Conclusio. Thorsten Klein
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Der Genosse Skrjabin war nicht abtrünnig, aber Außenminister. Als solcher durfte er widersprechen. Hoffte er. „Obwohl das unsere amerikanischen Verbündeten nicht wollen?“, fragte er deshalb.
Wissarew reagierte erstaunlich gelassen. „Nein, sondern weil sie es nicht wollen, Genosse Skrjabin.“
„Es geht bereits um die geopolitische Ausrichtung nach dem Krieg. Und die US-Regierung hätte da gern allen Einfluss auf China, den sie bekommen kann“, ergänzte Wihtania.
„Richtig, Genossin Ehrlichthausen“, stimmte Wissarew zu, „aber auch wir möchten gern in China so viel Einfluss haben, wie es geht. Möglichst allen. Und möglichst allein. Ein kommunistisches China wäre eine prima Sache.“
Die Generalin von Ehrlichthausen nickte. „Ich kann mich dem Genossen Mao gern als militärische Beraterin zur Verfügung stellen. Ich bin mir sicher, die Amerikaner haben ihre Berater bereits zu Chiang Kai-Sheck geschickt.“
„Der Ausdruck „ich bin mir sicher“ bedeutet bei Ihnen doch, Sie wissen, dass die anderen ihre Militärberater hingeschickt haben?“, fragte Wissarew argwöhnisch.
„Davon können Sie ausgehen, Genosse Vorsitzender.“ Wihtania nannte ihn nie anders und er, der sonst immer mindestens auf Woschd oder Generalissimus bestand, schluckte es nur. Die anderen Herren dachten, es liege daran, dass sie eine Frau wäre. Wihtania klärte diesen Irrtum nie auf.
Dafür erklärte sie den Herren, wie es weitergehen müsse. Sie hatte stets ihre ungeteilte Aufmerksamkeit dabei, denn sie irrte sich nie. „Wo liegen unsere Stärken und ihre Schwächen? Die Frage lässt sich leicht beantworten: Wir haben keinen Landbesitz außerhalb der Grenzen der Sowjetunion. Die anderen haben Kolonien. Sehen Sie die Chance, meine Herren.“
Die Herren kamen sich ein wenig wie Schulbuben vor. Aber vor einer so schönen Lehrerin will jeder Schulbub glänzen. Wihtania musste nie lange auf Antworten warten.
„Wir sorgen dafür, dass sich ihre Kolonien von ihnen lossagen, und bringen ihnen den Fortschritt der Arbeiter- und Bauerngesellschaft“, platzte der Außenminister als erster heraus. „Dann kontrollieren wir ihre Kolonien und deren Reichtum.“
„Fast richtig, Wjatscheslaw Michailowitsch…“
„…denn wir werden sie nicht direkt kontrollieren, sondern über die Regierungen, die sie bekommen. Genauso, wie wir es in den Ländern machen, die unsere ruhmreiche Rote Armee befreit hatte“, ergänzte Chruschtschow.
Eigentlich müsste man jetzt erstmal lüften, dachte Wihtania.
Aber die Herren nahmen den politischen Dunst, den sie ausströmten, für bare Münze und störten sich nicht daran.
Sie verstand ihre Brüder nun viel besser. Diesen Menschen den richtigen Weg zu weisen, war ein Job, der schlauchte. Auch eine Göttin.
Inzwischen diskutierten die Herren, was in Europa anders werden musste.
Wissarew erklärte weiter: „Wir werden der Siegesgewissheit der Alliierten schon den richtigen Dämpfer versetzen. Die werden merken, was sie von ihrer Demokratie haben.“
Damit war es eigentlich so wie immer. Und die meisten hatten inzwischen vergessen, dass sie sich bereits geeinigt hatten, wie es nach Wissarews Tod weitergehen sollte. Sie sahen ihn mit hündischer Ergebenheit an und lauschten seiner Weisheit.
Der gestikulierte mit seiner Pfeife und gab Anweisungen: „Genosse Chruschtschow, Ihr Aufgabengebiet wird sich nun nicht mehr nur auf die Ukraine erstrecken, sondern erst hinter der Werra enden. An der deutsch-deutschen Grenze.“
Chruschtschow stand auf und nickte ergeben.
Wissarew sah es gnädig, tigerte weiter durch den Raum und erklärte, ab und zu an seiner Pfeife ziehend: „Vergessen Sie das Geschwafel von der deutschen Einheit. Ein geeintes Deutschland wird immer viel zu mächtig für uns sein. Wir wollen zwei deutsche Staaten. Mindestens. Der östliche davon gehört uns. Was die anderen mit ihren Besatzungszonen machen, ist Ihre Sache.“
Wissarew blieb stehen und sah die Politbüromitglieder an: „Der französische Präsident hat mich unter dem Mantel tiefster Geheimhaltung gebeten, seinen Plan zu unterstützen. Er will aus jedem Besatzungsgebiet eine neue deutsche Republik machen. Alles andere macht den Franzosen Angst.“
„Sie haben immer noch Angst vor den Deutschen?“, fragte Chruschtschow erstaunt.
Wissarew nickte. „Fast so viel, wie vor dem Kommunismus. Wir werden ihnen zeigen, wie mächtig der Kommunismus ist. Sein Gespenst wird wieder umhergehen, in Europa.“
Ort: Psyche, Washington, Weißes Haus
„Das Gespenst des Kommunismus darf man nie unterschätzen, Mr. President“, bekräftigte der blasse Mann im Bett.
„Die sind aber unsere Verbündeten“ warf der Angesprochene ein.
„Unsinn. Der Krieg ist vorbei. Wir brauchen sie nicht mehr. Der nächste Krieg hat bereits begonnen und es kommt nun nur noch darauf an, wer dabei die bessere Ausgangsposition einnimmt, um nicht gleich zu Beginn abgehängt zu werden.“
„Das hat nichts mit Sport zu tun.“
„Deshalb können wir auch unfair sein, Mr. President. Der einzige Schiedsrichter ist der da oben und er mischt sich selten ein“, erklärte der Berater seinem Präsidenten.
„Meinen Sie, er billigt, was wir tun?“, fragte der.
„Trauen Sie mir einen direkten Draht dorthin zu?“, fragte sein Berater erstaunt.
Der sah genau so erstaunt auf Harry Hopkins. „Unbedingt. Ich hatte noch nie einen Berater, der immer richtig lag. Kein Wunder, dass mein Vorgänger auf Sie nicht verzichten konnte und Sie mir wärmstens empfahl. Wie wollen wir vorgehen?“
„Wir spielen unsere Stärken aus. Die Demokratie ist dem Kommunismus weit überlegen. Bei uns gibt es Freiheit und Gerechtigkeit. Gegen die Nazis mussten wir noch mit den Kommunisten gemeinsame Sache machen. Damit ist es endlich vorbei.“
„Sie sprechen mir aus der Seele, Harry. Es hat mir nie gefallen, wie die alle aus ihren Winkeln krochen, und ich konnte nichts dagegen tun“, gab der US-Präsident zu.
„Sie müssen sich da raushalten, Mr. President. Suchen Sie sich einen Bluthund. Einen Mann fürs Grobe. Einen richtig scharfen. Der die Kommunisten jagt. Weil er das will. Es gibt genug Senatoren und Abgeordnete beider Parteien, die das wollen, und die für Sie in die Schusslinie gehen können.“
„Beider Parteien?“
„Meinen Sie, die werden Ihnen eine vierte Amtszeit zugestehen? Niemals. Man arbeitet bereits an einem Verfassungszusatz, der einer Person nur eine zweimalige US-Präsidentschaft ermöglichen soll. Mehr wird es in Zukunft nicht geben.“
„Ich weiß.“
„Dann wissen Sie auch, dass man Eisenhower die Präsidentschaft angetragen hat?“
„Die