Der Mephisto-Club. Maria Anne Anders

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Der Mephisto-Club - Maria Anne Anders

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Ecke. Ich erkenne noch, dass der Oberst hinter dem Steuer sitzt. Nanu, seit wann fährt er einen Sprinter?

      „Vorsicht, Herr Branner!“, schreit Karim. Da wird auch mir klar, dass mein Vater mit großen Walzerschritten vor den Sprinter taumelt. Meine Mutter kreischt und rennt mit ausgestreckten Armen auf meinen Vater zu, wahrscheinlich um ihn zur Seite zu stoßen. Oh Mist. Meine Eltern dürfen jetzt nicht überfahren werden, vier Tage vor Weihnachten.

      Ich dachte immer, dass Bremsen bei einer Vollbremsung quietschen würden, aber alles, was ich höre, ist ein Plopp, als der Sprinter zum Stehen kommt.

      „Eins-a-Landung“, ruft Karim und reckt schon wieder die Daumen nach oben.

      Meine Eltern liegen auf der Straße. Meine Mutter hat meinen Vater zu Boden gerissen. Vollkommen unnötig, wie sich herausstellt, denn der Oberst hat wirklich ein prima Reaktionsvermögen. Vermutlich war er einer der wenigen Weihnachtsbasarbesucher, die tatsächlich nur Kinderpunsch in ihrer Tasse hatten. Allerdings scheint sein Kopf auf die doppelte Größe angeschwollen zu sein, während er Karim und mich durch die Windschutzscheibe anstarrt. Ich habe noch nie zuvor jemanden gesehen, der gleichzeitig blass ist und eine feuerrote Nase hat. Rudolph the red-nosed reindeer, denke ich und muss kichern. Der Oberst reißt die Sprintertür auf.

      „Bist du betrunken?“, schreit er in meine Richtung. Aber dann wandert sein Blick von mir zu meinen Eltern, die sich inzwischen aufgerappelt haben.

      „Ist Ihnen etwas passiert?“

      „Mein Arm“, stöhnt meine Mutter.

      „Mein Fuß“, jammert mein Vater und humpelt auf uns zu.

      „Was war denn überhaupt los? Alles ging so schnell“, will der Rektor wissen.

      „Jan“, stößt meine Mutter hervor. „Der Junge wäre Ihnen fast vor das Auto gelaufen.“

      „So? Ich habe ihn gar nicht gesehen.“ Der Oberst kratzt sich die Glatze.

      „Sie hätten ihn bestimmt überfahren“, sagt meine Mutter. „Mein Mann ist in letzter Sekunde auf die Straße gehechtet, um ihn wegzustoßen.“

      „Ah, deshalb“, murmelt der Oberst und nickt.

      „Und ich bin hinterher. Sicher ist sicher.“

      „Du musst wirklich besser aufpassen, wenn du auf die Straße läufst“, sagt mein Vater zu mir.

      „Aber …“

      „Hast du Glühwein getrunken?“, unterbricht mich der Oberst.

      „Das kann ich mir nicht vorstellen“, springt meine Mutter mir bei. „Oder denken Sie, an Ihrer Schule …“ Sie lässt das Ende des Satzes offen. Kluger Schachzug.

      Der Oberst schüttelt den Kopf.

      „Natürlich nicht.“ Er streckt die Hand aus und wuschelt mir durch die Haare. „Einen richtigen Hans-Guck-in-die-Luft haben Sie da.“

      „Jan-Guck-in-die-Luft“, sagt Karim und lacht. Auch du mein Freund, Karim. Mieser Verräter.

      „Na, ist ja noch mal alles gutgegangen“, sagt der Oberst.

      „Ich glaube nicht“, jammert meine Mutter. „Mein Ellbogen tut höllisch weh. Oh, entschuldigen Sie den Ausdruck; ich meine, tut verdammt weh.“

      „Und mein Fuß“, ergänzt mein Vater und stöhnt schon wieder.

      „Ist Ihnen übel? Schwarz vor Augen?“

      „Ein bisschen vielleicht“, haucht meine Mutter. Sie sieht auch wirklich sehr blass aus.

      Der Oberst geht entschlossen zu seinem Sprinter zurück und öffnet die hintere Tür.

      „Dann alle mal einsteigen“, sagt er. „Wir fahren ins Krankenhaus. Karim, Jan, helft mir mal, die Weihnachtspakete nach hinten zu schaffen.“

      Es ist fast ein Uhr in der Nacht, als der Oberst uns endlich zu Hause absetzt. Im Krankenhaus war die Hölle los. Man glaubt gar nicht, wie viele Leute kurz vor Weihnachten noch auf die Idee kommen, sich die Knochen zu brechen.

      Immerhin hat sich die Warterei gelohnt. Meine Mutter hat einen dreifachen Bruch am Ellbogen und mein Vater einen gebrochenen Knöchel. Beide tragen Schienen, müssen aber nicht operiert werden. Sie sollen nach Weihnachten zur Kontrolle kommen, ob auch alles gut zusammenwächst. Bis dahin müssen sie sich viel Ruhe gönnen, behauptet meine Mutter.

      Der Oberst hält mich am Jackenärmel zurück, als ich meinen Eltern ins Haus folgen will.

      „Tut es dir nicht leid, was deine Eltern deinetwegen durchmachen müssen?“

      „Äh, doch“, sage ich, und habe auf einmal tatsächlich ein schlechtes Gewissen. Vielleicht sollte ich dem Oberst die Wahrheit sagen, dass es nämlich mein Vater war, der auf die Straße getänzelt ist.

      „Und weißt du, was das Schlimmste ist?“, will der Oberst wissen.

      „Der dreifach gebrochene Ellenbogen?“

      „Die armen Waisenkinder in Afrika bekommen wegen dir keine Weihnachtsgeschenke. Jedenfalls nicht rechtzeitig.“ Der Oberst macht eine Handbewegung zum hinteren Teil des Sprinters, in dem geschätzt hundert Weihnachtspakete lagern. Na ja, vielleicht auch einige weniger.

      „Können Sie nicht einfach morgen früh zur Post fahren?“

      „Wie stellst du dir das vor?“ Er schaut auf seine Armbanduhr. „Ich habe gerade noch genug Zeit zum Packen. In fünf Stunden fliege ich mit meinem Bruder nach Florida.“

      Weihnachten in Florida? Das hätte ich dem alten Oberst gar nicht zugetraut.

      „Dann bringe ich morgen die Pakete zur Post“, sage ich kurzentschlossen.

      „Du?“ Der Oberst schaut wieder auf seine Uhr. „Ich wollte die Pakete bei der Hauptpostfiliale aufgeben. Damit sie rechtzeitig zu Weihnachten ankommen.“

      „Ich kümmere mich darum, versprochen.“

      „Du hast doch gar keinen Führerschein.“

      „Pawlowka“, fällt mir ein. „Ich meine Paula Jacubowsky. Sie ist die Nachbarin von Karim. Und sie hat einen Führerschein. Sie hilft uns bestimmt.“ Ich habe keine Ahnung, warum ich das sage.

      „Meinst du, sie kann einen Sprinter fahren?“

      „Bestimmt“, behaupte ich. Allerdings nur, weil ich die Frage gar nicht richtig gehört habe. Mich beschäftigt immer noch die Frage, wie um alles auf der Welt ich Pawlowka davon überzeugen soll, dass sie den Pakettransport übernimmt.

      „In Ordnung“, sagt der Oberst. „Paula ist ein zuverlässiges Mädchen. Ich lasse den Sprinter bei mir im Hof stehen. Weißt du, wo das ist?“

      „Klaro.“ Natürlich weiß ich, wo der Oberst wohnt. Früher war das das beliebteste Haus für unsere Klingelpartys.

      „Gut. Also, der Schlüssel steckt. Und wenn ihr die Pakete zur Post gebracht habt, stellt ihr den

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