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bewegen werde, denn noch mehr Geld als die dreitausend Euro will (und kann) ich keinesfalls in die Hand nehmen. Ich verkaufte für die Erfüllung dieses Traums eigens mein Auto! An die gesetzte Bugdetgrenze will ich mich unbedingt halten, egal wie. Somit ist klar: fünfzig Euro pro Tag und nicht mehr! Dass das bei durchschnittlichen Übernachtungskosten von etwa dreißig Euro pro Nacht eine Herausforderung wird, ist mir klar. Aber ich wäre nicht ich, wenn ich solche Aufgaben nicht als einladende Challenge sehen würde, und beschließe, dem Plan – so wie er steht – eine Chance zu geben.

      Jedenfalls ist die erste Planungsphase damit einmal fast abgeschlossen. Die Route, der Zeitplan und das Budget stehen fest. Bleibt nur mehr die Frage, wann ich meinen ausgeklügelten Plan realisieren will. „Irgendwann 2018“ ist nun eben nicht mehr exakt genug. Im Jänner oder Februar zu starten, kommt für mich nicht in Frage, da ich ein Wintermuffel bin und die Aussicht auf Schnee und kalten Wind in Südtirol und Oberitalien nicht wirklich verlockend ist. Kurz denke ich an den Sommer, aber diese Idee verwerfe ich dann aus zwei Gründen wieder: zum einen, weil es im Süden richtig heiß werden kann und ich dann vermutlich schwitzend mit Sack und Pack am Rücken diese Reise verteufeln würde; zum anderen, weil mein frischgebackener Ehemann Harry seinen Betriebsurlaub nicht für einen Besuch auf MEINER Reise aufwenden soll. Was wir im Sommer machen, soll eine gemeinsame Entscheidung sein und sich nicht nur an meinen Plänen orientieren. Also bleibt nur die Möglichkeit, irgendwann zwischen März und Juni unterwegs zu sein. Da es mir nicht sehr einfühlsam erscheint, an unserem ersten Hochzeitstag Ende Mai nicht zu Hause zu sein, kristallisiert sich Mitte März bis Mitte Mai als idealer Zeitraum heraus.

      Eine lange Liste

      Dezember 2017. Das Projekt ruhte die letzten Wochen ein wenig. Die Eckpfeiler stehen ja und zu Tode planen wollte ich mich nicht. Aber jetzt, etwa drei Monate vor Reisebeginn, mache ich mir Gedanken darüber, was ich für die Reise noch brauchen werde und was ich noch wissen sollte. So beginne ich damit, Infos über die Orte, die ich besuchen will, zusammenzutragen. Ich lese mich schon ein bisschen ein, viel bleibt aber nicht hängen. Es grenzt wahrscheinlich auch an Wahnsinn, sich Infos von über fünfundzwanzig Orten im Vorfeld merken zu wollen, oder? Pinterest sei Dank, dass ich mir die Artikel dort einfach abspeichern und unterwegs leicht darauf zugreifen kann. Natürlich führe ich mir auch Goethes Buch noch einmal zu Gemüte – diesmal aber als E-Book, in dem ich wichtige Stellen und relevante Punkte gleich markieren kann.

      Viel aufreibender und schwieriger erweist sich die Recherche zu den notwendigen Utensilien, die ich unbedingt mitnehmen sollte. Ich lese Backpacker-Berichte und praktische Ratgeber, was zur Folge hat, dass meine Packliste immer länger und länger wird. In meinen Gedanken wird daher auch mein Rucksack, den ich noch nicht mal habe, immer schwerer. Für mich ist klar, dass mein zukünftiger Weggefährte keinesfalls mehr als fünfzig Liter fassen soll. Da ich mit 1,62 Metern doch einigermaßen kompakt geraten bin, sieht ein Sechzig-Liter-Rucksack an mir aus wie ein vollgestopfter Heukorb an einer alten Sennerin. Wäre dieser dann noch gefüllt, würde ich wohl rücklings umfallen und wie ein Käfer am Rücken um Hilfe schreien. Dieses Szenario will ich mir auf alle Fälle ersparen! Ich entscheide mich deshalb für ein etwas kleineres Modell. Dass die Suche nach dem „perfekten“ Rucksack aufgrund meiner hohen Ansprüche kein Zuckerschlecken ist, muss mein Mann ausbaden: Egal, wo wir einkaufen, habe ich das Bedürfnis, hunderte Rucksäcke anzuprobieren. Dabei gelten meine Sorgen hauptsächlich meinem Rücken, der in den Vorjahren sehr oft das tat, was er nicht sollte: weh. Schließlich finde ich dann doch das Gepäckstück meiner Vorstellungen und kann mich nun der Liste mit allen anderen Sachen widmen. Viele von diesen Dingen streiche ich wieder, weil sie mir sinnlos erscheinen, einiges habe ich bereits zu Hause und manches gebe ich zurück, weil es einfach nicht in den Rucksack passt.

      Jänner 2018. Der Bekleidungseinkauf nach Weihnachten steht schon ganz im Zeichen der Reise, denn ich kaufe mir nur Sachen, die leicht, praktisch und schnell trocknend sind. Schuhe und Jacke unterziehe ich schon bei Kurztrips anfangs des Jahres einem Bestandstest, um mir wirklich sicher zu sein. Die größte Neuanschaffung, die ich extra für die Italienreise tätige, ist eine kleine Kamera. Mit ist nämlich klar, dass ich die große Spiegelreflexkamera keinesfalls mitschleppen kann – und so erstehe ich eine Profikompakte, klein und handlich, super leistungsstark und für meine Verhältnisse sauteuer.

      Schließlich buche ich die Unterkünfte für die erste Etappe, den Zug für An- und Rückreise, die Fähre für die Überfahrt nach Sizilien und freue mich auf das immer näher kommende Abenteuer. Meine Vorfreude erleidet jedoch einen kurzen Dämpfer, denn bis kurz vor der Abreise finde ich partout keine günstigen Unterkünfte in Sterzing und Bozen. Ich sehe mich schon unnötig Geld in Drei-Sterne-Hotels liegen lassen, nachdem auch meine Anfragen für Couchsurfing erfolglos bleiben. Erst ganz kurzfristig ergeben sich dann doch zwei Übernachtungsmöglichkeiten, die ich über Airbnb finde. Eigentlich wollte ich diese Plattform meiden, aber was soll's. Es ist der Beginn von ganz vielen Momenten, in denen ich Prinzipien über Bord werfe.

      Zweifel und Panik

      Ein paar Wochen vor Aufbruch, mitten im Planungsendspurt, zweifle ich an der Art und Weise, wie ich das ganze Projekt angehe. Es stellt sich mir die Frage, ob Goethe seine Reise auch so genau plante. Nein, tat er natürlich nicht. Als Reiseführer dienten ihm nur die Erzählungen seines Vaters und zwei Bücher, die er bei sich trug: der „Volkmann“ und der „Winckelmann“. Den „Volkmann“, damals das Nonplusultra, was das Wissen über Italien abgelangte, zog er heran, um mehr über antike Bauwerke und verschiedene Orte heraus zu finden, der „Winckelmann“ fungierte als ausgiebige Quelle zu Sizilien. Mehr Wissensgrundlage hatte Goethe nicht und außer dem Vorhaben, Rom sehen zu wollen, gab es vermutlich keine genaue Route oder einen Zeitplan.

      Heutzutage tut man sich relativ leicht: Im Internet steht (fast) alles, was man wissen muss und will. Ich kann so meine Unterkünfte und Züge bequem online im Vorhinein buchen und meine Kosten ziemlich gut abschätzen. So gesehen war die Reise für Goethe sicher ein größeres und unbekannteres Abenteuer als für mich. Abgesehen davon, dass ich einige der Orte auf der Route schon kenne, weiß ich auch ungefähr, was mich an denen, die mir noch unbekannt sind, erwartet. Goethe wusste das sicher nur ansatzweise und jede Station, die er auf der Karte absteckte, beinhaltete das große Geschenk des Neuen und Unbekannten. Ich muss mich schon mit weniger Ungewissheiten zufrieden geben. Das ist sicherlich der Preis, den meine Generation für die vielen verfügbaren Informationen bezahlt.

      Ich muss aber gestehen, dass ich auch ohne den Duft des großen, unbekannten Abenteuers schon sehr aufgeregt bin. Denn es handelt sich um meine erste längere Reise (bisher waren drei Wochen am Stück das höchste der Gefühle) und vor allem die erste richtige Reise allein. Die Fragen, ob ich das wohl alles schaffen werde, ob es mir irgendwann zu viel werden könnte, ich das bisher unbekannte Gefühl des Heimwehs spüren werde und ob die Reise wirklich so großartig wird, wie ich sie mir ausmale, stelle ich mir beinahe jeden Tag. Ein paar Wochen Zeit habe ich ja noch für die Vorbereitung, aber ich spüre, dass es immer ernster wird und meine Pläne immer konkreter werden.

      Auch mache ich mir Gedanken darüber, inwieweit ich meine Reise denn mit der von Goethe überhaupt vergleichen kann. Generell wäre ich ja gern wie Goethe mit der Postkutsche gefahren, aber erstens würde ich dann vermutlich fünfzig statt acht Wochen brauchen, und zweitens gibt es diese Möglichkeit gar nicht mehr. Ob das in Zeiten des Vintage-Booms eine Geschäftsidee wäre, wieder Reisen mit Kutschen anzubieten, so wie früher in guten (oder schlechten) alten Zeiten? Solche abstrusen Einfälle kommen mir in den letzten Wochen, bevor ich abreise.

      Gerade als es dann tatsächlich ans Packen geht, kommt mir in den Sinn, dass ich bisher nie darüber nachgedacht habe, was Goethe eigentlich im Gepäck hatte. In seinem Buch gibt es nur vage Hinweise dahingehend und es ist mir nicht klar, ob er eher mit leichtem Gepäck reiste oder brav andere für sich schleppen ließ. Auch wie viel Geld er denn überhaupt bei sich hatte und wie er dieses sicher verstaute, ist angesichts meiner eigenen Versuche, das Geld im Rucksack zu verstecken, plötzlich relevant. Ich beschließe, immer möglichst wenig Bargeld bei mir zu haben, und dieses – genau wie

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