Der Mephisto-Club. Maria Anne Anders
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„Und dass Paula auf den Sprinter aufpasst. Er gehört meinem Bruder.“
„Machen Sie sich keine Sorgen“, sage ich. „Ich übernehme persönlich die Verantwortung.“
Ich bin mir nicht sicher, ob ihn der letzte Satz wirklich beruhigt.
„Wenigstens willst du alles wieder gutmachen“, seufzt er, bevor er in den Sprinter einsteigt.
Irgendwie hat Frau Dalmann ja recht damit, dass die Weihnachtspaketaktion nicht die Situation eines ganzen Landes plötzlich verbessern wird. Darüber denke ich nach, als ich in der Nacht noch einige Zeit wachliege. Aber dann stelle ich mir vor, dass es Kinder gibt, die sich auf genau diese Weihnachtsgeschenke freuen. Und ich bin mitverantwortlich dafür, wenn diese Kinder kein einziges Paket unter ihrem Weihnachtsbaum finden.
Soweit darf es nicht kommen.
Am Morgen stehe ich gegen neun Uhr vor Karims Haustür. Am liebsten wollte ich schon früher zu ihm, aber wie sich herausgestellt hat, kann meine Mutter mit nur einem Arm so gut wie nichts alleine machen. Ich musste ihr sogar das Frühstücksbrot schmieren. Und anschließend den Küchentisch abräumen, wozu mein Vater mit seinem gebrochenen Fuß auch nicht in der Lage ist. Und wo ich schon einmal dabei war, durfte ich gleich noch staubsaugen. Nur gut, dass Tante Constanze vorzeitig kommen wird, um den beiden zu helfen. Am Telefon hat sie bereits angekündigt, dass sie die Weihnachtsdekoration in unserem Haus aufmotzen wird (so hat sie es ausgedrückt).
Warum kann Weihnachten nicht einfach ausfallen?
„Bist du verrückt?“ Karim schreitet den schmalen Raum zwischen seinem Bett und dem Schreibtisch ab, hin und her, immer wieder. Ich beobachte ihn vom Schreibtischstuhl aus, nachdem ich ihm von meinem Gespräch mit dem Oberst erzählt habe.
„Die Pawlowka hat bestimmt keine Zeit, uns zu helfen“, sagt er. „Wahrscheinlich muss sie im Bioladen die Zutaten für das Weihnachtsessen bestellen. Oder sie ist beim Wohltätigkeitsbrunch der katholischen Jugend. Oder, was weiß ich, beim Monatstreffen der Voll-engagierten-Leute-die-nichts-von-langweiligen-Typen-wie-uns-wissen-wollen.“
So wie er sie hinstellt, ist er nun doch beleidigt wegen Pawlowkas gestriger Ansprache. Na ja, ich muss auch noch verdauen, dass sie uns als die uninteressantesten Jungs der Schule betitelt hat.
„Aber irgendwie müssen wir die Geschenke zur Post bringen.“
„Das ist dann wohl nicht mein Problem.“ Karim bleibt stehen und verschränkt die Arme vor der Brust.
„Du hast doch die Feuerzangenbowle gekauft“, erinnere ich ihn. „Nur deswegen ist mein Vater vor den Sprinter getanzt.“
„Das sah aber auch zu komisch aus.“ Karim lacht. „Und deine Mutter, wie sie hinterhergehechtet ist.“
„Lass uns lieber überlegen, wie wir die Pakete zur Post bekommen.“
„War ja nur Spaß, mein Freund.“ Karim lässt sich aufs Bett fallen und schnappt sich sein Smartphone vom Nachttisch. „Lass mal schauen, wo diese Hauptpost überhaupt ist.“
„In Rastatt?.“
„Also, ich find hier keine Hauptpost in Rastatt.“
„Vielleicht in der Umgebung?“
„Es gibt eine Hauptpost in Wiesbaden. Ist das nicht in Bayern?“
„Quatsch. Zeig mal her.“ Ich rolle mit dem Schreibtischstuhl zum Bett, und Karim gibt mir sein Smartphone. „In Rastatt gibt es sieben Postfilialen.“
„Mann, so weit war ich auch schon“, sagt er. „Aber welche ist die Hauptpost?“
„Wir können anrufen und fragen.“ Ich tippe auf dem Display die Nummer der ersten Postfiliale an, die ich finde, und stelle den Lautsprecher an. Der Anruf wird fast sofort entgegengenommen.
„Poschtamt Raschtatt, Schröder“, sagt eine Männerstimme mit eindeutig badischem Dialekt.
„Äh, guten Tag, Herr Schröder“, stammle ich. In solchen Momenten schäme ich mich immer ein bisschen dafür, dass ich in Hannover geboren bin und deshalb das S-t nicht richtig aussprechen kann.
„Bin ich hier beim Hauptpostamt?“, bringe ich hervor (und es klingt jetzt doch fast nach Hauptposchtamt).
„Woher soll i wisse, wo du bisch?“ Herr Schröder scheint ein echter Witzbold zu sein.
„Sind Sie beim Hauptpostamt?“, versuche ich es anders.
„Warum Hauptposchtamt?“
„Kann ich bei Ihnen Pakete nach Uganda verschicken, die noch bis Weihnachten ankommen?“
„Hör mal, Bürschle“, grummelt Schröder, „I lass mi net verarsche.“ Der Telefonlautsprecher knackt.
Schröder von der Poscht hat einfach aufgelegt. Verdammter Mist.
Karim haut sich auf die Schenkel und lacht.
„Das hast du toll gemacht“, sagt er.
„Warum nimmt mich eigentlich nie jemand ernst?“ Meine Eltern werden sogar von unserem Rektor ernst genommen, wenn sie betrunken über die Straße tanzen.
„Wir haben ja noch sechs Postfilialen, die wir durchtelefonieren können“, sagt Karim. „Lass mich mal machen.“
Er schnappt sich das Smartphone und tippt eine weitere Nummer an.
Als ich schon denke, dass niemand mehr drangehen wird, meldet sich eine Frauenstimme.
„Sabine Beck, Tabakshop im Kaufmarkt.“ Sie klingt, als wäre sie ziemlich außer Atem. Aber auf jeden Fall wirkt sie netter als Herr Schröder. Allerdings nützt uns das auch nichts, wenn sie gar nicht bei der Post arbeitet, sondern im Kaufmarkt.
„Guten Tag, Frau Beck“, sagt Karim und runzelt die Stirn. „Ich dachte, ich rufe bei der Postfiliale an?“
„Post machen wir hier auch.“
„Ach so, prima. Ich habe ihre Nummer aus dem Internet. Es klingt vielleicht etwas merkwürdig, aber ich suche nach einer Postfiliale, über die ich möglichst schnell Weihnachtspakete verschicken kann.“
„Verstehe“, sagt die Dame. „Zu Weihnachten bekommen wir sehr viele Pakete. Ich würde sagen, alle Pakete, die wir heute noch bekommen, kommen ganz bestimmt bis Heilig Abend an.“
„Das ist ja prima.“ Diesen säuselnden Tonfall hat Karim sonst nur, wenn er mit meiner Mutter redet. „Gilt das auch für Pakete, die ich ins Ausland schicken möchte?“
„Oh, ein Paket ins Ausland. Wohin genau?“
„Uganda.“
Einen Moment ist es still. Vielleicht beginnt Sabine Beck vom Tabakshop jetzt auch an der Ernsthaftigkeit des Anrufs zu zweifeln.
„Ich glaube nicht,