Gift. Sandra Schaffer

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Gift - Sandra Schaffer

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      Sie stieg in ihren Mini Cooper und fuhr heim. Sie hatte sich in ihrem ganzen Leben noch nie so einsam gefühlt wie in diesem Moment. Und dabei war sie als Kind sehr oft allein gewesen, weil ihre Mutter mehrere Jobs hatte, um die Miete zahlen zu können und für Essen auf dem Tisch zu sorgen.

      Vor sechs Jahren, als sie Martin kennengelernt hatte, hatte sie geglaubt, endlich einen Menschen an ihrer Seite zu haben, der für sie da war und die Mauer entfernte, welche sie um ihr Herz herum aufgebaut hatte, um sich zu schützen. Er hatte ihr geholfen, Vertrauen in andere Menschen zu entwickeln, sich nicht immer nur auf sich selbst verlassen zu wollen, sondern auch einmal Hilfe von anderen anzunehmen. Nun hatte sie um Hilfe gebeten und war abgewiesen worden. Wie sollte man da Vertrauen entwickeln, das Ruder aus der Hand geben, wenn einem bei der kleinsten Schwierigkeit schon die Hilfe versagt wurde?

      Zu Hause angekommen setzte Abby sich in Martins Arbeitszimmer, ließ die Lichter aus und dachte nach. Sie konnte selbst versuchen, den Mörder zu finden. In Filmen funktionierte das schließlich auch immer. Nur war das hier kein Film und Abby keine Ermittlerin. Dennoch, einfach herumsitzen und darauf warten, dass die Cops etwas fanden, konnte sie auch nicht. Sie wollte nicht zu den Angehörigen gehören, die niemals erfahren sollten, was genau ihren Lieben zugestoßen war. Sie wollte, dass der Täter dafür in den Knast wanderte! Und wenn ihr keiner helfen wollte, na ja, dann musste sie eben allein ihr Glück versuchen. Das hatte in ihrer Kindheit und Jugend schließlich auch oft genug geklappt! Sie hatte ihre Probleme schließlich immer allein regeln müssen, warum dann nicht auch dieses?

      Doch war sich Abby nicht sicher, ob sie stark genug war, es allein zu schaffen. Sie war noch nicht einmal sicher, das Leben allein, ohne Martin, zu meistern; es ohne ihn überhaupt weiter leben zu wollen.

       10

      Er beobachtete sie! Beobachtete sie schon, seit er es in den Nachrichten gehört hatte. Er musste sicher gehen, dass sie nichts wusste und dafür sorgen, dass es auch so blieb. Er wollte ihr ungern wehtun. Sie war so hübsch! Doch er würde keine Sekunde zögern, wenn es nötig war. Bisher war auch alles gut. Sie hatte keinen Schimmer und tappte im Dunkeln. Doch sie war keine Frau, die abwartete und darauf hoffte, dass die Polizei ihren Job machte. Dass hatte er von Anfang an gewusst, hatte dieses Glühen in ihren Augen gesehen, als sie aus dem Revier herausgekommen und in ihrem Wagen davon gebraust war. Und seine Einschätzung hatte ihn nicht getäuscht. Er hatte zwar nicht damit gerechnet, dass sie sich gleich Hilfe suchen würde, er hatte gedacht, sie versuche es allein. Dennoch war sie im strömenden Regen durch die halbe Stadt gefahren, nur um einem Detektiv ihren Fall darzulegen. Ganz wie zu Zeiten Sherlock Holmes’. Sie war nicht so lange im Gebäude gewesen, wie er angenommen hatte, war nicht einmal zwanzig Minuten, nachdem sie reingegangen war, wieder herausgekommen, niedergeschlagen, verweint. Er hatte ihr wohl nicht helfen wollen. Das war gut! So blieb wenigstens alles wie es war. Niemand erfuhr, was wirklich passiert war und er konnte sich vielleicht bald wieder anderen Aufgaben widmen.

      Vielleicht!

       11

      Mark saß noch lange an seinem Schreibtisch, dachte über die Frau nach und die Bitte, die sie ihm gegenüber geäußert hatte. Sie war ihm so verloren vorgekommen und hatte ihn sofort zwei Jahre zurückgeworfen. Zurück in eine Zeit, die er vergessen wollte, der er zu entfliehen versucht hatte, indem er nach New Orleans kam. Doch nun kam durch diese Frau alles wieder hoch. Die Erinnerung an den damaligen Fall; an Denise, vor allem an Denise! Sie war die Frau gewesen, der er sein Herz geschenkt hatte. Er hatte sich in Denise verliebt, als er sie das erste Mal gesehen hatte. Diese haselnussbraunen Augen, das lange dunkelblonde Haar, der sinnliche Blick. Denise hatte all das verkörpert, was Mark an einer Frau mochte. Sie stand auf eigenen Beinen und mochte es dennoch, einen Mann an ihrer Seite zu haben, der sie beschützen konnte. Nur hatte Mark sie nicht beschützen können! Sie war seine Kronzeugin gewesen, sollte gegen eine irische Familie namens O’Conner aussagen. Sie war einige Zeit mit dem jüngsten Sohn zusammen gewesen und hatte dabei einige Dinge mitbekommen, die die Familie zum Gelderwerb genutzt hatte. Drogenschmuggel, Diebstahl, selbst vor Mord hatten sie nicht zurückgeschreckt. Mark hatte Denise in Sicherheit gewogen, hatte geglaubt sie sicher untergebracht zu haben, doch die O’Conners hatten sie dennoch gefunden. Er hatte sie nicht beschützen und nicht retten können. Wie er auch seinen Partner nicht hatte retten können, ja nicht einmal sich selbst, dazu war die Hilfe eines Kollegen nötig!

      Wenn Mark jetzt dieser Frau half, würde sich nur alles wiederholen, das wusste er so sicher, wie er wusste, dass am nächsten Morgen die Sonne aufging. Und trotzdem ging ihm ihre Geschichte nicht mehr aus dem Kopf und er entwickelte einen Plan, wie er vorzugehen gedachte. Doch er schüttelte ihn wieder ab, stand auf und verließ das Büro.

      * * *

      In dieser Nacht bekam Mark kein Auge zu, weil ihm die Geschichte der Frau nicht mehr aus dem Kopf ging. Obwohl er seit mittlerweile zwei Jahren Privatdetektiv in New Orleans war, hatte ihn noch nie jemand gebeten, einen solchen Fall zu bearbeiten. Für gewöhnlich handelten seine Aufträge von Ehebrechern oder ab und an mal einem Diebstahl. Aber eine Mordermittlung? Er konnte sich nicht in eine Mordermittlung einmischen, er wollte sich nicht mit der hiesigen Polizei anlegen. Trotzdem schwirrten Abbys Worte weiterhin in seinem Kopf herum und egal, was er auch tat, wie viel Alkohol er auch trank, sie verstummten nicht.

      Nachdem Mark sich zwei Stunden schlaflos im Bett hin und her gewälzt hatte, stand er schließlich wieder auf. Er ging in die Küche, machte sich Kaffee und nahm an seinem Tresen Platz. Dann schaltete er den Laptop an und gab den Namen Prof. Dr. Martin Roberts ein. Der Mann stammte aus reichem Hause, hatte in amerikanischer Geschichte promoviert, war der Beste seines Jahrgangs gewesen und wurde sofort nach dem Studium als Professor an der University of New Orleans eingestellt. Professor Roberts war bei seinen Studenten und den anderen Dozenten sehr beliebt, er schien eine Art Heiliger gewesen zu sein. Er hatte sich nie etwas zu Schulden kommen lassen und war mit jedem ausgekommen. Jedenfalls laut Internet.

      Mark entschied, sich am nächsten Tag in der Bar umzusehen und mit dem Personal zu sprechen, auch wenn er nicht vorhatte, sich in die Ermittlungen einzumischen, die Neugier konnte er nicht einfach ignorieren. Er kam nicht umhin, sich pausenlos zu fragen, was der Mann in dieser Bar verloren hatte, wenn er doch nicht fremd gegangen war und eine wunderschöne Frau zu Hause gehabt hatte.

      Er klappte den Laptop wieder zu und ging mit dem Kaffee ins Wohnzimmer. Dort schaltete er den Fernseher ein.

      Die Sonne schien ihm ins Gesicht und er schreckte hoch und schaute auf seine Uhr. Sechs Uhr dreißig. Er war doch noch einmal eingeschlafen. Der Kaffee war mittlerweile kalt. Also kochte er sich einen neuen. Während der Kaffee durchlief, ging er unter die Dusche und rasierte sich. Am Abend würde er die Bar aufsuchen. Doch bis diese öffnete, vergingen noch ein paar Stunden, in denen er sich klar werden konnte, ob er das wirklich tun wollte; ob er sich wirklich auf eine Mordermittlung einlassen wollte, zwei Jahre nachdem er geschworen hatte, es nie wieder zu tun!

      * * *

      Sobald der Barmann um fünf Uhr abends den Laden aufschloss, stand Mark bereits wartend davor. Der Barmann – etwas kleiner als Mark, mit einem breiten Kreuz und einem Bauch, der weit über den Hosenbund hinausragte – hielt seinem ersten Gast des Abends wortlos die Tür auf. Mark trat in das schummrige Licht. Er konnte nur Schemen erkennen. Erst als seine Augen sich an die Lichtveränderung gewöhnt hatten, erblickte er den Tresen auf der linken Seite. Der übrige Raum wurde ausgefüllt von runden Tischen mit jeweils vier Stühlen.

      „Woll’n Sie’n Bier?“

      „Nein danke. Ich bin hier, um Ihnen ein paar Fragen zu dem Mordfall, der sich vor knapp einer Woche hier zugetragen hatte, zu stellen.“

      „Sie woll’n was über den Typ wissen?“

      „Ja.“

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