68er Student. Torsten Ewert

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68er Student - Torsten Ewert

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style="font-size:15px;">      „Rilke und wir müssen überleben, der Transport ist unser Geschäft. Du brauchst das Blatt ja nicht zu lesen, dafür tun’s Millionen, und die können gar nicht so unrecht haben. Nur ihr spielt euch auf.”

      „Wir machen auf die Volksverdummung aufmerksam.”

      „Seid froh, dass ihr was lernen und studieren könnt, derweil wir für euch arbeiten. Ich bin mit meinem Leben zufrieden.”

      Peter gab auf, ließ den Wagen auf dem Hof ausrollen. Die anderen waren schon da, jeder mit einer Flasche Bier in der Hand. Zigarettenrauch umhüllte müde Augen.

      „Schnapp dir den Nuckel, du Buckel, Schlummertrunk.”

      „Die leere Flasche eignet sich gut zum Molotowcocktail.”

      „Zu spät.”

      Wie ein Stein schlief Peter bis weit in den Nachmittag hinein.

      Als der Sonnenstrahl durch die schräge Dachluke wie ein weißsilbriger Balken voll Millionen kleinster Staubpartikel die leichte Düsternis erhellte und sein Gesicht traf, stand er auf. Ein Bad täte ihm gut, gab’s leider nicht, das Stadtbad war nur wochentags geöffnet, eine Waschschüssel der Notanker.

      Unten in der Küche rumorte Lupo, scheuerte Töpfe. Gulasch hatte es gegeben, der Geruch war entsprechend.

      „Die anderen sind ausgeflogen, Kaffee ist noch im Pott. Das Marmeladenbrot kannste selber schmieren. Prost.”

      Er wedelte mit der halbleeren Bierflasche. Seiner Haltung nach nicht die erste.

      Ausgemergelt sah er aus. Von dem viel zu langen Gürtel, den er stramm um die Hüfte geschnürt hatte, damit die zu große Hose nicht rutschte, hing das eine Ende verloren hinunter. Immer wieder griff er an den Hosenbund und zog ihn nach oben.

      „Soldaten kennen ihre Pflicht, gehorchen, Tag und Nacht. Ich hau mich jetzt aufs Ohr”, ein stierer Blick, dann wankte er davon, um den Rest des Tages zu verschlafen, anschließend Fernsehen, bis er wieder einschlief.

       Rosi und Rosa

      Der Gedanke an ein Bier und die Hoffnung auf ein Gespräch waren für Peter Grund genug, das Wuppke anzusteuern. Tatsächlich, seine Überraschung war riesengroß, begrüßte ihn mit stürmischer Begeisterung Rosi und sprudelte los: „Claudia und ich leben zusammen. Dieses Wochenende ist sie zu ihren "Eltern nach Westdeutschland gefahren. Sie ist nicht so draufgängerisch wie ich, deshalb habe ich die Situation genutzt, etwas in geschichtlicher Anlehnung allein zu unternehmen, nicht ganz allein, sondern mit dir.”

      Ein verschmitztes Lachen forderte ihn heraus, sie freute sich an seiner Verunsicherung.

      „Du erinnerst dich, wir sprachen über Rosa Luxemburg.”

      „Eine äußerst intelligente Revolutionärin mit dem Ausspruch Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden.“

      „Ja, und du zeigst mir den Ort ihres Todes. Ich liebe das abgründig Gruselige, bekomme dann eine Gänsehaut, dann erlebe ich die aufkommende hämmernde Angst, aber auch sofort den unbändigen Willen, mich mit aller Kraft zu behaupten und dem momentan Unabänderlichen zu begegnen. Dann wachse ich über mich selber hinaus, wie ich es früher in der Schule denen bewiesen habe, die mich einschüchtern wollten. Deswegen werde ich auch zu Demonstrationen gehen, engagiert mitmachen, dabei sein. Ich liebe die Revolution, so wie Rosa. Lediglich Claudia bremst mich und meint, dass ich spinne und mich allenfalls zu meinem Nachteil in Gefahr begebe. Aber ich werde es ihr beweisen, dass Mut zum Leben gehört. Verstehst du das?”

      „Vollkommen, könnte von mir sein. Begeben wir uns zum nächtlichen Landwehrkanal, eine Mutprobe in einsamer Umgebung.”

      „Ganz genau, du stimmst mit mir überein, lass uns aufbrechen, Hic Rhodos, hic salta.“

      Ein entschlossener Aufbruch in die Abenddämmerung, eine glückliche Rosi am Arm, die Peter eine überraschende Gemeinsamkeit anvertraute. Sie, Rosi, war wie Rosa eine polnische Jüdin. Für Rosas Ideale wollte sie kämpfen, aber am Leben bleiben, deren Kampf fortsetzen, dies an ihrem Gedächtnisort schwören. Peter staunte über ihre Entschlossenheit. Vor dem hellerleuchteten Hilton blieben sie stehen, Nobelkarossen wurden von diensteifrigen Portiers umwieselt, Kofferberge auf Rollwagen gestapelt, deren elegante Besitzer mit ihren Damen durch das Eingangsportal schlenderten, während das Personal sich kümmerte.

      „Nur wer im Wohlstand lebt, lebt angenehm1. Brecht kannte sich aus.”

      „Der Klassenkampf wird dafür sorgen, dass es allen gut geht”, konterte Rosi.

      Die Rückseite des Hilton war weniger imposant, lag ruhig zum Tiergarten hin, kein Straßenlärm mehr, träge floss das Wasser des Landwehrkanals, kaum wahrnehmbar. Vom Zoologischen Garten gab’s vereinzelte Laute schläfriger Tiere – oder nächtlicher Geister?

      Kein Mensch weit und breit, außer zwei Neugierigen, die das Abenteuer suchten. In der Finsternis leitete sie das silbrige Wasserband, kaum waren ihre gedämpften Schritte zu vernehmen. Rosi drängte sich an Peter, vom Wasser weg. Irgendwo im totalen Dunkel einer Brücke umschlang sie ihn. Unter seinen Händen, die ihre Brüste umfassten, spürte er den hämmernden Herzschlag, er wollte sie küssen, sie beruhigen. Doch Rosi kam ihm zuvor. Mit einem Jubelschrei schwang sie sich kraftvoll an ihm hoch, umschlang seine Hüfte mit ihren Beinen, verschloss seinen Mund an ihrem Leib, und rief in die stockdunkle Nacht hinein, wieder und wieder: „Rosa, ich liebe dich.“

      Peter, begeistert mitgerissen, begann sich wie ein Derwisch zu drehen, schneller und immer schneller, bis er taumelte und sie auf ihre Füße sprang und ihn hinderte, zu stürzen.

      „Hier ist Rosi, hier tanze ich.”

      Der Augenblick ihres großartigen Glücks.

      Spät in der Nacht ein hingemurmeltes Geständnis: „Du bist ein toller Kerl, ich bin total berauscht, aber Claudia und ich sind ein Paar.”

      Was blieb ihm übrig, als sich an ihrem Lob zu erfreuen und ein Abenteuer erlebt zu haben.

       Ein Krankenpflegepraktikum

      Unschwer und nicht ganz zufällig entdeckte Peter den stets gut über das Studium informierten Siegfried, einen unverbesserlichen Caféhausbesucher in seinem geliebten Stammcafé im sozialwissenschaftlichen Institut. Dessen Interesse war dem heutigen Streuselkuchen vorbehalten, und Peter hoffte auf ein paar allgemeine Hinweise des Tausendsassas zur weiteren universitären Ausbildung.

      „Für das Studium ist während der Semesterferien ein Pflegepraktikum von vier Wochen im Krankenhaus erforderlich. Zum Nachweis, ob dir die Krankenhausluft, die Atmosphäre, ganz einfach das Ambiente gefällt und du außerdem die Arbeit der Pflegekräfte schätzen lernst. Jeder muss das einmal erlebt haben, der den Rest seines Arbeitslebens im Krankenhaus verbringen will. Ich hab mich im Westend-Klinikum beworben. Wie sieht es bei dir aus?”

      „Null”, war die kleinlaute Antwort, „danke für die Auskunft, zweimal Schwarzwälder Kirsch auf mich. Hast du Lust auf Kino? Bud Spencer und Terence Hill verprügeln nach Herzenslust ihre Gegner in Gott vergibt, Django nie.“

      Siegfried zeigte lediglich Interesse an seiner Torte. „Meine Freundin wartet, sie hat etwas gekocht, ich könnte dich einladen.”

      Jetzt wiederum war Peter

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