Begraben in Wuppertal. Jürgen Kasten
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»Schau mal, dieser Heinz-Günther Kotthausen ist ein alter freundlicher Mann. Warum schießt jemand auf den?«
Elke warf einen Blick auf das Foto und musste schon wieder lachen.
»Wenn man sich seine zotteligen grauen Haare wegdenkt, sieht der fast aus wie unser Chef. Nur das Freundliche würde nicht passen.«
Sie schaute auf die Uhr.
»Ist gerade nicht viel los und Fiebig ist nach irgendwohin unterwegs. Hat nichts weiter gesagt. Komm, wir fahren mal schnell zur Hardt.«
Der hügelige Park war nicht weit vom Präsidium entfernt. Eigentlich schräg gegenüber. Nur eine Häuserzeile und die Wupper trennten sie von der Friedrich-Engels-Allee, an der das Präsidium stand. Das berüchtigte Einbahnstraßengewirr Wuppertals machte es allerdings notwendig, einige Umwege zu fahren. Sie benötigten trotzdem nur ein paar Minuten und staunten nicht schlecht, als zeitgleich ein Wagen der KTU eintraf.
»Was sucht ihr denn hier?«, fragte Elke.
»Wahrscheinlich das Gleiche wie ihr«, antwortete Reinhardt, der stämmigere der beiden Techniker. »Fiebig hat uns herbestellt. Wir sollen in der Tür des Tunnels nach Einschusslöchern suchen.«
Bevor die Techniker ihre Gerätschaften ausgepackt hatten, standen Elke und Lars schon vor der Tür.
»Die könnten tatsächlich von abgeprallten Projektilen stammen«, stellte Elke mit Kennerblick fest und wurde kurz darauf von den Technikern bestätigt.
Sie blickte sich suchend um. »Aber von wo ist geschossen worden?«
»Das habe ich mich auch schon gefragt«, sagte Lars. »Auf dem Schwebebahngerüst hat bestimmt niemand gestanden. Das ist zu gefährlich.«
»Das ist auch zu nah«, entgegnete Elke. »Der Aufprallwinkel wäre dann steiler.«
»Vom Dach der Uni dahinter?«, mutmaßte Lars.
»Uni? Welche Uni?«
»Der Neubau für die Architekturstudenten da drüben.«
»Ach so, nee.« Elke schüttelte den Kopf. »Da stehen zu viele Bäume im Weg. Außerdem ist das da drüben ein Berufskolleg. Der Uni-Neubau steht hinten an der B 7, neben der Pauluskirche. Von dort oben könnte geschossen worden sein.«
Skeptisch schaute Lars zur Kirche hinüber. Ihr Turm ragte hoch hinauf. Unterhalb der Spitze war ein Erkerfenster zu erkennen. Vom Tunneleingang bis dorthin war die Sicht frei.
»Das sind bestimmt 200 Meter«, schätzte Lars.
»Mit einem Gewehr wäre das kein Problem«, sagte Elke bestimmt. »Wir fahren mal rüber.«
»Wir kommen später dazu. Müssen erst mal schauen, ob sich hier Projektile finden lassen.«
Reinhardt rief es zur Straße hinunter. Die beiden standen schon an ihrem Wagen. Elke winkte bestätigend und stieg ein.
Die Kirche lag auf der anderen Wupperseite. Wieder mussten sie eine große Schleife fahren und hielten dann direkt vor dem Portal.
Die Kirchentüren standen offen. Mehrere Leute schleppten Kisten mit Büchern durch den Saal, in dem keine Stühle oder Bänke standen, sondern lange Tischreihen.
»Kann ich Ihnen helfen?«, sprach sie ein älterer Herr an, der sich als Hans Meister vorstellte.
Er wies mit dem Arm in das Kirchenschiff und erklärte, dass hier gerade die Vorbereitungen für den Büchermarkt liefen. »Einmal im Monat findet der traditionell in der Pauluskirche statt und zieht jedes Mal Hunderte Besucher an.«
»Elke Fassbender, KK 11. Ist die Kirche durchgehend geöffnet?«
»Nur an Veranstaltungstagen«, antwortete Meister, der Organisator und Schlüsselinhaber. »Gestern Abend fand hier beispielsweise ein Konzert statt. Warum fragen Sie?«
»Möglicherweise wurden vom Turm aus Schüsse abgegeben.«
»Was?«
Hans Meister lachte dröhnend. Sein Bass füllte satt den Kirchensaal.
»Die Akustik ist jedenfalls grandios«, bemerkte Elke bewundernd. »Im Ernst, es kann sein, dass jemand vom Turm aus geschossen hat. Das muss gegen Mitternacht gewesen sein.«
Der Mann verstummte erschrocken.
»Das wäre ja schrecklich. Nach dem Konzert haben wir hier noch aufgeräumt und anschließend habe ich alle Türen verschlossen.«
Er überlegte kurz und fügte dann hinzu: »Allerdings waren hier eine Menge Leute und innerhalb der Kirche sind die Türen unverschlossen. Es ist möglich, dass sich jemand unbemerkt auf den Turm geschlichen hat. Schauen Sie sich um. Ich zeige Ihnen den Aufgang zum Turm.«
Der Treppenaufgang befand sich links neben dem Eingangstor. Zunächst führten Steinstufen hinauf, nach einem Podest dann ein Holztreppe und zum Schluss mussten sie eine Leiter erklimmen bis zu den Glocken hinauf. Etwas oberhalb des dortigen Podestes befanden sich schmale Fenster. Das nach Norden gerichtete stand offen. Davor hatte jemand Ziegelsteine und große Holzklötze zu einem weiteren Podest aufgestapelt.
»Das liegt hier normalerweise verstreut herum«, wunderte Hans Meister sich. Und das Fenster sollte auch nicht geöffnet sein.«
»Halt mal meine Taschenlampe.« Elke drückte sie Lars in die Hand. »Jetzt leuchte mal den Boden ab.«
Der Lichtkegel zitterte über grobe Holzbohlen, blieb dann an zwei im Licht blitzenden Hülsen hängen.
»Oha, tatsächlich.« Elke bückte sich, fasste aber nichts an. »Sieht nach Patronenhülsen eines Gewehres aus. Ich habe nicht wirklich Ahnung davon. Wir warten, bis die KTU kommt. Reinhardt ist auch unser Waffenexperte, der kennt sich aus.«
Zehn Minuten später hörten sie ein angestrengtes Keuchen im Turm. Reinhardt schleppte sich die Stiegen hinauf. Elke begrüßte ihn mitleidig.
»Du solltest ab und zu Sport treiben«, grinste sie.
Reinhardt zog sich schnaufend Latexhandschuhe über. Für eine Erwiderung hatte er keine Luft. Wortlos hob er eine Hülse auf und betrachtete sie von allen Seiten. Dann nahm er eine Lupe zur Hilfe und wiederholte das Prozedere.
»Das sieht verdammt nach ’ner 7,92iger aus«, keuchte er, noch immer atemlos.
»Wieso verdammt?«, fragte Elke.
»Wenn mich nicht alles täuscht, dann ist das ein Kaliber 7,92 x 57 für ein Infanterie-Spitzgeschoss.«
Fragende Blicke trafen ihn.
Nun gehörte Reinhardt nicht gerade zu den Gesprächigsten. Wenn es aber um sein Spezialgebiet ging, war der Kriminaltechniker nicht mehr zu bremsen.
»Könnte von dem K98 stammen. Ein Karabiner, der 1898 entwickelt wurde. Ich glaube aber eher, dass es ein 98K ist. Die hat einen verkürzten Lauf. Das war die Standardwaffe im Zweiten Weltkrieg. Zwölf