Der Mephisto-Club. Maria Anne Anders
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„Hah“, macht Karim.
Er glaubt genauso wenig wie ich daran, dass sich hier irgendjemand für etwas anderes interessiert als für Pawlowka.
„Und was ist mit dir?“ Pawlowka verschränkt ihre Arme vor der Brust und sieht mich herausfordernd an. „Willst du mich auch anmachen?“
„Nee, ich bin nur wegen der Matheaufgaben hier“, behaupte ich und schiebe ihr meinen Aufgabenbogen über den Tisch zu. „Fertig.“ Das stimmt zwar nicht ganz, denn ich habe eher wild einige Zahlen in die Kästchen eingetragen. Besonders die Lösung dieser komischen Aufgabe mit Fischen in einem Teich habe ich komplett geraten. Aber der Ausdruck auf dem Gesicht des Girlandenmädchens, nachdem ihr die Kinnlade nach unten geklappt ist, ist diese kleine Lüge wert.
„Komm, Karim, wir müssen zu unserem wichtigen Dienst am Bastelstand zurück.“
Karim klatscht meine Hand ab, als wir weitergehen.
„Ich schwöre, sie mag mich“, raunt er mir zu. „Sie kennt sogar meinen Namen.“
„Sie ist deine Nachbarin, Mann. Und zwar schon seit deiner Geburt.“
„Na und?“
„Wohin gehen wir eigentlich?“ Erst jetzt wird mir klar, dass wir in die falsche Richtung gehen. Karim eilt unbeirrt die Treppe nach unten, und steuert schon auf den Glühweinstand zu.
„Hey, warte“, rufe ich noch. Vor dem Stand herrscht ein unglaublicher Andrang. Jetzt weiß ich, warum es bei uns im ersten Stock so leer ist. Die ganze Schule scheint sich hier unten versammelt zu haben. In der Aula stimmt gerade das Schulorchester die Instrumente. Das denke ich zumindest im ersten Moment. Dann kommt mir die Tonfolge verdächtig bekannt vor. Stille Nacht, ziemlich schräg. Wahrscheinlich kann man es nur mit Feuerzangenbowle hier unten aushalten. Das erklärt auch, warum unser neuer Erdkundelehrer und Frau Dalmann so rote Nasen haben, als sie plötzlich vor mir auftauchen.
„Ah, Branner“, sagt die Dalmann, „ich wollte dich noch etwas fragen.“
„Ich hab’s leider eilig.“ Ich werfe mich der Glühweinstandmenge entgegen, bevor sie mich wieder nach der Lage von Uganda fragen kann oder so. „Sie finden mich später am Bastelstand“, rufe ich ihr noch über die Schulter zu. Bestimmt traut sie sich nicht, noch einmal dort vorbeizukommen. Und wenn doch, wird meine Mutter sie dazu überreden, einen Glitzertannenzapfen zu kaufen. Hah!
Und aua. Noch bevor ich aufsehe, weiß ich, wer mir gerade den Ellbogen in die Schulter gerammt hat.
„Pass auf, wo du hinläufst, Hosenscheißer“, raunt Benny mir bedrohlich zu, bevor er sich weiter durch die Menge boxt.
„Das war ein echter Kampf, dieses Zeug zu bekommen“, verkündet Karim, der vor mir auftaucht.
„Kinderpunsch?“, frage ich mit einem Blick auf die zwei dampfenden Tassen, die er in der Hand hält.
„Klaro“, behauptet Karim.
Ich nehme ihm die Tassen ab und drehe mich um. Irgendwie gelingt es mir, mich durch die Menge zur Treppe zurück zu schlängeln, ohne allzu viel von der Feuerzangenbowle zu verschütten. Das Zeug riecht wirklich abartig.
„Du hast es aber eilig“, ruft Karim mir nach. „He, was hast du vor?“
Und dann stehe ich auch schon vor dem Bastelstand und knalle die beiden Tassen vor meinen Eltern auf den Tisch. Ein Schwall roter Flüssigkeit schwappt über die Papierbögen (ist ja auch egal).
Meine Mutter, die gerade Frau von Sterrenberg ein dickes Salzteigjesuskind verkauft hat, dreht sich irritiert zu uns um.
„Danke für die Vertretung“, sage ich und dränge mich hinter den Stand zurück. „Die Schule hat euch zum Dank zwei Tassen Kinderpunsch spendiert.“
„Oh, das ist ja nett.“ Meine Mutter lächelt. „Wirklich alles sehr nett hier.“ Sie reicht meinem Vater eine der beiden Tassen, und als er daran riecht, lächelt er ebenfalls. Somit wären alle zufrieden. Außer Karim, der aus Protest nach der Plätzchentüte greift und sich einen der lateinischen Kekse in den Mund steckt, um zehn Sekunden später, immer noch kauend, auf dem Klo zu verschwinden.
Während meine Mutter weiter den Standdienst schmeißt, suche ich auf meinem Smartphone nach Uganda. Sicher ist sicher, falls die Dalmann doch noch einmal hier auftaucht.
In den nächsten fünf Minuten werde ich zum Uganda-Experten. Oder wusstet ihr, dass es dort schneebedeckte Berge gibt? Und dass Berggorillas in Uganda leben? Diese Menschenaffen sind vom Aussterben bedroht, wobei sie nicht nur durch Wilderer gefährdet sind, sondern auch durch Touristen, die fiese Infektionskrankheiten einschleppen.
Schließlich finde ich noch einen Artikel der Frauenzeitschrift Monalena, der davon handelt, dass der Bundespräsident kurz vor Weihnachten ein Waisenhaus in Uganda besuchen wird. Sein Flug geht am Abend des zweiundzwanzigsten. Ein privater Besuch, wie der Artikel betont. Unsere Schule kann sich jedenfalls etwas darauf einbilden, in welch berühmter Gesellschaft sie mit ihrem Spendenprojekt ist.
Dank meiner Mutter hat der Bastelstand die Rekordsumme von dreiunddreißig Euro und zwanzig Cent eingebracht. Und ich bin heilfroh, als mein Standdienst vorbei ist (verlängert um zwei Stunden, die ich mit Karim in der Schulaula abhängen musste, weil Pawlowka dort die Modenschau moderierte. Immerhin weiß ich jetzt, dass Pullover mit Weihnachtsgirlandenmuster in der Oberstufe der Renner sind). Der letzte Schultag vor den Weihnachtsferien wäre damit auch überstanden. Noch viermal schlafen bis Heiligabend. Zwei Tage, bis Tante Constanze uns besucht. Mein Gott, Jan, bist du groß geworden. Bald kommt der Weihnachtsmann. Warst du auch schön artig?
Wenn ich daran denke, wäre Schule vielleicht doch die bessere Alternative.
* Die Frau, die meine Geschichte für mich aufschreibt, will klarstellen, dass ich meinen Vater wirklich Pape nenne (mit e statt a hinten). Das ist kein Tippfehler.
Der Sprinter
oder warum man sich nicht von seinen Eltern nach Hause begleiten lassen sollte
Gerade als ich mich mit Karim auf den Heimweg machen will, kommen auch meine Eltern aus der Schule. Karim winkt ihnen zu. Oh, Mann. Er ist manchmal wirklich dämlich. Heute Nachmittag war die Straße zu vereist, um mit dem Fahrrad zu fahren, und meine Eltern sind ebenfalls zu Fuß hier. Jetzt müssen wir den gesamten Weg nach Hause mit meinen Eltern zusammen zurücklegen. Ich war schon froh, dass sie nicht darauf bestanden haben, mich für den Heimweg einzusammeln. Andererseits ist es gut, dass sie nicht mehr Auto fahren. Nach der Menge an Kinderpunsch, die sie getrunken haben, sind sie beide nicht mehr so ganz nüchtern.
Als wir am Vorgarten der Villa der von Sterrenbergs vorbeikommen, in dem ein knallrotes Rentier mitsamt Schlitten steht, beginnt mein Vater zu singen. Rudolph, the red-nosed reindeer, Lalala la lala. Er tänzelt dabei über die Straße, mit einer Schrittfolge, die wie eine Mischung aus Walzer und Stepptanz aussieht, würde ich sagen. Meine Mutter kichert. Und ich würde am liebsten im Boden versinken.
„Echt