank und putzte ihr Gefieder.

      »Ein Albtraum«, hauchte sie erleichtert, wischte sich den Schweiß von der Stirn.

      Sie erinnerte sich an ihren Entschluss aus der letzten Nacht, die Belästigungen zu ignorieren und notfalls zur Polizei zu gehen. Sofort fühlte sie sich besser. Der Wecker zeigte kurz vor acht. Draußen war es bereits hell. Sie stand auf, ging in die Küche, schaltete die Kaffeemaschine an und mahlte schwarz geröstete Bohnen für Espresso sizilianischer Art – der ultimative Kick am Morgen. Sie duschte und zog sich an, bevor sie drei Tässchen im Stehen trank. Weil sie keinen Appetit auf Frühstück hatte, steckte sie einen Apfel ein und brach gegen halb neun zur Uni auf. Ganz bewusst nahm sie ihren Laptop zum ersten Mal diese Woche mit. Sollte sie auf ihr wichtigstes Arbeitsmittel verzichten, weil der Rechner unerklärlicherweise heiß gelaufen und die einzige Verbindung zwischen »wbi8888« und ihrer richtigen E-Mail-Adresse war? Schließlich hatten die ja auch Whatsapp gehackt – und die konnten sie mal.

      Die kämpferische Stimmung trug sie bis zum Ausgang, wo sie mit dem Griff an die Klinke ihrer Wohnungstür ein mulmiges Gefühl beschlich. Sie hielt inne, ließ den Türgriff los. Greifbare Gefahren außer Acht zu lassen ist mindestens fahrlässig, überlegte sie. Es hilft nicht, den Kopf in den Sand zu stecken, widersprach ihr im Geist Tante Greta. Genauso wenig war es eine Lösung, sich in der Wohnung zu verschanzen. Jana atmete tief durch und drückte die Klinke nach unten. Vorsichtig spähte sie aus der Wohnungstür und kurz darauf aus der Haustür, um sicherzustellen, dass ihr niemand auflauerte. Die Straße war menschenleer.

      Stell dich nicht so an, schalt sie sich in Gedanken und stapfte los zur S-Bahn. In der Uni war sie so früh dran, dass sie sich in der Nähe des Hörsaals in eine Sitzecke setzte, um mit der Übung für »Zeitlichkeit technischer Medien« für den kommenden Montag anzufangen. Sie doppelklickte das Symbol für die Datei, die die Übung enthielt, doch es zeigte sich nur das Logo des Textverarbeitungsprogramms und eine kleine Sanduhr. Irgendetwas dauerte unerklärlich lang. Mit den Fingern trommelte sie auf der Tischplatte und sah sich um. Vereinzelt kamen Studenten vorbei. Niemand beachtete sie. Endlich erschien die Datei auf dem Bildschirm; die erste Seite zeigte das Deckblatt. Jana blätterte um, und das Programm stürzte ab.

      »Mist«, knurrte sie und rief die Datei erneut auf. Auch diesmal dauerte das Öffnen schier endlos. Sie ertappte sich dabei, dass sie in den Korridor spähte, nach einem ein fremden Mann Ausschau hielt, der sich als Abu Mujahed oder Achatz entpuppen würde. Sie zwang ihre Augen zurück auf den Bildschirm, blätterte um und las den ersten Satz, ohne den Sinn zu erfassen. Sie las den Satz ein zweites und ein drittes Mal, doch in ihrem Kopf hallte nur eine Frage wider: Wer ist Achatz?

      Jana fuhr auf, weil sie Schritte auf sich zu schlurfen hörte. Es war nicht Achatz, es war Nils. Sie blähte die Backen, atmete aus und spürte, wie sich ihr Puls normalisierte.

      »Hallo, Nils. Ist heute wieder Ludification?«

      »Morgen, Jana.« Nils lächelte. »Schön, dich zu sehen. Nein, ich muss etwas abholen.«

      »Sag mal, wie lange haben wir uns nicht mehr gesehen?«

      »Moment, lass mich kurz nachdenken. Zwei Jahre, sieben Monate und vierzehn Tage – wenn wir letzten Montag nicht zählen.«

      »Du zählst die Tage, seit wir uns zuletzt gesehen haben?«

      Nils’ Augenlider flatterten einen Moment. »Die Abi-Feier. Ich habe ein gutes Zahlengedächtnis.«

      »Wegen neulich muss ich mich bei dir entschuldigen. Ich war einfach perplex, jemanden aus Kölnberg an der HU zu treffen. Du bist mir hoffentlich nicht böse?«

      »Nicht der Rede wert.« Nils machte eine wegwerfende Handbewegung. »Was studierst du eigentlich genau?«

      »Medienwissenschaft auf Master. Ist prima angelaufen, und ich habe eine Seminararbeit, die ich, wenn ich mich nicht dumm anstelle, zur Masterarbeit ausbauen kann.«

      »Das hört sich doch klasse an. Warum schaust du dann deinen Rechner an wie ein Boxer seinen Gegner beim Gong zur nächsten Runde?«

      »Ach, das blöde Teil zickt rum, kommt ewig nicht in die Pötte, und dann stürzt mir die Datei mit meiner nächsten Übung ab.«

      »Darf ich?« Nils nahm sich den Stuhl neben Jana, griff wie selbstverständlich nach ihrem Rechner und drehte ihn zu sich, so dass er die Tastatur vor sich hatte und sie dennoch auf den Bildschirm sah.

      Jana verspürte keine Lust, Nils ihre Probleme zu schildern. Aber wen konnte sie um Hilfe bitten, wenn nicht ihn? Sie gab sich einen Ruck. »Weißt du, ich bekomme auf einmal so komische Spam. Und der Rechner rödelt manchmal wie wild, obwohl er eigentlich im Bereitschaftsmodus sein sollte.«

      Nils runzelte die Stirn. »Der Blechkopf rödelt im Bereitschaftsmodus?«

      »Ja, und er läuft dabei so heiß, dass ich mir neulich am Lüftergitter fast die Pfoten verbrannt habe.«

      Nils sagte nichts. Seine linke Augenbraue wanderte ganz langsam nach oben. Jana sah ihm an, dass ihr Problem keins von der alltäglichen Sorte war.

      »Dann gehen wir mal ans Eingemachte«, brummte er, halb zu sich selbst, halb erklärend zu Jana, und wandte sich dem Bildschirm zu.

      Nils drückte drei Tasten gleichzeitig. Ein Konsolenfenster öffnete sich. In schneller Folge tippte er Befehle ein. Das Ergebnis schien ihm nicht zu gefallen, denn seine Augen zogen sich zu Schlitzen zusammen, als belauere er ein wildes Tier.

      »Hast du wirklich den GCC installiert?«, fragte er, ohne den Blick vom Bildschirm zu wenden.

      »Den was?«

      »Gnu-Compiler«, murmelte er, als habe er kein Ja erwartet. »Ist es in Ordnung, wenn ich ein paar Prozesse abschieße, die bei dir nichts zu suchen haben?«

      »Klar, mach nur!« Jana fühlte sich erleichtert. Nils wusste offensichtlich, was er tat.

      In den nächsten 20 Minuten schien er alles um sich herum zu vergessen. Seine Finger bewegten sich in atemberaubender Geschwindigkeit über die Tastatur und hin und wieder zuckten seine Mundwinkel. Nach einer Weile begann er, unverständliches Zeug zu murmeln. Die anfangs geschmeidigen Fingerbewegungen wurden abgehackter und härter, bis sie mit einem Schlag aufhörten. Er setzte sich auf, trommelte mit den Fingern der rechten Hand auf der Tischplatte und starrte feindselig auf den Bildschirm.

      »Hmmm. Höchst merkwürdig. Auf deinem Rechner laufen Sachen, die ich nie vorher gesehen habe. Manche Hintergrundprozesse …« Er hielt inne und sah sie forschend an. »Weißt du, was das ist?«

      Jana schüttelte den Kopf.

      »Hintergrundprozesse sind, sagen wir, Programme, die du nicht siehst. Manche Prozesse auf deinem Rechner haben automatisch erzeugte Namen, und wenn man sie abschießt, werden sie unter neuem Namen neu gestartet. Es gibt auch große, verschlüsselte Dateien, die nie und nimmer von dir stammen und die mir Sorgen machen.«

      »Ich habe noch nie etwas auf meinem Rechner verschlüsselt.«

      »Solltest du schon, aber das ist eine andere Baustelle. Kann ich mir ein paar von den Dateien abziehen, um sie zu Hause unter die Lupe zu nehmen?«

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