Frontschweine. Léon Lancee
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Er fröstelte, obgleich es nicht wirklich kalt war.
Etwas später stand er auf, zog seine Uniformjacke aus und legte diese als Decke über das Mädchen.
Mannfred fühlte sich überhaupt noch nicht schläfrig und hielt Wache, bis es fast wieder hell wurde.
Erst dann weckte er Helmuth, sodass er selbst auch noch einige Zeit ruhen konnte.
Nachdem dieser schläfrig aufgestanden war, legte Mannfred sich nahe zum Mädchen ins Gras und schlief gleich darauf wie ein Klotz.
Es war schon ziemlich hell, als Helmuth aufstand, um Wolff und Horst zu wecken. Hierdurch erwachte das Mädchen auch.
Sie entdeckte die Uniformjacke, mit der sie zugedeckt worden war und sah den Russisch sprechenden deutschen Soldaten ganz nahe neben ihr liegen. Sie streckte sich aus und richtete sich auf.
Bevor sie aufstand, legte sie vorsichtig die Uniformjacke über den schlafenden Soldaten neben ihr.
Helmuth sah ihr zu und gebärdete ihr, zu den anderen zu kommen, um zu essen.
Mittels Gebärden, als ob er mit seiner Waffe Wache stand und auf die Sonne und seinen schlafenden Kameraden zeigend, versuchte er ihr klarzumachen, dass Mannfred die ganze Nacht Wache gehalten hatte.
Wolff reichte ihr sein Messer, sodass sie ihr Brot und ihren Speck schneiden konnte.
Während sie aßen, versuchten sie mittels Gebärden und einiger Worte mit ihr zu kommunizieren.
Jeder bemühte sich, sich freundlich zu benehmen. Das Mädchen schien auf jeden Fall zu verstehen, dass sie willkommen war.
„Es ist nicht leicht, mit Russen zu kommunizieren“, lachte Wolff, „Nur ein Glück, dass dieser schlafende Busenfreund gut Russisch spricht. Sonst hätten wir noch viel tiefer in der Patsche gesteckt.“
Horst brach in Lachen aus: „Wenn ich ihm gleich sage, dass du deinen Busenfreund einen Rohling nennst, habt ihr heute auf jeden Fall wieder genug Stoff, untereinander zu meckern.“
Helmuth machte eine abwehrende Gebärde: „Um Himmels willen, Horst. Ich hab’ wenig Lust, mir das Gezänk der beiden hier mitten in feindlichem Gebiet anzuhören. Schlafende Hunde soll man nicht wecken und halt’ deine Schnauze.“
„Haha“, lachte Wolff, „Das werde ich Mannfred erzählen. Jetzt bist du auch mal dran, Freundchen! Hält der arme Junge die ganze Nacht Wache für euch, und dann nennst du ihn einen Hund, während er brav schläft. Nein, das ist erst recht eine Gemeinheit.“
Die Besatzung fiel wieder in ihre alte Umgangsgewohnheit zurück, und das war ein Zeichen, dass die Spannungen des Abgeschnittenseins nachließen.
Das Mädchen sah interessiert zu, und trotz des Umstands, dass sie kein Wort verstehen konnte, erkannte sie, dass diese Soldaten auch Freunde waren und dass die Spannungen und die Rivalität, die immer im Partisanenlager hingen, hier im Umgang miteinander keine Rolle spielten.
In diesem Moment sahen sie eher wie ausgelassene Jungen als faschistische deutsche Mörder aus, wie sie in der russischen Propaganda jedes Mal genannt wurden.
Sie lachte denn auch heiter mit, als Helmuth einen Schuss Wasser aus seiner Feldflasche über den schlafenden Mannfred klatschen ließ.
Der schoss mit vorgehaltener Maschinenpistole hoch, während seine Kameraden schallend lachten.
Wild schmiss er die Waffe von sich.
„Scheiße, sogar mitten zwischen diesen verdammten Russen müssen sie diese blöden Kasernenwitze noch reißen.“
Quasi wütend schüttelte er seine Faust in Richtung der anderen.
„Verdammt! Ich mach noch mal so ‘n Betriebsausflug mit euch!“
Als er das Lächeln des Mädchens sah, senkte er überrascht seine Fäuste.
Ein breites Grinsen zog über sein Gesicht, als er auf Russisch sagte: „Das ist nun die furchterregende deutsche Armee. Man kann jetzt mit eigenen Augen sehen, dass es nicht mehr als eine Bande debiler Kinder sind. Und davor hast du Angst gehabt. Es ist einfach ein Kindergarten, der sich auf einem Schulausflug verirrt hat.“
Heiter reagierte sie: „Wir wussten nicht mal, dass ihr Deutsche lachen könnt. Aber ich muss gestehen, dass ich mich jetzt ein Stück weniger bedroht fühle, da ich dies gesehen habe.“
„He, du Schleimer“, kam Wolff dazwischen, „Lasst uns auch mal eure intime Konversation mitgenießen. Dein Ausflug ins Kosakenland sieht so nach und nach dem Trip von Untersturmführer von Losswitz ähnlich. (siehe “Kanonenfutter“) Für mich ist nichts so schlimm wie ausgegrenzt zu werden, während ich umringt von feindseligen Sowjets herumrennen muss und mein bester Freund klammheimlich ein bisschen mit dem Feind anbändelt.“
„Wo du das so sagst“, lachte Horst, „Ich bekam auch so das Gefühl, dass unser Draufgänger ein wenig aufzutauen anfängt, weil er entdeckt hat, dass die Partisanenjungfrau weniger hässlich ist als wir alle meinten.“
Er lachte auf: „Ich muss ehrlich gestehen, Mensch, sie fühlte sich eigentlich appetitlich an, als ich sie gestern zu erwürgen versuchte. Wenn ich gewusst hätte, dass ich dabei war, deine neue kleine Freundin zu erwürgen, hätte ich natürlich etwas früher mit dem Zukneifen aufgehört.“
Mannfred errötete leicht, als er auf Verlangen von Helmuth das ganze Gespräch zu übersetzen versuchte, nachdem die anderen über ihre Bemerkung, dass Deutsche nicht lachen könnten, ausgelacht hatten.
Aber das Mädchen lächelte nur über die Anspielungen der anderen.
„Ich denke, ihr amüsiert euch miteinander zwar gar nicht schlecht, aber ich fürchte, dass die Partisanen in der Zwischenzeit immer näherkommen und auch die anderen Gruppen in der Gegend bereits gewarnt haben.“
Als diese Bemerkung übersetzt worden war, wurde Helmuth sofort wieder ernst.
„Sie hat vollkommen recht, wir stehen hier herum und quasseln wie die alten Weiber, während die Jäger immer näherkommen. Wir brechen sofort auf und gehen weiter in westliche Richtung. Dann möchte ich nach einer langen Umgehung, morgen versuchen wieder zur Rollbahn zurück zu gelangen, ohne dass uns ein wilder Haufen Iwans abfängt, der uns zwischen dem Wald und der Rollbahn auflauert. Also, Jungs, zupacken und nichts wie weg hier. In der gleichen Linie wie gestern. Mit möglichst wenig Lärm und immer die Augen auf, sodass wir nicht in einen Hinterhalt geraten.“
Mannfred übersetzte, was Helmuth sagte, und innerhalb von fünf Minuten waren sie wieder unterwegs.
Das Mädchen ging zusammen mit Mannfred wieder voran, und die anderen folgten in einer Reihe.
Die Ruhepausen wurden den ganzen Tag so kurz wie möglich gehalten. Gesprochen wurde wenig.
Die ganze Gruppe war sich wieder klar der Gefahren bewusst, die sie unterwegs erwarteten.
Das drückend warme Wetter machte den Marsch besonders schwer.
Keuchend und schwitzend