Als Erinnerung noch Realität war. Harry H.Clever
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Als Erinnerung noch Realität war - Harry H.Clever страница 12
Über meine sentimentale Regung habe ich mich zuerst unsäglich geschämt, doch mit der Zeit hat sich das dann aber auch gegeben. Als ich dieses und andere Probleme meiner Mutter einmal zu erklären versucht habe, meinte sie nur ich soll mich nicht verrückt machen lassen. Ich solle die Zähne zusammenbeißen, denn Lehrjahre seien nun mal keine Herrenjahre, da muss man eben durch und auch mal was einstecken.
Mein Bruder drei Jahre älter als ich, hatte seine Buchbinderlehre bei einer Druckerei in Barmen schon fast abgeschlossen, dort hatte meine Mutter etwas später dann ebenfalls auch eine Anstellung gefunden. Er wohnte dann eine ganze Weile bei der Jüngsten Schwester meiner Mutter in Barmen ganz in der Nähe seiner Firma, auch nach unserem späteren Umzug von Langerfeld nach Elberfeld noch.
Als der Laden meiner Lehrfamilie dann im Frühjahr 53 doch geschlossen wurde, bin ich erst mal wieder zurück zu meiner Mutter gezogen, danach hatte ich dann zwangsweise nochmals ein nettes Gespräch mit dem Innungsmeister am Schlachthof.
Er bedauerte aufrichtig das mir dieses Dilemma widerfahren war und das diese Situation leider nicht voraus und absehbar gewesen sei, denn im Allgemeinen war diese Angelegenheit, das weiter betreiben mit einem Nachfolger als geregelt angesehen worden. Er beteuerte aber, dass er schnellstens eine neue Lehrstelle für mich besorgen würde, damit ich ohne eine große Unterbrechung meine Lehre weiterführen könne.
Es zeigte sich schon von Anfang an, dass selbst der Start in das Berufsleben und auch meine späteren Berufs und Stellenwechsel stellenweise nicht immer mit übermäßigem Glück versehen waren. Auch einige meiner dann zwischenzeitlichen späteren Entscheidungen hatten dann auch ein wenig mehr mit meiner angeboren Neugierde und Zielstrebigkeit zutun.
Wesentlich später dann auch noch mit einer Zwangsläufigkeit, Geld oder dann auch mehr zu verdienen als es normal möglich war, zu tun hatten. Weniger mit der Unstetigkeit oder Flatterhaftigkeit die man den Personen des Sternzeichen der Zwillinge allgemein nachsagt, dafür war ich wiederum einfach zu hartneckisch, was man beginnt sollte man ja auch zu Ende bringen.
Die Bildungsmöglichkeiten waren also im allgemeinen in den damaligen Zeiten noch recht begrenzt, nicht nur in den bekannten Schularten sondern auch mit den fehlenden geeigneten schulischen Räumlichkeiten, der Lehrerschaft und auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Da gab es sogar noch lange Zeit Lehrer die in normalen Zeiten schon einige Jahre ihr Rentnerdasein genossen hätten, es waren viele Lehrer ja auch noch lange nicht aus ihrer Gefangenschaft entlassen worden. Die letzten Kriegsgefangenen kamen ja auch erst im September 1955 endlich aus Russland nach Hause.
Zudem mussten viele Schulen ja auch erst einmal wiederaufgebaut werden. Und die, die noch vorhanden waren, mussten ja zum Teil auch erst wieder voll funktionsfähig gemacht werden, es waren immer noch einige Improvisationen zu bewältigen.
Die vorhandenen Schulen hatten stellenweise dann zu dem schon einen beachtlichen Andrang zu bewältigen, teilweise mit über fünfzig Kindern in einer Klasse, entsprechend waren dann auch die Anforderungen an die Lehrerschaft.
Auch bei den fortbildenden Schulen, entsprechend stringent wurden daher die Auswahl und Zulassungsverfahren auch gehandhabt. Selbst wenn ich gewollt und auch gekonnt hätte wäre für mich eine anschließende weiterführende schulische Ausbildung wirtschaftlich für uns wahrscheinlich in unserer Situation damals auch nicht machbar gewesen.
Allein schon durch das dann aufzubringende Schulgeld und auch durch das nicht unerhebliche Fahrgeld bedingt, denn die entsprechenden weiterführenden Schulen gab es zu der Zeit fast nur in Elberfeld, wir wohnten aber fast am anderen östlichen Ende von Wuppertal, es lagen rund zehn Kilometer Abstand dazwischen.
Eine schulische Weiterbildung war ja zu der Zeit auch noch eine recht kostspielige und für uns eben eine nicht bezahlbare Angelegenheit. Selbst die zwingenden Ausgaben für die Volksschule, wie die allgemeine Grundschule noch benannt wurde, belastete damals unsere finanziellen Möglichkeiten schon stark, somit war ja für uns auch nur eine Ausbildung in einem normalen Handwerklichen Beruf möglich.
Eine allgemeine kostenlose und gehobene Schulbildung gab es noch gar nicht, diese längere und auch bessere Schulbildung war im Grunde nur den Kindern aus den privilegierten Familien vorbehalten und auch im Allgemeinen auch machbar.
An unserer damaligen finanziellen Situation wäre es also daher auch schon gescheitert, eben ein unmögliches Unterfangen, die Möglichkeiten einer offiziellen finanziellen Unterstützung gab es damals so gut wie noch gar nicht und war wenn, mehr als bescheiden, und hätte unsere Situation auch nicht wesentlich verbessert.
Mein Bruder und ich waren aber in den letzten zwei Schuljahren schon in der Volksschule durch eine gute Leistung bedingt, Stipendiaten für die für uns fast unerschwinglichen Schulmittel geworden, eine damals nicht ganz selbstverständliche und normale Leistung der Kommune.
Außerdem wohnten wir zu der Zeit ja praktisch nur Leihweise in Langerfeld, denn die möblierte Zweizimmerwohnung in der wir wohnten war uns vom Wohnungsamt nach unserer fluchtartigen Rückkehr aus Thüringen nach Wuppertal als möblierte unbegrenzte Übergangslösung zu gewiesen worden. Es war über einige Jahre hinweg, irgendwie wie ein geliehenes Leben auf Abruf, was aber letztendlich glücklicher Weise, so musste man schon paradoxer Weise die Situation bezeichnen, dann doch über ein paar Jahre andauern sollte.
Denn wir wohnten ja auch für eine lange Zeit in einer Wohnung mit geliehenen Möbeln, es sollte eigentlich erst zu Anfang nur eine Übergangslösung sein, bis sich irgendwo vielleicht eine endgültige Lösung zeigen würde. Wir lebten praktisch lange Zeit quasi auf Abruf, also alles in allem eine wirklich nicht sichere Zeit und befriedigende Aussicht, so etwas ist ja auch für einen heranwachsenden Jugendlichen schon eine große Belastung, weil man nie genau wusste was am nächsten Tag sich ändern würde.
Diese meine Ausbildungsfrage ergab sich zu einer Zeit wo es uns alles andere als gut ging, denn meine Mutter hatte gerade erst eine langwierige schwere Herzproblematik und mit einer linksseitigen Körperlähmung nach ihrem zweiten Herz und Schlaganfall glücklich überstanden. Und dann noch wie vorab schon erwähnt den überraschenden Tod meines Vaters, der erst vor nicht mal einer Halbjahresfrist für eine sehr kurze Zeit aus seiner Kriegsgefangenschaft heimgekehrt war, verkraften müssen.
Es war eben eine doch recht schwierige und belastende Zeit für uns alle, wo fast alles sich im Umbruch befand, man wusste nur sehr selten Heute, was dann Morgen sein würde. Jeder war auf seine Weise bestrebt, erst mal sein eigenes Auskommen zu bewerkstelligen und soweit wie möglich abzusichern, aber durch eine nach längerer Zeit dann überstandene schwere Krankheit konnte meine Mutter auch erst viel später wieder einer leichten Arbeit nachgehen.
Es war egal wo man auch hinsah doch recht kompliziert, fast alles wurde erst einmal improvisiert und gerade mal den momentanen Möglichkeiten angepasst denn man hatte eigentlich auch keine andere Wahl, wenn man heute eine Lösung gefunden hatte, bedeutete das noch lange nicht das es auch eine Endgültige war.
Im Gegensatz zu meinem Bruder war ich immer mehr der Aktivere, der Praktiker von uns beiden, er hatte es mehr mit der Theorie und den Büchern, was sich ja auch mit seinem späteren Beruf als Buchbinder bestätigte, ich hingegen war dazu etwas zu wuselig.
Besonders deutlich ausgeprägt war bei technischen Belangen eben mein schnelles Auffassungsvermögen und auch meine meist sofort einsetzende Suche nach Lösungen bei großen und kleinen Problemen, schon in meiner Jugend musste ich fast immer wie ein Erwachsener denken und funktionieren.
Trockenes Pauken war eben auch nicht so ganz meine Sache, machen und tun, etwas fertig bringen war mehr meine