Grillparzerkomplott. Hermann Bauer

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Grillparzerkomplott - Hermann Bauer

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bringe und ihn schön von Ihnen grüßen lasse«, ließ er seine Chefin wissen.

      »Seien Sie still«, ordnete Frau Heller an, wobei sich ihr Gesicht verräterisch rötete. »Wärmen Sie bitte nicht diese alten Geschichten auf, in die ich Sie leider einmal eingeweiht habe.«

      »Aber ein bisserl nachfragen soll ich schon«, ließ sich Leopold nicht beeindrucken.

      »Wenn Sie hingehen, warum nicht«, deutete Frau Heller vorsichtig an. »Aber ich habe Sie nicht darum gebeten, ist das klar?«

      »Vollkommen klar, Frau Sidonie«, versicherte Leopold. »Ich weiß, was Sie meinen. Außerdem bin ich die Verschwiegenheit selbst. Ich mach ja gern wieder einen Sprung ins Schopenhauer, wenn ich mir die dortigen Unarten nicht auf meine alten Tage noch angewöhnen muss. Jetzt, wo unser David dort arbeitet …«

      Bei diesen Worten nahm Leopold eine bekannte Gestalt neben sich wahr, nämlich die seines Freundes, des Oberinspektors Juricek, dessen breitkrempiger Sombrero einen Schatten auf die Theke warf. »Servus, Richard! Was machst du denn hier?«, fragte er verwundert.

      »Ich bin gekommen, um dir mitzuteilen, dass du David Panozzo derzeit leider nicht im Schopenhauer besuchen kannst«, verkündete Juricek, der beim Hereinkommen den letzten Teil des Gespräches zwischen Leopold und Frau Heller mitgehört hatte.

      »Und warum nicht?«, staunte Leopold.

      Juricek informierte ihn und Frau Heller daraufhin über den Mord an Katja Winkler und den dringenden Tatverdacht gegen David. Derweil schlürfte er genüsslich an einem von Leopold liebevoll zubereiteten großen Braunen.

      »Eins sag ich dir, Richard: David hat es zwar manchmal faustdick hinter den Ohren, aber zu so einer Tat ist er nicht fähig«, machte Leopold seinem Ärger sofort Luft. »Das müsstest du eigentlich auch wissen. Du hättest ihn nicht gleich einsperren dürfen.«

      »Was ist mir denn anderes übrig geblieben?«, rechtfertigte der Oberinspektor sich. »Ich muss mich an der Faktenlage orientieren. Ich habe einen öffentlichen Auftrag. Nehmen wir einmal an, wir beide würden David Panozzo nicht kennen. Welche Indizien gibt es? Ein Mann läuft aus einer Wohnung, in der gerade ein Mord begangen worden ist. Er hat den Mord nicht gemeldet. In der einen Sakkotasche findet man die Mordwaffe, in der anderen eine wertvolle Halskette, die der Toten gehört. Es stellt sich heraus, dass der Mann das Opfer persönlich kannte. Seine Geschichte, er sei vom Täter niedergeschlagen worden, erweist sich als äußerst zweifelhaft, da auf dem dazu benutzten Aschenbecher nur die Fingerabdrücke von Frau Winkler zu finden sind. Wenn ich da keinen Haftantrag stelle, bekomme ich die größten Schwierigkeiten. Jede Wette, dass der Richter morgen alles bestätigt.«

      »Ehrlich: Glaubst du, dass er’s war?«, stellte Leopold seinem Freund die Gewissensfrage.

      »Was ich glaube, ist im Moment zweitrangig«, antwortete Juricek ausweichend.

      »Du musst unbedingt nach Beweisen suchen, die David entlasten.«

      »Das wird nicht leicht sein.«

      »Stell dir einmal vor, dass Davids Version der Geschichte stimmt«, legte Leopold Juricek nahe. »Es klingt doch plausibel. Er kommt in die Wohnung und entdeckt die Leiche. Dann wird er vom Täter, der ihm geöffnet und sich dann versteckt hat, mit etwas niedergeschlagen, was gerade zur Hand ist: mit einem Aschenbecher. Er fällt kurz in Ohnmacht. Das nützt der Mörder, der natürlich Handschuhe trägt, aus, indem er die Tatwaffe in Davids Tasche schmuggelt. Dann setzt er eine SMS an die Tochter ab. Nun kann er verschwinden und in aller Ruhe abwarten, wie sich die Dinge entwickeln. Wenn er Glück hat – und er hat Glück –, hat die Polizei nun einen Hauptverdächtigen, und er ist vorerst aus dem Schneider.«

      Juricek steckte den Kaffeelöffel in seinen Mund und leckte ihn genüsslich ab. »Leider unterstützen die Fakten deine Theorie nur wenig«, erinnerte er Leopold.

      »Strengt euch ein bisschen an, dann werden eure Ermittlungen beweisen, dass ich recht habe«, konterte sein Freund.

      »Wir werden unsere Nachforschungen natürlich in allen Richtungen anstellen«, versicherte Juricek. »Aber die Sache hat einen Haken. Je mehr sich die Indizien gegen David Panozzo verdichten, desto mehr wird es im Interesse der Staatsanwaltschaft liegen, den Fall im Sinne der Anklage abzuschließen. Da bleibt dann nicht mehr viel Zeit und Energie, sich mit eventuellen anderen Möglichkeiten zu befassen.«

      »Du bist der Wahrheit verpflichtet«, mahnte Leopold ihn.

      Juricek schmatzte genüsslich. »Das ist auch der Grund, warum ich hier bin«, ließ er verlauten. »Ich mache dir das erste Mal im Leben ein Angebot, Leopold, und ich hoffe, du weißt es zu schätzen. Da sich David Panozzo derzeit in unserem Gewahrsam befindet, ist seine Stelle als Oberkellner im Schopenhauer vakant. Wie wär’s, wenn du in den nächsten Tagen dort arbeitest, dich umhörst und versuchst, Beweise für die Unschuld deines Freundes zu finden? Herr Bäcker hat nichts dagegen. Frau Winkler war Stammgast dort und hat nicht weit entfernt gewohnt. Vielleicht stößt du bei deinem Talent auf eine heiße Spur. Das könnte uns und David helfen.«

      Leopold schaute skeptisch drein. »Das würdest du wirklich befürworten?«, fragte er.

      »Du könntest mir diesmal eine große Hilfe sein, wenn du dich an die Spielregeln hältst«, versicherte Juricek. »Du darfst eine gewisse Eigeninitiative entwickeln, hast uns aber stets über deine Aktionen auf dem Laufenden zu halten. Na, wie gefällt dir das?«

      »Einen Augenblick«, mischte sich jetzt Frau Heller in die Unterhaltung ein. »Heißt das, Sie wollen mir einfach so mir nichts, dir nichts einen meiner beiden Oberkellner wegnehmen?«

      »Natürlich nicht«, beruhigte Juricek sie sofort. »Es wäre auch zu auffällig, wenn sich Leopold nicht mehr im Heller blicken ließe. Er müsste sich die Arbeit aufteilen und seine Stunden hier selbstverständlich weiterhin ableisten. Aber das stört dich doch nicht, wenn’s was zu ermitteln gibt, oder?«

      »Ich bin nicht mehr der Jüngste, Richard«, gab Leopold zu bedenken. »Und im Schopenhauer ist alles anders: das Angebot, die Preise und vor allem die Sitten und Gebräuche. Ich komme sicher ganz durcheinander. Wie soll ich mich da auf einen Kriminalfall konzentrieren?«

      »Ich dachte, du würdest mehr Begeisterung zeigen«, meinte Juricek achselzuckend. »Mein Offert gilt jedenfalls. Du kannst es annehmen oder auch nicht. Ich würde dich auch immer auf dem neuesten Stand unserer Ermittlungen halten«, fügte er gönnerhaft hinzu.

      In Leopolds Brust kämpften zwei Seelen. Natürlich war er Feuer und Flamme, in einem Mordfall einmal auf Juriceks ausdrückliches Ersuchen ermitteln zu dürfen. Das war seiner Erinnerung nach noch nie der Fall gewesen. Es handelte sich um eine Auszeichnung, eine Anerkennung seiner bisherigen Leistungen, spät, aber doch. So etwas lehnte man nicht ab. Andererseits sah er erhebliche Belastungen auf sich zukommen. Am Vormittag da servieren, am Nachmittag und Abend dort, ohne angemessene Freizeit, das hörte sich heftig an. Das Schopenhauer hatte zudem sogar am Sonntag geöffnet und servierte da seinen berühmten Brunch. Leopolds Körper und Arbeitsmoral würden auf eine harte Probe gestellt werden. Und wie viel Zeit würde er für seine Lebensgefährtin Erika Haller haben? Die wenigen Stunden im gemeinsamen neuen trauten Heim würde er zur Ruhe und Regeneration brauchen. Das würde Erika überhaupt nicht gefallen, und Leopold würde sich einiges überlegen müssen, um sie bei Laune zu halten.

      Er schaute ins gestrenge Gesicht von Frau Heller. Von dieser Seite war keine Unterstützung zu erwarten. Seine Chefin würde ihn höchstens als Vermittler benutzen, um wieder zarte Bande mit Moritz Bäcker anzuknüpfen. »Na schön, ich mach’s«, verkündete er schließlich

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