Der Hebräerbrief - Ein heilsgeschichtlicher Kommentar. Roman Nies

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Der Hebräerbrief - Ein heilsgeschichtlicher Kommentar - Roman Nies

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Zuwendungen an fremde Götter nicht unbekannt. Ihre Aufklärung darüber war ja gerade mit ein Grund, weshalb die Juden oft auch auf die Heiden herabschauten. Aber nicht, weil man eine Stellvertretung oder immaterielle Übertragungswege der Heiloder Segenskraft Gottes für unmöglich hielt, sonst hätte man den Vorschriften der Torah über die Wirksamkeit der Opferungen und der Reinigungen keinen Glauben schenken können. Die Übergänge zwischen symbolischer Bedeutung mit geistigem Verständnis und der entsprechenden Wirkung im materiellen und immateriellen Bereich sind für den Erkenntnissuchenden fließend.

      Dass bei diesem Synkretismus sehr fraglich ist, ob man überhaupt noch von einem authentischen christlichen Glauben reden kann, zeigt sich auch, weil dieses synkretistische Religionskonglomerat, das sich im Symbolismus erkennbar machte, als nicht haltbar erwies. Das erklärt warum die meisten sogenannten Christen dort, wo die Länder von den Arabern erobert wurden, Muslime wurden. Religionen sind austauschbar, von begrenztem Nutzen und endlich.

      Die andere Quelle des Kirchenchristentums ist dennoch nicht ganz überraschend die Bibel selbst. Mt 14,36 zeigt, dass es unter der jüdischen Bevölkerung die Erwartungshaltung gab, dass ein Berühren des Gewandes eines Propheten Gottes eine heilsame Wirkung haben könnte. Die Bibel bestreitet das nicht. Gott kann jederzeit Wunder vollbringen, wie Er es gerade will, um damit in speziellen Fällen beispielhaft zu handeln. Man denke an die Plagen Ägyptens. Die Bibel sagt zur Erwartungshandlung der Menschen gegenüber Jesus: „und alle, die ihn anrührten, wurden völlig geheilt.“ *27 Jesus gibt sogar eine Erklärung dafür, dass eine Kraft von Ihm ausfließt, die diese Heilung bewirkt (Lk 8,46) und dass das infolge des Glaubens geschieht (Lk 8, 48). Diese wundersamen Wirkungen sind den Juden aus dem Alten Testament und vielleicht auch aus persönlichen Erfahrungen bekannt.

      Es gibt also tatsächlich einen Zusammenhang zwischen physischen Dingen und Glaubenshaltungen, die geistlich nutzbar sind und dann auch wieder zu physischen Veränderungen führen. Die materielle Welt ist zur immateriellen Welt hin offen und umgekehrt gilt offenbar das Gleiche. Das lehrt die Bibel schon lange. Das lehrt aber auch die persönliche Erfahrung, die viele Menschen haben. So gesehen scheint die Hinwendung der Kirchenchristen zu Zauberglauben, Fetischen und jeglicher Form von Spiritismus unvermeidlich und sogar konsequent gewesen zu sein, und leider auch in ihrem Ungehorsam gegenüber Gott, weil ja Gott die Beschäftigung mit Dingen, die sich aufdrängen, untersagt und als Alternative lediglich das Vertrauen in Ihn anbietet. Um es auf einen kurzen Nenner zu bringen: wahrhaftes und tragfähiges Heil erfordert das Vertrauen in den Gott, der die Himmel und die Erde erschaffen hat. Fehlt einem aber dieses Vertrauen sucht man nach Ersatzbefriedigungen, Ersatzgöttern und Ersatzheil. Und gerade darin gerät man in die Schieflage. So wie es nicht gut ist, irgendeinen Gott anzubeten – Hauptsache er hilft, so ist es auch nicht gut, irgendeinem Ritus oder einer Glaubenspraxis zu folgen – Hauptsache er hilft.

      Gottes Anliegen ist es nicht, diese Formen der Religiosität für unwirksam zu erklären, oder sie gar unwirksam zu machen, denn ein Ersatz ist ja tatsächlich ein Ersatz, wenn auch nur ein ungenügender. Ihm geht es darum, dass man sich nur Ihm zuwendet, im Denken, Fühlen und Tun. Es ist seine immerwährende heilsame Eifersucht, die einerseits zunächst einmal die Wahlmöglichkeiten gewährt, dann aber auch deutlich macht, dass Er die bessere, ja einzig vernünftige und heilsamste Wahl ist. Viele Wahlen sind heilsam, aber nur vordergründig und stark eingeschränkt. Es gibt Pilzarten, die sehr schmackhaft sind und den Hunger stillen, aber doch ein tödliches Gift in sich haben. Dann ist man früh tot, hat aber ein sattes und schmackhaftes Leben gehabt.

      Man sollte sich auch nicht über die reale Existenz von Wunderwirkern zu sehr wundern. Sie waren ebenso zahlreich in der Antike wie der Wunderglaube. Die Nachfrage regelt das Angebot. Zu ihnen gehörten auch die Seher, Zauberer und Propheten. Manchen Herrschern schrieb man göttliche Eigenschaften zu. Und auch hier widerspricht die Bibel keineswegs. Deshalb sollte man auch im 21. Jahrhundert vorsichtig sein, wenn man den Irrlehrenden, Verführern und Machthabern keine Verführungsmächte und Machttaten zutrauen möchte. Die Zauberer des Pharaos kamen schon zur Ansprache. Das neutestamentliche Beispiel gibt ein Mann, der ausgerechnet Simon heißt. Der andere Simon mit dem Beinamen Petrus war auch ein „Wundermann“ nach antiker Vorstellung. Die Wunder, die Simon Petrus wirkte, hatten die Vollmacht Gottes. Bei Simon, dem Zauberer, war das nicht der Fall.

      Solchen Zauberern nachzufolgen und ihnen Glauben zu schenken, war für einen Juden eine schwere Verfehlung, die ihn für das Volk Gottes disqualifizierte (5 Mos 18,14). Im Neuen Testament werden Zauberer in einem Atemzug mit Ungläubigen, Frevlern, Mördern, Hurern und Götzendiener genannt, die im Feuer einen zweiten Tod durchleiden werden (Of 21,8). Das sind allesamt Menschen, die Gott kein Vertrauen schenken. Und daher sollte man ihnen auch kein Vertrauen schenken.

      Für das Verständnis der Heilsgeschichte Gottes ist es bedeutsam, dass dieser Simon die Leute mit seinen Künsten verzauberte, doch dann gläubig wurde und seine Neigung, aus dem Übernatürlichen für sich etwas Großes zu gewinnen, beibehielt. Was war das für ein Glauben bei Simon? Er glaubte, dass Jesus der Messias Israels war und dass Er auferstanden war. Viel mehr kann es nicht gewesen sein. In Ap 8,13 heißt es: „Auch Simon selbst glaubte, und als er getauft war, hielt er sich zu Philippus; und als er die Zeichen und großen Wunder sah, die geschahen, geriet er außer sich.“ Simon wollte den Jüngern Jesu sogar Geld geben, wenn er dafür die Gabe des heiligen Geistes bekam (Ap 8,18). Das Problem des Simon war, dass er nicht aufrichtig vor Gott war. Er hatte also allenfalls eine Teilbekehrung seines Herzens (Ap 8,21).

      Es gibt also gläubige Christen, die nicht vollständig bekehrt sind und daher noch ihren Lastern nachgehen. Nun erinnere man sich aber and die dreitausend, die unmittelbar nach Pfingsten in Ap 2 „gläubig“ wurden (Ap 2,41). Bei diesem Glauben kann es sich auch nur um einen Anfangsglauben gehandelt haben, der bei den meisten damals wohl nicht viel mehr beinhaltete als den Glauben daran, dass dieser Jesus Christus, den man vor wenigen Tagen in Jerusalem gekreuzigt hatte, tatsächlich der Messias Israels war und, nachdem Er ja bereits von den Toten auferstanden war, bald wieder zurückkehren würde, um das lang ersehnte messianische Reich zu errichten. Da wollte dann jeder dabei sein. Wenn es etwas zu „erben“ gibt, sind sie alle da. Diese „Bekehrungswelle“ wurde begleitet von „vielen Wunder und Zeichen durch die Apostel.“ (Ap 2,43) Kein großes Wunder war also die Bekehrungswelle.

      Man findet in der theologischen Literatur kaum den Gedanken, dass es sich dabei um eine ähnliche Erscheinung handelt wie bei unzähligen ähnlichen Bekehrungsereignissen, bei denen den Zuhörern viel versprochen wird und wo eine Euphorie erzeugt wird, die auf viele ansteckend wirkt. Die Frage ist dann, ob die Versprechungen gehalten werden. Wenn man dem Petrus damals als Jude zuhörte, hätte man glauben können, dass der Messias bald zurückkehren würde. Doch zu den Lebzeiten der Zuhörer geschah das nicht und es kam, was kommen musste, viele „Gläubige“ verloren ihren Enthusiasmus. Wie viele dieser Dreitausend sind im Glauben geblieben?

      Interessanterweise ist auch bei diesem „verzauberten“ Simon der Glaube vorhanden, dass die Jünger Jesu, die über die Gabe des heiligen Geistes verfügten, in der Lage wären, für ihn zu bitten, damit seine von den Aposteln diagnostizierten Versäumnisse behoben würden (Ap 8,24). Genauso machten es ganze Generationen von Kirchenchristen. Man bekehrt sein Herz nicht unmittelbar vor Gott und nimmt dafür die Sühne von Jesus Christus als Abdeckung, sondern wendet sich an andere, doch hoffentlich irgendwie Beauftragte Gottes oder Menschen, bei denen man Grund zur Annahme hat, dass sie Beauftragte wären: Priester, Heilige, Verstorbene, Hinz und Kunz, Hauptsache man lässt die unangenehme Sache einen anderen erledigen. Und man ist auch bereit, dafür zu zahlen. Man spendet Geld, man kauft einen Ablassbrief, man pilgert und fügt sich Schmerzen zu, usw. Das sind „simonische“ Handlungen, die bei Gott nicht gut ankommen. *28 Im Grunde macht man damit Gott käuflich, weil man denkt, von Gott Geistlichkeit erwerben zu können. Eine Hure verkauft gegen Geld ihren Körper. Bei Gott dachte man - und viele denken es noch immer -, man könnte Seine Heiligkeit, Seine Gnade oder Seine Zuneigung erkaufen. Das legt ein beredtes Zeugnis dafür ab, dass man nicht viel über Gott weiß.

      Das

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