Haus im Grünen II. Ernst Friedrichsen
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Sibylle schaute auf ihre Hände, dann zu Margot. »Ich war öfter verliebt, zumindest dachte ich es. War dann aber doch nur falscher Alarm. Bei Peter ist es ein Nervenbrand. Als wir uns das erste Mal begegneten, berührte nur sein kleiner Finger meine Hand. Es war wie eine Infektion.« Sibylle sah auf ihre Hand und rieb mit der anderen darüber. »Bei der zweiten Begegnung ist die Krankheit ausgebrochen, bei uns beiden zugleich. Die Liebe ist dabei die Vernunft zu verbrennen. Ja, wir werden sicher heiraten, aber alles zu seiner Zeit. Es ist nicht einfach nur Liebe, mir fehlen die Worte, um es zu beschreiben. Er ist ein Teil von mir und das ist erdrückend. Ein Überborden der Gefühle dieser Art ist mir fremd. Verstehst du mich?«
Margot legte ihre Hände auf Sibylles, sah sie eine Weile an. »Ich habe auch meine Lieben gehabt. War von dem einen oder anderen begeistert, waren dann aber nichts für den Alltag. Ihr beide seid füreinander bestimmt. Auch wenn ihr nicht mehr in derselben Schicht arbeiten werdet, es ist bei anderen das Gleiche. Das ist Ehe nun einmal. Nicht nur Honig, auch Pfeffer.«
Sibylle stimmte nickend zu, senkte den Kopf zugleich – Margot sollte nicht sehen, dass sich eine Träne ihren Weg suchte.
»Möchtest du reiten?«
»Ich habe als Schulmädchen in der Reithalle mein Taschengeld aufgebessert, bin wohl deshalb in die Reiterstaffel gegangen, von da weiter zur Kripo. Es ist bestimmt zwei Jahre her, dass ich auf einem Pferd saß. Ja, mal sehen, ob ich mich noch halten kann.«
Sie gingen über den Hof zur Halle.
»Möchtest du ein Sanftes oder eines, das Leben hat?«
Etwas zögerlich sagte sie: »Kann ruhig etwas lebhaft sein.«
Margot rief einem Mädchen zu, sie solle Lausbub satteln und in die Halle bringen.
Als das Pferd in die Halle geführt wurde, bäumte es sich auf und zog am Zügel, sodass es kaum zu halten war.
Sibylle trat von vorne an das Pferd heran, sah ihm in die Augen und sprach ganz behutsam auf das Tier ein – es richtete die Ohren nach vorne. Dann kontrollierte sie noch einmal Zaumzeug und Sattel. Zu dem jungen Mädchen sagte sie: »Hat nichts mit dir zu tun, nur Gewohnheit und der Sicherheit wegen.«
Das Mädchen lächelte und übergab die Zügel.
Mit einem Schwung saß Sibylle auf dem Rücken des Tieres, das sofort beweisen musste, wer der Stärkere war. Aber Sibylle behielt die Ruhe und die Oberhand. Ohne wildes Peitschen, nur mit Einfühlung gelang es ihr in wenigen Minuten, das Vertrauen des Pferdes zu gewinnen.
Margot sah das junge Mädchen an. »Die kann ja richtig reiten, da können wir noch was lernen, alle Achtung.«
Peter hatte sich auf die Tribüne gesetzt. Er hatte die Frauen in die Halle gehen sehen.
Seine Mutter gesellte sich zu ihm. »Na, ist sie das?«
»Ja, das ist sie. Ist sie nicht eine schöne Frau?«
»Geschmack hattest du schon immer. Und die hast du aus der Kirche geraubt?«
»Ja, verrückt, oder?«
»In gewisser Weise beeindruckend. Und es muss die große Liebe sein, denn du hast schon öfters Mädchen mit nach Hause gebracht, aber beim Reiten zugesehen hast du nie. Das ist doch nicht etwa Lausbub den sie reitet? Dass sie den bändigen kann … alle Achtung. Sie hat eine stabile Haltung, den Rücken gerade … sie kann richtig reiten. Hat sie das beruflich gemacht?« Sie sah Peter an. »Das Essen ist fertig, kommt ihr dann zu Tisch?«
»Dass sie reiten kann, wusste ich nicht. Ich weiß vieles nicht von ihr, scheinbar kenne ich diese Frau nicht.«
»So, wie du sie betrachtest, hat es dich voll erwischt.«
»Die Frau ist mein Leben. Der Schlag ihres Herzens ist der Puls, der mein Leben bestimmt. Ihr Lächeln ist die Kraft, die mich hält. Ihre zarte Haut ist mein Verderben.«
Seine Mutter drückte ihn an ihre Schulter. »Wenn du glücklich bist, ist für uns die Welt in Ordnung. Man sieht es euch an, ihr seid ein Herz und eine Seele. Kommt ihr jetzt essen?« Sie gab Margot Handzeichen.
Margot nickte.
Peter wartete vor der Halle, bis Sibylle durch die Tür kam. Als sich die Flügel der Tür öffneten, pochte sein Herz bis in die Halsvenen. Die großen feuchten Augen, die ihn ansahen, gehörten leider dem Pferd. Sibylle und Margot waren in ein Gespräch über Pferde vertieft.
Margot sah ihrem Bruder an, dass er es nicht abwarten konnte, dass seine Traumfrau zu ihm kam und sagte zu Sibylle. »Ich glaube, ihr zwei wollt ein wenig alleine sein. Ich lasse euch mal turteln.«
Sibylle fiel ihm um den Hals. »Ich bin so lange nicht mehr geritten. Ich merke jeden Muskel, besonders die, auf denen man sitzt. Deine Schwester ist eine Wucht.«
»Ja, das ist sie. Es war deutlich zu sehen, dass ihr euch gut verstanden habt. Den Rest der Familie wirst du auch mögen.«
Sie umfassten ihre Hüften und sie legte ihren Kopf gegen seine Schulter. Langsam mit der Welt im Reinen, dem Duft des Bratens folgend, gingen sie zum Haus.
An der Tür zum Esszimmer stand ein junger Mann. Sibylle schätzte ihn auf um die 20, wenn nicht jünger.
»Mein kleiner Bruder Jochen, der hat die Finanzkrise ausgelöst. Er arbeitet bei einer Bank.«
Er gab Sibylle die Hand und sah ihr in die Augen. »Freut mich, dich kennenzulernen.«
Peter faste seinem Bruder mit der flachen Hand unters Kinn. »Mach den Mund zu«, lästerte er.
Jochen flüsterte ihm ins Ohr. »Mann, ist die scharf.«
»Ich weiß, ich weiß«, flüsterte Peter seinem Bruder mit einem Lächeln zu.
Reihum ging es dann. Guten Tag und Hallo.
Zum Schluss reichte Peters Vater Sibylle fast schon Knochenbruch gefährlich die Hand: »Sie müssen die Frau aus dem Märchen sein, von der die Zeitungen voll sind. Sie wurden vor dem Ehegelöbnis aus der Kirche geraubt, heißt es da.«
»Das mit dem geraubt ist reichlich übertrieben. Es war eher einvernehmlich und romantisch zugleich.«
»Ich bedaure, dass mein Sohn mir da zuvorgekommen ist.«
»Sie sind ein Charmeur. Ich muss drauf achten, Ihnen nicht zu verfallen.« Er umarmte sie. »Willkommen Kleines. Schön dass Sie meinen Ungeratenen bändigen konnten.«
»Wer Pferde bändigen kann, wird auch mit meinem Bruder fertig«, warf Margot ein. »Außerdem könnt ihr auch Du zueinander sagen. Ist doch einfacher«, ergänzte sie.
»Sibylle.«
»Robert.«
Sie gaben sich erneut die Hand.
»Ich denke, als junger Knabe warst du Hahn im Korb.«
»Sein Vater hat ihn nie aus den Augen gelassen, sonst hätten wir eine Menge Geschwister«,