Gift. Sandra Schaffer

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Gift - Sandra Schaffer

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Sie mal, Kumpel! Diese verfluchte Tussi ist wie ein Geist! Sie ist wie vom Erdboden verschluckt. So, als hätte es sie nie gegeben. Also, nein, ich habe keine Ahnung! Und mir wäre es lieber, wenn Sie jetzt gehen.“ Damit ließ der Detective Mark stehen und verschwand in einem anderen Raum.

      Wutentbrannt verließ Mark das Dezernat. Wenn es bei den anderen vier Dienststellen genauso lief, war seine Fahrt völlig umsonst gewesen!

      Und tatsächlich, in den nächsten drei Städten, waren die Beamten ebenso unkooperativ wie der Kerl in Kenner. In Hammond befand es der Detective nicht einmal für notwendig, Mark gegenüber zu treten. Er schickte einen Officer, der ihm mitteilte, dass man Privatdetektiven keine Auskunft gab.

      Marks euphorisches Gefühl vom Morgen war nun gänzlich verschwunden. Ohne große Hoffnung machte er sich auf nach Slidell. Er glaubte nicht, dass man dort netter mit ihm umgehen würde. Und wie vermutet, wollte ihm auch der Detective der letzten Stadt auf seiner Liste nicht weiterhelfen. Doch redete dieser nicht um den heißen Brei herum, sondern sagte klar heraus, was er von Privatdetektiven hielt.

      „Ich werde sicher nicht mit einem Mann über eine laufende Ermittlung sprechen, der kein Cop ist, als Privatdetektiv aber denkt, Polizist spielen zu können. Ich sage Ihnen mal etwas, Mr. Fallon, mir ist egal, ob Sie mal ein Cop waren. Jetzt sind Sie jedenfalls keiner mehr. Also überlassen Sie die Ermittlungen den Profis!“

      Niedergeschlagen ging Mark zu seinem Wagen zurück. Er hatte so sehr gehofft, Abby ein paar gute Nachrichten überbringen zu können. Aber das Einzige, was er auf seiner Fahrt erfahren hatte, war, dass Privatdetektive bei Cops nicht unbedingt einen guten Ruf genossen. Ganz im Gegenteil, sie erachteten Privatdetektive eher als Störfaktoren. Trotzdem, irgendwie bekam er schon, was er wollte. Er war sich sicher, dass die Cops mehr wussten, als sie preisgaben. Und egal wie sehr sie sich dagegen sperrten, ihm helfen zu wollen, an die notwendigen Informationen würde er auch auf andere Weise gelangen.

      „Verzeihung.“

      Mark schrak zusammen. Ein junger Mann stand vor dem Fahrerfenster und blickt zu Mark hinab. Er trug Polizeiuniform und wirkte ein wenig nervös.

      „Kann ich Ihnen helfen, Kleiner?“, wollte Mark wissen. Er mochte es gar nicht, wenn andere sich anschlichen.

      „Ich habe vorhin Ihr Gespräch mit Detective Olden mitbekommen“, begann er, doch dann stockte der Junge.

      „Ja, und?“ Mark wurde langsam ungeduldig. Es war schon spät, die Sonne ging mittlerweile unter. Mark hatte den Großteil des Tages im Auto verbracht und war müde von der langen Fahrt. Er wollte nach Hause und dieser Junge hielt ihn davon ab.

      „Na ja. Ich habe eine Information, die Ihnen vielleicht weiterhelfen könnte.“

      „Dann raus damit, Junge! Ich habe nicht ewig Zeit.“ Mark war sich bewusst, dass er ein wenig zu schroff war, doch er konnte sich nicht mehr zügeln. Wenn dieser Junge nicht bald zum Punkt kam, fürchtete Mark, noch auszurasten.

      Den jungen Polizist jedenfalls machte seine Reaktion nur noch nervöser, doch er sprach weiter. „Die Frau, die diesen Mann vergiftet haben soll, stammt irgendwo aus Osteuropa. Ein Zimmermädchen ging an dem Zimmer vorbei, kurz bevor der Mann starb. Dabei hörte sie, wie sich die beiden unterhielten.“

      Das war interessant! „Und sie ist sich sicher, was den Akzent der Frau betrifft?“

      Der junge Polizist nickte. Dann blickte er sich auf dem Parkplatz um. „Ich muss jetzt gehen“, sagte er.

      „Danke“, rief Mark ihm noch hinterher, während der Junge zwischen den parkenden Autos verschwand.

       15

      Sie machte sich Sorgen! Sorgen darüber, dass es vielleicht doch keine so gute Idee gewesen war. Was, wenn sie damit nun alles kaputt gemacht hatte? Wenn sie erwischt wurde, konnte sie die Zukunft mit ihm vergessen, dann konnte sie alles vergessen, was sie sich aufgebaut hatte. Dann war es aus und vorbei! Vielleicht nicht einmal nur für sie, sondern auch für ihn. Schließlich verdankte sie ihm dieses Leben. Ohne ihn säße sie noch immer fest in einem Land, mit dessen Werten und Prinzipien sie nicht klar kam und das auch nicht mit ihr klar kam. Sie wollte nie wieder dorthin zurück. Nie wieder! Doch was, wenn herauskam, dass sie nicht nur gegen eines der zehn Gebote Jesu verstoßen hatte, sondern gleich gegen mehrere? Die Sünden zu begehen, hatte ihr nichts weiter ausgemacht. Aber danach! Danach, als sie sich ihrer Taten bewusst war, da war alles wie ein Kartenhaus über ihr zusammengebrochen. Sie hatte einfach nur agiert, hatte gewollt, dass sich ihre größten Wünsche und Sehnsüchte erfüllten. Deshalb hatte sie auch getan, was sie getan hatte. Sie war nahe dran, sehr nahe dran, sich hier endlich zu Hause zu fühlen. Aber nur, wenn niemand erfuhr, was sie, um dieses Gefühl spüren zu können, getan hatte. Konnte man ihr den verdenken, in Freiheit und Würde leben zu wollen? Konnte man ihr verdenken, dass sie ihr Leben endlich selbst leben wollte; dass sie wollte, dass es ihr Leben war, und nicht das eines anderen, der ihr immer wieder sagte, wie sie es zu leben hatte? Sie hatte also tun müssen, was sie tat; hatte es für sich tun müssen, für ihr Leben, um ihre Wünsche, ihr Verlangen zu stillen!

       16

      Abby saß wieder einmal in dem schwarzen Bürosessel in Martins Arbeitszimmer, als es an der Tür klingelte. Sie hatte nicht das Bedürfnis, aufzustehen und nachzusehen, wer nach neun Uhr abends noch bei ihr auftauchte und stand auch nicht auf. Zu ihrem Bedauern war aber Donna noch im Haus. Seit Martins Tod ging sie nie pünktlich nach Hause und Abby glaubte langsam, die Dame machte sich Sorgen um ihren Gemütszustand. Aber wer würde das nicht tun? Schließlich hatte sie seit sie bei dem Privatdetektiv gewesen war und eine Abfuhr bekommen hatte, das Haus im Einfamilienhausviertel nahe des Robert E. Lee Boulevard nicht mehr verlassen. Sie hatte sich eingeigelt, war in Gedanken nur noch bei Martin und hegte insgeheim den Wunsch, endlich selbst aktiv zu werden und sich auf die Suche nach dem Mörder zu machen. Doch sie schaffte es nicht. Sie schaffte es nicht einmal, von dem Stuhl aufzustehen, geschweige denn das Arbeitszimmer zu verlassen.

      Es klopfte an der Tür und Donna steckte den Kopf herein, ohne auf eine Antwort gewartet zu haben.

      „Abby, Detective O’Leary möchte zu Ihnen.“

      Was wollte der denn schon wieder? „Bitten Sie ihn herein.“

      Donna schaltete das Licht ein und ließ O’Leary eintreten. An diesem Abend trug er keinen Anzug, sondern Jeans und ein Sportsakko.

      „Haben Sie Neuigkeiten für mich, Detective?“, fragte Abby mit schwacher, trauergeschwängerter Stimme.

      Der Detective setzte sich ohne dazu aufgefordert worden zu sein und blickte Abby tief in die Augen.

      „Haben Sie einen Privatdetektiv beauftragt?“

      Abby schaute auf, Überraschung mischte sich unter die Traurigkeit. „Wieso?“

      „Haben Sie oder haben Sie nicht?“

      Abby zuckte nur mit dem Schultern, doch ihr Hirn arbeitete auf Hochtouren. Konnte das möglich sein? Er hatte ihr doch ziemlich deutlich klar gemacht, dass er den Fall nicht übernehmen könnte. Hatte er es dennoch getan?

      „Mrs. Roberts, ich habe Ihnen eine Frage gestellt und bitte Sie, diese auch zu beantworten.“

      „Und wenn es so wäre, was wollen Sie tun? Mich verhaften, weil ich nicht darauf warten will, dass Sie endlich Ihren Job machen?“

      O’Leary

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