Grillparzerkomplott. Hermann Bauer
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Читать онлайн книгу Grillparzerkomplott - Hermann Bauer страница 7
»Ich verstehe nicht, warum Sie so reagiert haben, wenn Sie keine Schuld trifft«, bohrte Juricek. »Sie sind doch sonst kein Angsthase und schon gar kein kopfloser Mensch.«
»Wenn Sie’s genau wissen wollen: Ich habe mich hundsmiserabel gefühlt«, führte David aus. »Ich hatte Kopfschmerzen, die Beine waren schwach und der Magen flau. Außerdem war ich allein mit der Toten. Ihr Gesicht hat so einen schrecklichen Ausdruck gehabt. Ich habe es einfach nicht mehr ausgehalten.«
»Wie kommt der Nylonstrumpf in Ihre Sakkotasche?«
»Das weiß ich nicht. Ich nehme an, die Person, die mich niedergeschlagen hat, hat ihn mir hineingesteckt.«
»Die Halskette hatten Sie laut Ihren Angaben aber bei sich, um sie Frau Winkler zurückzugeben. Sie behaupten, sie habe sie Ihnen schenken wollen. Warum hätte sie das tun sollen?«
David Panozzo wetzte unruhig im Vorzimmer auf dem Klappstuhl hin und her, auf den man ihn gesetzt hatte. »Frau Winkler hat sich wahrscheinlich einsam gefühlt und wollte mich näher kennenlernen«, räumte er ein und wurde dabei sehr leise. »Ich vermute, sie hat mir die Kette zugesteckt, damit ich mich ihr verpflichtet fühle.«
»Haben Sie die Kette irgendjemandem gezeigt oder jemandem von ihr erzählt? Ihren Kolleginnen und Kollegen im Schopenhauer etwa?«, fragte Juricek.
David lachte gereizt auf. »Nein, sicher nicht«, dementierte er sofort. »Das wäre doch urpeinlich gewesen.«
»Es wusste also niemand davon – außer Ihnen?«
»Nein!«
»Hatten Sie sexuelle Handlungen mit Frau Winkler?«
»Um Gottes willen, nein! Ich stehe nicht auf alte Frauen. Was soll diese geschmacklose Frage?«
»Ich versuche, einen Grund zu finden, warum Ihnen Frau Winkler diese Kette hätte schenken sollen«, setzte ihm Juricek auseinander. »Ihr Aussehen und Ihre zuvorkommende Art allein reichen meiner Ansicht nach dafür nicht aus. Soll ich Ihnen Ihre Geschichte glauben? Die Kette scheint mir wertvoll zu sein – in Gold eingefasste Edelsteine, soviel ich gesehen habe. Ihren Ausführungen zufolge kann niemand bestätigen, dass Sie sie bereits einige Zeit bei sich hatten. Sie könnten sie also genauso gut erst heute aus der Wohnung mitgenommen haben.«
David Panozzo schluckte. »Sie meinen … ich hätte …«
»Ich meine gar nichts, aber Sie müssen zugeben, dass dieses Stück ein logisches Motiv für den Mord an Frau Winkler wäre«, erklärte Juricek.
»Ich war’s aber nicht! Der Mörder war bereits vor mir da. Er hat mir die Tür geöffnet, sich versteckt und mich dann niedergeschlagen. Sie sehen doch, dass ich am Kopf verletzt bin«, wehrte David sich.
»Ich bestreite das nicht«, stellte Juricek klar. »Der Gegenstand war vermutlich ein Aschenbecher. Neben der Leiche liegt einer auf dem Boden. Könnte es aber nicht Frau Winkler gewesen sein, die damit zugeschlagen hat, weil sie sich verzweifelt gegen Sie zur Wehr setzte? Dass Sie nicht für kurze Zeit das Bewusstsein verloren haben, wie Sie behaupten, sondern nur einen plötzlichen starken Schmerz verspürt haben, der Sie nicht daran gehindert hat, die Frau mit einem ihrer Nylonstrümpfe zu erwürgen? Dass Sie daraufhin in Panik geraten sind, Strumpf samt Halskette eingesteckt haben und einfach raus aus der Wohnung wollten, wobei Ihnen Frau Winklers Tochter Jennifer in der Tür begegnet ist?«
»Was reden Sie da daher? Ich habe die Frau nicht umgebracht. Sie kennen mich doch, Herr Oberinspektor! Sie wissen, dass ich zu so etwas nicht fähig bin«, verteidigte David Panozzo sich verzweifelt.
»Wozu Sie fähig sind, kann ich nicht beurteilen«, blieb Juricek sachlich. »Die Indizien sprechen aber allesamt gegen Sie. Wir werden Ihre Fingerabdrücke nehmen und schauen, wo wir sie überall finden. Wir werden den Aschenbecher und den Nylonstrumpf untersuchen. Wenn sich daraufhin unser Verdacht erhärtet, sieht es nicht gut für Sie aus.«
»Welchen Grund hätte ich haben sollen? Ich wollte Frau Winkler die Kette zurückgeben, nicht wegnehmen. Ich habe keine Verwendung dafür.«
»Wenn ich mich recht erinnere, haben Sie zeitweise einen sehr leichtsinnigen Umgang mit Geld gepflegt. Und die Kette ist einiges wert, das sehe sogar ich als Laie. So viel dazu. Wir werden alles nachprüfen, aber der Hauptverdächtige sind aufgrund der Faktenlage vorläufig Sie«, eröffnete Juricek dem betrübten David Panozzo. »Ich muss Sie deshalb bitten, uns zu begleiten.«
Kapitel 4
Frau Heller träumte in diesen Tagen wieder oft von vergangenen Zeiten. Herr Heller beschränkte sich seit geraumer Zeit bei der Arbeit im Kaffeehaus auf das Notwendigste, wirkte auch sonst nicht sehr unternehmungslustig und verbrachte seine Freizeit lieber vor dem Fernsehapparat als mit seiner Frau. Normalerweise hätte das Frau Heller gar nicht so gestört. Man war viele Jahre verheiratet, die Ehe verlief in eingefahrenen Bahnen, aber man konnte sich aufeinander verlassen, und das Kaffeehaus war sowieso der Lebensmittelpunkt, der alles andere in den Hintergrund drängte.
Doch nun waren Erinnerungen an Moritz Bäcker wach geworden. Der Seniorchef des Café Schopenhauer war einmal ihr großer Schwarm gewesen. Obwohl sie ihrem Heinrich bereits versprochen gewesen war, hatte Sidonie Heller sich nichtsdestotrotz heimlich mit Moritz getroffen und mit ihm das eine oder andere Schäferstündchen verbracht. Sie machte sich heute deswegen keine Vorwürfe. Sie hatte damals nicht anders gekonnt. Hätte sie sich diesem Mann nicht hingegeben, hätte sie nachher immer das Gefühl gehabt, sie habe etwas versäumt. So hatte sie genossen und war danach die Ehe mit ihrem Heinrich eingegangen, die bis zum heutigen Tag gehalten hatte. Herr Heller hatte nie von diesem Gspusi erfahren, nur Leopold hatte sie in einer schwachen Stunde etwas darüber gebeichtet. Gott sei Dank konnte sie sich hundertprozentig auf die Diskretion ihres Oberkellners verlassen.
Mit Leopolds Besuch im Schopenhauer hatte die Gestalt des Moritz Bäcker wieder von Frau Hellers Gedanken Besitz ergriffen. Natürlich war es eine idealisierte Gestalt, der charmante Draufgänger aus früheren Tagen. Der Verführer mit der Schmalzlocke, der einer Frau einreden konnte, dass nur sie für ihn existierte, auch wenn das nicht stimmte. Kurzum, der Mann, in den sie einmal verliebt gewesen war.
»Wann gehen Sie denn wieder einmal unseren David im Schopenhauer besuchen?«, fragte sie deshalb scheinheilig in Leopolds Richtung. Soeben senkte sich der Abend über das Café Heller, und das weckte in ihr romantische Gefühle.
»Jetzt sicher eine ganze Weile nicht«, gab ihr Leopold zur Antwort, während er eine Melange von der Theke abholte. »Ich hab meinen Anstandsbesuch gemacht und weiß, dass es ihm dort gut geht. Das ist die Hauptsache. Das Schopenhauer interessiert mich nicht, weil dort ganz andere Sitten und Gebräuche herrschen als bei uns. Das verwirrt mich nur.«
»Sie könnten sich dort einiges abschauen, was die Freundlichkeit den Gästen gegenüber betrifft«, erinnerte ihn Frau Heller. »Es schadet Ihnen also überhaupt nicht, wenn Sie wieder einmal hingehen. Das wäre ganz in meinem Sinn!«
Leopold fragte sich, was das nun wieder sollte. »Glauben Sie wirklich, dass das vonnöten ist? Es läuft doch gut bei uns. Und ich halte es eben mit der Tradition«, befand er.
»Dann gehen Sie am besten zum Herrn Moritz! Der kann Ihnen eine Menge über die Geschichte des wertschätzenden Umgangs in seinem Haus erzählen«, forderte Frau Heller ihn auf.
Jetzt