Gift. Sandra Schaffer
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„Nicht nur an dem Abend!“
Mark horchte auf. „War das Opfer vorher schon einmal hier?“ Abby hatte nichts davon erwähnt!
„Mehrmals. Er trank immer zwei Bier und ging dann wieder. Aber die letzten drei Tage, bevor er starb, schien ihn jemand zu beschatten oder so was.“
„Er ist beschattet worden?“ Verdammt, was ging hier eigentlich vor? „Können Sie den Mann beschreiben?“
„Na ja, mal sehen. Viel hab ich nicht gesehen. Es ist ziemlich dunkel hier drin und der Kerl war vollkommen in Schwarz gekleidet.“
Mark machte sich Notizen, hielt einen dunkel gekleideten Mann aber noch nicht für verdächtig. „Warum denken Sie, dieser Mann beschattete das Opfer?“
„Na ja, er kam kurz nach ihm rein, bestellte nur Wasser und hielt das Opfer die ganze Zeit über im Auge. Sein Wasser hatte er in den drei Tagen, die er hier war, nie angerührt, ging auch immer sofort wieder, nachdem der andere die Bar verlassen hatte. Ich bin kein Experte! Aber das sah mir schon nach ‘ner Beschattung aus.“
„Sie haben aber nicht gesehen, ob er aufgestanden ist und dem Opfer etwas in den Drink kippte?“
„Nein, tut mir leid, aber an dem Abend war viel los. Na ja, kurz bevor der arme Mann mit dem Kopf auf den Tresen knallte, schaute ich zu dem Tisch, an dem der Kerl gesessen hatte. Aber er war verschwunden.“
„Er ging also, kurz bevor das Opfer starb.“ Also konnte er sich an Mr. Roberts herangeschlichen, ihm etwas ins Glas geschüttet haben und verschwunden sein. Alles im Schutze der düsteren Beleuchtung. „Fällt Ihnen sonst noch etwas ein, das ungewöhnlich war?“
Der Barmann legte die Stirn in Falten und dachte angestrengt nach. Doch dann schüttelte er den Kopf. „Nein, sonst war alles wie immer.“
Also könnte der Mörder doch ein Mann gewesen sein!
12
Abby hatte Martins Arbeitszimmer seit Stunden nicht verlassen, eigentlich sogar seit dem Abend nicht, an dem sie bei dem Privatdetektiv gewesen war. Ihr war nicht bewusst, dass dies schon anderthalb Tage zurücklag. Abby hatte das Zeitgefühl verloren. Es war ihr in dem Moment abhanden gekommen, als sie sich in dem Zimmer verkrochen hatte. Sie hatte die schweren blauen Vorhänge zugezogen, damit kein Licht von draußen hereinschien. Keine Sonne, kein Mond, keine Sterne. Nichts davon wollte sie sehen. Ohne Martin an ihrer Seite waren die schönen Dinge des Lebens nicht mehr wichtig. Absolut nichts war mehr wichtig, weil sie niemanden mehr hatte, mit dem sie es hätte teilen können.
Abby hörte Donna in der Küche hantieren und die Vögel zwitschern. Zumindest zeigten ihr diese Geräusche, dass Tag sein musste, auch wenn sie es nicht sehen konnte. Im Raum war es so düster wie in der Nacht. Nur eine kleine Schreibtischlampe spendete etwas Licht, genug, damit Abby das Bild von sich und Martin am Strand von L. A. sehen konnte. Sie waren so glücklich gewesen in diesem Sommer und hatten alle Touristenattraktionen mitgenommen, die L. A. zu bieten hatte, vor allem die Filmstudios.
Als Abby an diesen Sommer vor einem Jahr zurückdachte, kamen ihr wieder einmal die Tränen. Es gab so viele Frauen, die von ihren Männer unterdrückt wurden, die in ihren Beziehungen nicht glücklich waren, die wahrscheinlich sogar Erleichterung darin fanden, den Menschen loszuwerden, der ihnen jahrelang wehgetan hatte. Warum hatte man nicht eine dieser Frauen vor ihrem miesen Ehemann befreien können, statt ihr den Mann zu nehmen? Das einzig Gute, was in ihrem Leben passiert war!
Ohne es zu wollen, kam Abby ihre Mutter in den Sinn. Sie hatte ständig einen neuen Freund gehabt. Die meisten waren Arschlöscher, die nur mit ihrer Mutter ins Bett gewollt hatten, sich für Abby aber nicht die Bohne interessierten. Abby hatte seit zehn Jahren nicht mit ihrer Mutter gesprochen und hatte nie verstanden, wie sie ihr Leben hatte so sehr aus den Fugen geraten lassen können. Abby verspürte auch jetzt nicht das Bedürfnis mit ihr zu sprechen, immerhin hatte ihre Mutter nie versucht, sie zu finden, sich mit ihr auszusöhnen, also warum sollte dann Abby den ersten Schritt machen?
Weil sie dringend mit jemandem reden musste! Jemand Außenstehendem. Und wer wusste weniger über ihr Leben in New Orleans Bescheid als ihre Mutter? Sie hatte Martin nicht einmal kennengelernt. Auch wenn Martin sie immer wieder gedrängt hatte, mit ihrer Mutter zu sprechen, ihre Differenzen aus der Welt zu schaffen, denn immerhin waren sie eine Familie, hatte Abby es nie übers Herz gebracht, zum Hörer zu greifen. Doch diesmal tat sie es. Es machte sie erst jetzt traurig, da Martin nicht mehr bei ihr war, nicht auf seine Worte gehört zu haben und beinahe hätte sie dennoch den Hörer wieder weggelegt. Dann wählte sie aber doch die Nummer ihrer Mutter, wobei sie nicht damit rechnete, sie darunter auch zu erreichen. Wie schon erwähnt, es waren zehn Jahre vergangen!
Es klingelte. Einmal, zweimal, dreimal. Dann hob jemand den Hörer ab.
„Hallo?“, hörte Abby die Stimme einer Frau. Sie war nicht mehr ganz so kräftig und fest wie noch vor zehn Jahren, aber immer noch die unverkennbare Stimme, die Abby ihr Leben lang kannte. „Hallo? Wer ist denn da?“
Abby stockte. Sie konnte das nicht. Sie hatten so lange nichts voneinander gehört. Was sollte sie denn sagen. Sie wollte den Hörer schon weglegen, als ihre Mutter weitersprach.
„Abby? Abby, bist du das? Wenn du es bist, dann bitte, sag doch etwas? Bitte, Baby, rede mit mir!“ Diese Mischung aus Hoffnung und Traurigkeit in der Stimme ihrer Mutter versetzte Abby einen Stich ins Herz.
„Mom“, flüsterte sie.
„Oh, Abby, es tut so gut, deine Stimme zu hören. Geht es dir gut, Schätzchen? Du klingst so niedergeschlagen. Was ist passiert?“
Abbys Mutter hatte immer gewusst, wenn es Abby nicht gut ging, egal wie sehr sie auch betont hatte, dass alles in Ordnung war, ihre Mutter wusste, wenn es nicht stimmte. Selbst jetzt, durchs Telefon hatte sie gespürt, dass Abby Kummer hatte. Einen Kummer, der sie so weit brachte, die Funkstille mit ihrer Mutter zu beenden.
Doch Abby erwähnte Martin nicht. Sie war sicher, hätte sie es getan, hätte sich ihre Mutter sofort ins nächste Flugzeug gesetzt und wäre den weiten Weg von Chicago nach New Orleans gekommen, selbst dann, wenn sie es sich nicht hätte leisten können. Sie konnte mit ihrer Mutter darüber sprechen, wenn alles vorbei war. Nur wie sollte es je vorbei sein, wenn sie nicht wusste, ob die Polizei den Täter finden konnte und sie keine Hilfe bekam, bei dem Versuch sich allein auf die Suche zu begeben? Trotzdem, sie konnte jetzt nicht über Martin reden. Es war zu schmerzhaft, außerdem kannte ihre Mutter ihn nicht.
„Ich hatte eine schwere Woche“, sagte Abby stattdessen, weil sie einfach nicht wusste, was sie sonst hätte sagen sollen. So langsam bereute sie, überhaupt erst die Nummer gewählt zu haben. Ihre Mutter war ihr mittlerweile so fremd geworden, als wäre sie nur irgendeine Bekanntschaft aus ihrer Vergangenheit, die sie nun wieder getroffen hatte. Eine peinliche Begegnung, bei der keiner wusste, was er sagen sollte, und deshalb entweder herum schwafelte oder peinlich berührt schwieg.
„Wir haben alle manchmal schlimme Wochen, Schatz. Erzähl mir davon. Du weißt doch, darüber zu sprechen, kann Wunder wirken.“
Alles Schwachsinn! „Ja, mag sein, aber ich habe jetzt leider keine Zeit, mich darüber zu unterhalten. Ich habe viel zu tun. Tut mir leid, dass ich angerufen habe.“
„Nein, Schatz, das muss es nicht. Bitte, leg nicht auf!“
Abby