Pistengeier: Berlin Turbo #9. Glenn Stirling

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Pistengeier: Berlin Turbo #9 - Glenn Stirling

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nickte und starrte verbissen nach vorn. Bei der nächsten Kreuzung ging es besser. An der Grenze zur DDR hatte er dann den Bogen heraus. Aber als sie dort weiterfahren konnten, legte er um ein Haar den Schlagbaum um.

      Unmittelbar danach fuhr er so dicht an einem stehenden holländischen Sattelschlepper vorbei, dass Klaus die Luft anhielt, weil er dachte, jetzt geht die Plane fliegen. Aber es klappte. Man hätte aber kaum noch eine Hand zwischen Plane und Spiegel des Holländers und den des eigenen Zuges legen können. Auf der DDR-Autobahn drehte Rittlinger dann auf.

      „Mensch, mach halblang, die Vopos legen uns still!“, mahnte Klaus. „Du kannst doch hier nicht mit hundert volle Pulle dahinsegeln! Mit hundertfünf! Bist du vom Affen gebissen?“

      Rittlinger fuhr dann langsamer, fünfundachtzig. Das ließen sogar die Vopos durchgehen.

      Klaus war hundemüde, er hätte am liebsten geschlafen, aber er traute sich nicht. Irgendwas warnte ihn. Dieser Rittlinger fuhr nicht sicher. Und er hatte auch nicht das Gefühl, es könnte daran liegen, dass Rittlinger nur mit diesem Zug nicht vertraut war. Der fuhr einfach unsicher. Aber nach zehn Jahren Klasse zwei? Dann ging es doch etwas sicherer, als sie durch die DDR fuhren, und er hielt sich auch an das Tempo. Doch Klaus, der hundemüde war, traute sich nicht zu schlafen. Er verfluchte den Einfall Kirchlechners, ausgerechnet so eine Type auf den Zug zu setzen, und dann bei einer Fahrt, wo es später in Marokko drunter und drüber gehen würde.

      An der Grenze zur Bundesrepublik nachher wieder der übliche Zirkus, und diesmal gab es wenigstens keine Zwischenfälle, dass Rittlinger irgendwo so haarscharf vorbeigefahren wäre wie in Berlin.

      Weil die Fahrerei so halbwegs gutging, wagte Klaus nun doch ein Nickerchen. Er blieb aber auf dem Sitz, schlief im Sitzen, schreckte aber plötzlich wieder auf, und er hätte nicht sagen können, ob er nun lange oder nur ein paar Minuten geschlafen hatte.

      Paul Rittlinger hatte scharf gebremst. Und er schimpfte laut auf den Vordermann. Sie standen etwa einen halben Meter hinter einem Anhänger.

      „Näher dran konntest du wohl nicht?“, fragte Klaus verschlafen und rieb sich die Augen. „Was ist denn los?“

      „Dieser Rohrkrepierer hat einen Satz auf die Bremse gemacht. Ich konnte gerade noch den Zug zum Stehen bringen“, behauptete Rittlinger.

      Klaus sah sich um. Sie waren auf der Autobahn. Auf der linken Seite standen die PKWs in langer Reihe. Ein Stau also.

      „Nächstens hältst du mehr Abstand!“, knurrte Klaus. „Du kannst doch nicht so dahinrauschen und dann auf die Bremse springen wie ein Hirsch!“

      „Hat der doch vor mir getan, was sollte ich machen? Wär’s dir lieber, ich wäre ihm draufgeknallt?“

      Klaus sagte nichts, machte die Tür auf, und es kam kalt herein. Er stieg aus, blickte nach vorn. Rücklichter, soweit das Auge reichte.

      Plötzlich stutzte er. Zwei Überholspuren, dachte er, alle voll PKW. Aber das war es nicht, nicht die PKW störten ihn, drei Spuren.

      „Hei“, rief er nach oben, „wo sind wir?“

      „Auf dem Weg, wo sonst!“, rief Paul von oben.

      „Du verdammter Arsch“, brüllte Klaus, „das ist die Autobahn nach München!“ Er stieg wieder ein. „Du Blödmann, wir wollen nach Frankreich und Spanien, und du fährst nach München! Hast du in Nürnberg gepennt? Wo sind wir hier überhaupt, was war die letzte Abfahrt, die du gesehen hast?“

      „Ja“, meinte Paul und kratzte sich am Kinn, „Greding, glaube ich.“

      „Greding!“, stieß Klaus hervor. „Das darf doch alles nicht wahr sein! In meinem Kopf ist ein Spukschloss, das gibt es doch überhaupt nicht! Fährt der an Nürnberg vorbei nach München! Menschenskind, du hättest Richtung Heilbronn fahren müssen. Kennst du denn die Strecken nicht? Und mir hast du erzählt, du bist die ganze Zeit auf dem Bock herumgekurvt, weißt überall Bescheid. Ich habe dich noch an der Grenze gefragt, ob du die Strecke kennst, da hast du ja gesagt. Und ich Idiot lege mich pennen! Und wir fahren jetzt wieder zurück, stecken aber erst einmal in diesem verdammten Stau! Mensch, ich könnte dich erschlagen!“

      „Das ist ja alles so verwirrend, das soll einer begreifen, diese schwachsinnigen Schilder alle! Und überhaupt, über München ist es ja kürzer.“

      „Jetzt wird der Hund in der Pfanne verrückt“, meinte Klaus. „Mensch, wenn ich das Rolli erzähle, der flippt glatt aus. Über München kürzer! Kannst du das Wort Landkarte überhaupt buchstabieren? Da oben steckt eine, sieh sie dir mal an, du Spinner! Über München kürzer! Vielleicht, wenn du nach Wien willst oder nach Innsbruck oder nach Italien. Wir wollen aber nicht nach Italien, verdammt noch mal. Wir wollen nach Spanien, und da geht es nun mal über Mühlhausen, das ist die Autobahn Karlsruhe - Basel. Und wenn wir zu der hin wollen, verdammt noch mal, müssen wir über Nürnberg und Heilbronn fahren!“

      Paul kratzte sich am Kopf, zog die Landkarte heraus, als wollte er Klaus nachweisen, dass der unrecht hatte. Aber dann sah er wohl selbst, wie es mit seiner kürzeren Strecke über München aussah.

      „An Greding bist du vorbei, wie lange ist das her?“, wollte Klaus wissen.

      „Noch nicht lange“, behauptete Paul.

      „Dann ist Altmühltal die nächste“, überlegte Klaus laut. „Dann müssen wir in Altmühltal runter und auf die andere Seite und wieder zurück. O Heimatland!“

      „Dann wäre es ja besser“, meinte Paul, „wir fahren durch und nehmen die Stuttgarter Bahn von München aus.“

      „Ach, die kennst du wohl?“ Klaus hätte diesen Paul zusammenschlagen können. So ein Schwachkopf!, dachte er. Fährt Richtung München. Und ich Penner lege mich hin und schlafe, bilde mir ein, dass dieser verdammte Hirsch die Strecke kennt. Autobahn, jedes Kind weiß da Bescheid! Und der fährt mit unserem Zug Richtung München. Greding, das ist schon der halbe Weg zwischen Nürnberg und Ingolstadt. Nun fahren wir noch bis Altmühltal, dann wieder zurück. Ist aber immer noch besser, als über München zu fahren. Und jetzt stecken wir im Stau. Nichts geht mehr. O Heimatland, o Heimatland!

      Nach etwa zehn Minuten bewegte sich etwas, nicht weit, dann stand wieder alles. Dann ruckte es wieder ein Stück.

      „So, Sportsfreund, jetzt will ich dir was sagen“, erklärte Klaus. „Wenn der ganze Mist wieder in Bewegung kommt, fährst du die nächste Ausfahrt herunter, drüben auf der anderen Seite wieder drauf und zurück.“

      „Mach dir nicht gleich in die Hosen! Du brauchst das doch nicht zu bezahlen, das bisschen Sprit.“

      „Das bisschen Sprit, du Heini! Das ist doch nicht bloß der Sprit! Die Zeit, es ist doch unsere Zeit!“

      „Du kriegst dein Geld doch auch, wenn du lange unterwegs bist.“

      „Es ist eine Terminfracht, begreifst du das nicht?“

      „Allmählich“, meinte Paul, „geht mir das Ganze auf den Keks hier. Du führst dich auf wie der große Zampano. Wer bist du denn? Du bist genauso ein Fahrer wie ich, und jeder kann mal einen Fehler machen. Aber du tust, als wenn ihr dazugehört. Heißt du vielleicht auch Schalupke? Oder hast du was mit der Chefin?“

      „Rede ruhig weiter“, meinte Klaus ganz ruhig. „Rede weiter, und du wirst gleich eine in die Fresse bekommen. Das ist genau die Sprache, die ich am

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