Über Vernunft und Offenbarung in Ibn Taymiyyas Denken. Yusuf Kuhn
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Über Vernunft und Offenbarung in Ibn Taymiyyas Denken - Yusuf Kuhn страница 20
3.2.2 Struktur der Abhandlung
Die Abhandlung besteht aus zwei Teilen. In Teil 1 wird der Konflikt zwischen Vernunft und Offenbarung verhandelt: »Vernunft vs. Offenbarung?« In Teil 2 wird Ibn Taymiyyas Philosophie und Methodologie im Darʾ vorgestellt: »Ibn Taymiyyas Reform der Sprache, Ontologie und Epistemologie«.
Kapitel 1 gibt einen groben Überblick über die historische Entwicklung dieses Konflikts im islamischen Denken bis zur Zeit Ibn Taymiyyas. In Kapitel 2 wird das Leben und die Zeit von Ibn Taymiyya vorgestellt. Darauf folgt eine Darstellung, wie Ibn Taymiyya selbst diese historische Entwicklung aufgefasst hat. Dies ist eine unerlässliche Voraussetzung dafür, nicht nur seine Motivationen zu verstehen, sondern auch seine Strategie und umfassende Methodologie zur Auflösung des Problems. Dem schließt sich eine kurze Erörterung der Lösungsversuche von al-Ghazālī (gest. 505/1111) und Ibn Ruschd (gest. 595/1198) an, die zugleich das Verhältnis von Ibn Taymiyyas Projekt im Darʾ zu ihnen beleuchtet. In Kapitel 3 werden die wichtigsten theoretischen Einwendungen gegen die universelle Regel (qānūn kullī) vorgestellt.
Kapitel 4 eröffnet den zweiten Teil mit einer Untersuchung des Begriffs der »authentischen Offenbarung« (naql sahīh) und der hermeneutischen Prinzipien zu ihrer Interpretation. In Kapitel 5 wird der Begriff der »reinen Vernunft« (ʿaql sarīh) erkundet wie auch die damit einhergehende Ontologie. Damit sollen die wichtigsten Elemente von Ibn Taymiyyas Philosophie – Linguistik, Ontologie und Epistemologie – samt der Prinzipien und Methoden, die zur Auflösung des Widerspruchs zwischen Vernunft und Offenbarung eingesetzt werden, in ihrem Kerngehalt präsentiert werden.
Im Schlusskapitel wird sodann aufgezeigt, wie Ibn Taymiyya diese verschiedenen Elemente zu systematischer Anwendung auf die Frage der Attribute Gottes bringt. Dem folgen abschließend etwas allgemeinere Überlegungen zu den weiteren Implikationen seines Werkes.
El-Tobgui stellt dazu fest:
Das breitere Interesse – und die Genialität – von Ibn Taymiyyas Projekt, das es in künftiger Forschung zu erkunden gilt, liegt vor allem in seiner breit angelegten Auffassung von Wissen, in der er die Begriffe der »Vernunft« und des »rationalen Beweises« dergestalt erweitert, dass sie einen wesentlich größeren Bereich von Quellen und Argumenten einschließen als in der obskuren und seiner Ansicht nach willkürlich eingeschränkten Syllogistik der Philosophen erlaubt. Darüber hinaus beschränkt Ibn Taymiyya sich nicht auf die Argumentation, dass Vernunft und Offenbarung nicht in Konflikt zueinander stehen. Er besteht vielmehr darauf, dass die Offenbarung selbst das rechte Funktionieren und den authentischen Gebrauch reiner Vernunft (ʿaql sarīh) unterstützt und aufzeigt. Auf diesen Grundsätzen aufbauend behauptet Ibn Taymiyya letztlich, dass wir echtes Wissen (und nicht bloß »Glauben«) von den grundlegenden Wahrheiten der Religion besitzen – insbesondere von der Existenz und den fundamentalen Attributen Gottes – auf der Basis ebenderselben Art von Axiomen, Intuitionen und anderen Elementen, die allem menschlichen Wissen zugrunde liegen und dafür konstitutiv sind. In der Tat kommt die große Mehrheit, vielleicht sogar alles, von dem, wofür wir ständig und mit Recht für uns Wissen beanspruchen, auf unterschiedliche Weise und oftmals durch eine sich gegenseitig bestätigende Kombination von ebendenselben Arten von Faktoren und Überlegungen zustande, auf deren Grundlage, so behauptet Ibn Taymiyya, das am meisten solide, stabile und beweiskräftige Argument für die Existenz Gottes und die grundlegenden Wahrheiten der Religion gemacht werden kann. (S. xx-xxi)
3.2.3 Warum der Darʾ at-taʿārudh?
Ibn Taymiyyas Darʾ at-taʿārudh zeugt von einem erstaunlichen Reichtum an Gelehrsamkeit und einer gewaltigen Bandbreite an Themen und Lehren, die darin verhandelt werden. Gewiss kann Ibn Taymiyya als einer der bedeutendsten Leser der falāsifa gelten, der deren Werke nicht nur genauestens kannte und analysierte, sondern selbst bedeutende Beiträge zum philosophischen Denken leistete.
Angesichts des reichen und vielversprechenden Gehalts des Darʾ ist es umso erstaunlicher, dass es auch nach mehr als dreißig Jahren seit dem Erscheinen der ersten vollständigen Ausgabe noch keine umfassende Behandlung durch einen westlichen Wissenschaftler gibt. Abgesehen von einigen kleineren und vorläufigen Studien von Y. Michot, B. Abrahamov und N. Heer, wurde dieses Werk von der westlichen Wissenschaft mit völliger Missachtung gestraft.
Dafür lassen sich verschiedene Gründe anführen. Ibn Taymiyya pflegte einen außergewöhnlichen Schreibstil, der es dem Leser nicht immer leicht macht, seine Gedanken zu einem bestimmten Thema zu verfolgen, die oftmals auf viele Stellen in mehreren Werken verteilt und zudem von vielen Exkursen durchsetzt sind. Die vorliegende Abhandlung möchte daher einen Überblick über dieses Werk als Ganzes liefern, das weiteren Forschungen als »Landkarte des Darʾ« dienen mag.
Ein zweiter Grund mag die Stellung des Autors in der Geschichte sein. Ibn Taymiyya folgte auf die sogenannte »klassische Periode« der islamischen Zivilisation, der als deren vermeintlicher Höhepunkt die meiste Aufmerksamkeit der geistesgeschichtlichen Erforschung zufiel, während die folgende Periode dem orientalistischen Vorurteil als Zeit des Verfalls galt, die keine Beachtung verdiente. Zur Korrektur dieses Bildes, die mittlerweile eingesetzt hat, mag auch diese Abhandlung einen Beitrag leisten.
Ein dritter Grund mag in der überkommenen Vorstellung von Ibn Taymiyya als intellektueller Figur zu finden sein, die kaum je in Bücher über islamisches Denken, islamische Philosophie oder sogar islamische Theologie aufgenommen wurde. Er galt nicht als Denker, sondern bloß als simpler »Apologet der Theologie«, von dem schon gar nichts auf dem Gebiet der Philosophie zu erwarten war. Demgegenüber schickt sich diese Abhandlung an, den philosophischen Gehalt, der den gesamten Darʾ in mannigfaltigen Ideen und Argumenten durchzieht, zu untersuchen und herauszuarbeiten.
Darüber hinaus erschließt sich die eigentliche Bedeutung des Darʾ allererst durch die Einsicht in die Aktualität des darin behandelten Problems des spannungsgeladenen Verhältnisses zwischen Vernunft und Offenbarung, das als das zentrale Thema in der islamischen Moderne gelten kann. Hinter vielen aktuellen Debatten lauern die gleichen Themen, mit denen Ibn Taymiyya sich so intensiv befasst hat, als er die schwierige Frage nach dem Verhältnis von Vernunft und Offenbarung für seine Zeit zu klären versuchte.
TEIL 1: VERNUNFT VERSUS OFFENBARUNG?
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.