Syltleuchten. Sibylle Narberhaus

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Syltleuchten - Sibylle Narberhaus

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lassen.

      »Ja. Ich bin startklar. Meinetwegen kann es losgehen.«

      Wir zogen uns Schuhe und Jacken an und legten Pepper sein Halsband an. Dann verließen wir alle drei das Haus und liefen einen der schmalen Feldwege entlang, die überall rund um Morsum herum angelegt waren. Der Himmel hatte sich zwischenzeitlich bezogen, und es wehte ein lebendiger Westwind. Wenn man bewusst einatmete, konnte man einen Hauch von Frühling spüren. Die letzten hartnäckigen Schneereste waren aus den Entwässerungsgräben, die rechts und links des Weges verliefen, verschwunden. In zwei Tagen war der 1. April, und Ostern rückte immer näher. Die Zeit war so schnell vergangen, seit ich mit Nick zusammen auf Sylt lebte. Aber ich bereute keine einzige Sekunde. Schon immer hegte ich den Wunsch, eines Tages auf dieser Insel leben zu können. Dass es tatsächlich dazu kommen würde, hätte ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht ausgemalt. Und jetzt kam es mir vor, als wenn ich schon ewig hier leben würde. Man hatte das Gefühl, dass das Biikebrennen am 21. Februar gerade erst hinter uns lag. Dort wurden alljährlich große Haufen aus Zweigen, ausgedienten Weihnachtsbäumen und Stroh aufgeschichtet und anschließend angezündet, um so den Winter zu vertreiben. Früher diente dieser Brauch vor allem dazu, die Seeleute zu verabschieden, die im Frühjahr hinaus aufs Meer fuhren. Heutzutage war es nicht nur ein alljährliches Ritual für die Insulaner, sondern lockte unzählige Touristen an. Im Anschluss an den Besuch der Feuer, die an verschiedenen Plätzen auf der Insel loderten, ging man in eines der vielen Restaurants zum herzhaften Grünkohlessen. Nick und ich hatten uns mit Freunden getroffen und waren ebenfalls in einem Restaurant zum Essen eingekehrt. Ich hatte zuvor noch nie an einem Biikebrennen teilgenommen und war begeistert, denn es war ein rundum schöner Abend gewesen.

      »Denkst du oft an Marcus?«, fragte Nick plötzlich, während wir nebeneinander hergingen.

      Pepper lief einige Meter vor uns und hielt die Nase dicht über dem Boden, um alles zu beschnüffeln, was ihm in den Weg kam. Manchmal bremste er mitten im Lauf ruckartig und lief einen halben Meter zurück, als ob er etwas übersehen hatte und auch diese Stelle kontrolliert werden musste. Ich konnte meine Überraschung über Nicks Frage nicht verbergen.

      »Nein, überhaupt nicht. Wie kommst du darauf?«

      »Nur so«, erwiderte Nick und wandte seinen Blick zum Horizont.

      Ich blieb stehen, hielt ihn am Ärmel und blickte Nick direkt in seine schönen dunklen Augen, als er mich ansah. Das war es unter anderem damals gewesen, was mich sofort an ihm fasziniert hatte. Diese Augen.

      »Marcus gehört der Vergangenheit an und zwar sehr lange. Ich denke nicht an ihn und empfinde nichts mehr für ihn. Beruhigt dich das?«

      »Schon gut. Tut mir leid, ich wollte dir nicht zu nahe treten«, betonte Nick. »Ich liebe dich, Anna.«

      Dann gab er mir einen Kuss.

      »Ich liebe dich auch. Sehr sogar. Schließlich heiraten wir dieses Jahr. So, und nun lass uns umdrehen. Für heute hat Pepper ausreichend Auslauf gehabt. Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich habe Hunger!«

      Ich griff nach Nicks Hand, und wir traten den Rückweg an.

      Kapitel 4

      Am nächsten Morgen, nachdem wir gemeinsam gefrühstückt hatten und Nick zur Arbeit gefahren war, machte ich mich mit Pepper auf den Weg. Ich wollte mir das Grundstück meiner ersten Auftraggeber in Kampen ansehen. Dort wurde zwar am Haus gebaut, aber es konnte nicht schaden, wenn ich mir ein grobes Bild machen würde, wie der Garten im Verhältnis zum Haus geplant war. Bislang waren mir nur wenige Details bekannt. Bei der Gestaltung war es nicht unerheblich zu wissen, wie die Nachbargrundstücke gelegen und gestaltet waren. Schließlich sollte alles zueinander passen und sich gefällig ins Landschaftsbild einfügen. Das Grundstück grenzte unmittelbar an eine freie Heidefläche, daher wollte ich die Übergänge nicht zu abrupt und hart, sondern fließend gestalten. Zäune im klassischen Stil, wie man es vom Festland her kannte, gab es auf Sylt selten. Meistens waren die Grundstücke von einem Steinwall umgeben, der sogenannten Sylter Mauer, oder sie waren überhaupt nicht eingezäunt. Die Sylter Mauer war meistens mit Heckenrosen oder kleinen Kiefernbüschen bepflanzt.

      Ich fuhr mit meinem Wagen die Hauptstraße in Morsum entlang nach Archsum und weiter in Richtung Keitum. Als ich den Bahnübergang kurz vor Keitum erreicht hatte, schaltete die Ampel auf Rot und die Bahnschranken schlossen sich. Ich hielt direkt an dritter Stelle hinter einem anderen Auto und stellte den Motor ab. Nach höchstens einer Minute Wartezeit fuhr ein Autozug aus Richtung Niebüll mit lautem Scheppern an uns vorbei. Er war mit wenigen Pkw und einigen Kleintransportern besetzt. Für die vielen Urlauber, die täglich auf die Insel kamen, war es zu früh am Morgen. Der große Ansturm begann um die Mittagszeit, da erst dann die allermeisten Fahrzeuge in Niebüll an der Verladestation ankamen. Schließlich kamen die Gäste aus ganz Deutschland und hatten dementsprechend oft eine lange Anreise. Ab und zu sah man Wagen mit Kennzeichen aus der Schweiz, Frankreich und sogar Italien auf der Insel herumfahren. Ich sah im Rückspiegel, dass Pepper neugierig aus dem Fenster der Heckscheibe blickte, um zu prüfen, warum wir hielten. Während der Fahrt war von ihm meistens nichts zu sehen oder zu hören, und er tauchte erst auf, wenn sich die Geschwindigkeit verlangsamte oder das Auto zum Stehen kam. Behäbig öffneten sich die Schranken, die rote Warnleuchte erlosch, und die ersten Fahrzeuge rollten über den Bahnübergang. Ich beschloss, die Route nach Kampen über Munkmarsch und Braderup zu nehmen und bog entsprechend an der nächsten Abzweigung nach rechts ab. Damit wollte ich dem morgendlichen Berufsverkehr in und um Westerland herum entgehen. Außerdem gefiel mir die Strecke an der Wattseite der Insel entlang besser. Man konnte das Meer und dazwischen Weide- und Heidelandschaft sehen. Auf einigen Wiesen standen große Wasserlachen, die langsam versickerten. Bald würden hier Rinder und Schafe weiden. Der vergangene Winter hatte viel Schnee gebracht, was eher ungewöhnlich für die Nordseeküste war. Ich hatte es trotzdem sehr genossen, denn ich liebte schneereiche und kalte Winter. An der Nordsee rief eine verschneite Landschaft einen ganz besonderen Zauber hervor. Die verschneiten reetgedeckten Häuser wirkten besonders hübsch und behaglich und strahlten eine friedliche Ruhe aus. Man hatte das Gefühl, dass der Trubel und die Hektik völlig an ihnen abprallen würden. Auch der verschneite Strand war ein einmaliger Anblick und ließ mein Herz jedes Mal höher schlagen. An der Wattseite hatten sich in diesem Winter durch die lang anhaltende Kälte dicke Eisschollen gebildet und die Landschaft erstarren lassen. Am späten Nachmittag wurde alles von der untergehenden Sonne in ein bizarres rötliches Licht getaucht. Ich konnte mich an diesem Anblick gar nicht satt sehen. Doch jetzt Ende März war der Winter vorbei. Die Insel erwachte zu neuem Leben und wurde in zartes Grün gehüllt. Auf dem Deich und den Wiesen wurden die ersten Lämmer geboren und staksten auf ihren wackeligen Beinen ihren Müttern hinterher.

      Mittlerweile hatte ich den Ortseingang von Kampen erreicht. Mein Navigationsgerät verriet mir, dass ich mein Ziel in weniger als zwei Minuten erreicht hatte. Ich bog gemäß Anweisung zweimal ab und stand vor einem großen Grundstück, umgeben von einem gitterartigen Bauzaun aus Metall. Einige Kleintransporter unterschiedlicher Baufirmen parkten davor, Handwerker liefen geschäftig hin und her. Die Dachdecker waren dabei, das halbfertige Haus mit einem Reetdach zu versehen. Auch im Inneren des Hauses wurde gehämmert und gesägt. Ich stellte meinen Wagen etwas abseits ab, stieg aus und öffnete die Heckklappe meines Geländewagens, um Pepper rauszulassen. Dann marschierte ich mit ihm zu der Baustelle.

      »Kann ich Ihnen behilflich sein, junge Frau?«, fragte mich einer der Männer in grauer Arbeitshose und schwarzem Fleecepullover, als ich das Grundstück über eine Bretterbohle betrat.

      »Nein danke. Ich wollte mich nur umsehen«, sagte ich und bemerkte seinen misstrauischen Blick. Daher ergänzte ich schnell: »Ich bin die Landschaftsarchitektin, die den Garten anlegen soll, und wollte mir ein Bild von allem machen. Anna Bergmann ist mein Name.«

      Ich reichte ihm meine Hand zur

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