Syltleuchten. Sibylle Narberhaus
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Syltleuchten - Sibylle Narberhaus страница 8
»Aber Britta, das kann alles Mögliche gewesen sein! Vielleicht ging es um eine Angelegenheit, die das Hotel betrifft. Eine Bestellung zum Beispiel. Dahinter muss nicht gleich eine andere Frau stecken. Und was das neue Aftershave betrifft, da kann er was Neues ausprobieren. Du hast doch auch hin und wieder ein anderes Parfüm, oder?«
»Meinst du? Aber ich habe trotz allem so ein ungutes Gefühl. Dann hätte er doch klipp und klar sagen können, mit wem er gesprochen hat. Stattdessen tut er so, als wäre es nicht wichtig. Warum frage ich dich? Und das alles kurz vor unserem zehnten Hochzeitstag!«
Britta saß wie ein Häufchen Elend zusammengesunken auf ihrem Stuhl und legte die Hände in den Schoß. Die Kellnerin brachte unsere Getränke und wäre dabei beinahe auf Pepper getreten, der neben meinem Stuhl, halb unter dem Tisch schlief.
»Der Tee muss drei Minuten ziehen«, betonte sie, als sie die kleine Teekanne mit der Tasse vor mir abstellte.
Ich nickte dankend. Dann entfernte sie sich von unserem Tisch.
»Also, Britta«, fuhr ich fort, während ich nach einem Stück Kandis aus dem Schälchen auf unserem Tisch angelte, »ich weiß nicht. Sehr überzeugend klingt das alles nicht, wenn du mich fragst. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Jan dich betrügen sollte. Das passt so gar nicht zu ihm.«
»Das hast du von Marcus zu Beginn auch nicht gedacht, wenn ich dich erinnern darf, oder?«
»Marcus! Den kannst du unmöglich mit Jan vergleichen. Da prallen zwei völlig verschiedene Welten aufeinander. Marcus war sich immer selbst am nächsten. Die Worte Verantwortung und Treue gehören nicht in seinen Wortschatz. Ich wollte das nur von Anfang an nicht wahrhaben. Aber wo wir beim Thema sind. Stell dir vor: Marcus hat gestern bei meinen Eltern angerufen.«
Britta sah mich entgeistert an. Sie hätte sich fast an ihrem Kaffee verschluckt.
»Das ist nicht dein Ernst?«
»Doch, mein voller Ernst sogar.«
»Und was wollte er? Der ruft doch nicht an, um zu hören, wie es allen geht. Schon gar nicht nach so langer Zeit. Da steckt mit Sicherheit mehr dahinter. Da könnte ich wetten.«
»Natürlich nicht. Angeblich will er mir irgendwelche Erinnerungsstücke schicken, die er beim Aufräumen gefunden hat. Außerdem benötigt er dringend eine Unterschrift von mir eine Versicherungspolice betreffend.«
Britta setzte eine skeptische Miene auf und legte dabei die Stirn in tiefe Falten.
»Ja, mir ist eingefallen, dass wir seinerzeit eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen hatten. Sie lief jedoch nur auf Marcus, ich war nur als Begünstigte eingetragen, falls ihm etwas zustoßen sollte. Es handelt sich dabei allerdings um eine geringe Summe, wenn ich mich richtig erinnere. Wahrscheinlich geht es darum. Ach, was weiß ich, wird schon nicht so wichtig sein«, ergänzte ich.
»Marcus und Geld. Da müssten bei dir alle Alarmglocken läuten, Anna!«, sagte Britta und verzog den Mund.
»Wie könnte ich das vergessen! Wir hatten ständig Sorgen, weil Marcus unser Geld für alles Mögliche ausgegeben hat, ohne es vorher mit mir abzusprechen. Viel schlimmer war, dass wir es gar nicht hatten. Aber ich habe mit ihm nicht mehr das Geringste zu tun. Es ist mir völlig egal, was Marcus jetzt macht. Das habe ich Nick gesagt.«
»Nick?« Britta zog überrascht eine Augenbraue hoch.
»Er war gestern komisch und hat wissen wollen, ob ich oft an Marcus denke. Scheinbar bringt der nahende Frühling unsere Männer etwas aus dem Konzept.«
Ich schüttelte lachend den Kopf und goss mir Tee in die Tasse. Der Kandis knisterte laut und zerfiel in viele kleine Stücke, bevor er sich gänzlich auflöste. Ein angenehmer Duft von Bergamotte stieg mir aus der dampfenden Tasse in die Nase.
»Nick liebt dich über alles, Anna, und will dich nicht verlieren. Das ist doch klar, dass er da hellhörig wird, wenn plötzlich der Ex zur Sprache kommt«, stellte Britta fest und sah auf ihre Armbanduhr.
»Ich weiß, aber Jan liebt dich doch auch. Sprich ganz in Ruhe mit ihm. Ich kann mir nicht vorstellen, dass da irgendetwas im Argen liegt. Es ist besser, du klärst das so schnell wie möglich, ehe sich die Fronten verhärten. Den Tipp hat mir übrigens vor Kurzem eine sehr gute Freundin gegeben.«
Ich zwinkerte ihr zu, und ein zaghaftes Lächeln erschien auf Brittas Gesicht. Sie holte tief Luft.
»Ich hoffe, du hast recht. Jetzt muss ich leider los. Die Jungs haben Hunger, wenn sie aus der Schule kommen, und der Kühlschrank ist fast leer. Ich muss schnell etwas einkaufen. Ich weiß noch nicht, was ich kochen soll. Zurzeit stehe ich ein bisschen neben mir.«
»Spaghetti oder Pizza gehen immer! Halte mich auf dem Laufenden, okay? Und melde dich jederzeit, wenn du mich brauchst oder reden willst«, fügte ich hinzu.
»Mach ich«, erwiderte Britta und zog sich die Jacke an.
»Das mache ich, lass mal«, sagte ich, als Britta in ihrer Handtasche nach ihrem Portemonnaie suchte.
»Danke, Anna. Also, bis später. Grüße an Nick!«
»Tschüss, Britta! Werde ich ausrichten.«
Ich sah ihr nach, als sie auf den Ausgang zusteuerte und um die Ecke verschwand. Pepper hatte nur leicht den Kopf gehoben und blickte zu mir hoch. Als er merkte, dass ich keine Anstalten machte aufzustehen, legte er sich wieder auf die Seite und schlief weiter. Brittas Verdacht machte mich traurig. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ihr Mann eine Affäre haben sollte. Das passte überhaupt nicht zu ihm, und das traute ich ihm nicht zu. Er liebte Britta und seine Kinder. Er würde das alles nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Oder doch? Aber irgendetwas musste nicht stimmen, wenn Britta so niedergeschlagen war. Sie war sonst der reinste Sonnenschein und sah stets das Positive im Leben. Die Rolle der Skeptikerin wurde mir zuteil. Ich war misstrauisch und rechnete oft mit dem Schlimmsten. Aber nicht Britta. Ich fühlte mich hilflos und wünschte mir in diesem Augenblick, dass sie sich gründlich täuschen möge.
Kapitel 5
»Chef, könnten Sie bitte kommen? Hier ist Besuch für Sie«, sagte die junge Sprechstundenhilfe und steckte den Kopf durch den Türspalt des Behandlungszimmers.
»Jennifer, Sie sehen doch, dass ich zu tun habe. Hat das nicht bis später Zeit?«, antwortete Marcus verärgert, ohne sie anzusehen.
»Ich glaube, es wäre ratsam, wenn Sie gleich kommen könnten.« Sie lachte verlegen. »Die beiden Herren sind etwas ungehalten«, fügte Jennifer hinzu und zog eine Grimasse.
»Herr Gott, ja, meinetwegen, ich komme«, stöhnte Marcus. An seinen Patienten auf dem Behandlungsstuhl vor sich gerichtet fuhr er fort: »Einen Moment, Herr Münzer, es geht gleich weiter. In der Zwischenzeit können Sie in Ruhe Abschied von Ihrem Zahn nehmen. Die Betäubung braucht ohnehin noch ein paar Minuten.«
Der Mann, der nervös das Papiertaschentuch zwischen seinen Fingern knetete, sah Marcus mit weit aufgerissenen Augen ängstlich an. Kleine Schweißperlen waren an seinem Haaransatz zu erkennen, die sich in Richtung seiner Stirn auf den Weg machten. Mit panischem Blick sah er zu der Zahnarzthelferin, die ihm wohlwollend zunickte. Dann reichte sie dem Mann ein neues Papiertuch und schenkte gleichzeitig ihrem Chef einen mahnenden Blick. Aber Doktor Marcus