Die Coltschwinger kommen: Extra Western Sammelband 7 Romane. Pete Hackett
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Will bluffte nicht. Seine Haltung, jede Silbe von ihm, jede Linie in seinem verkniffenen unrasierten Gesicht verrieten seinen kaum noch zu bändigenden Hass. Es war nicht nur Rachsucht, die ihn so aufpeitschte. Der tiefere Grund seines Hasses war ihm selbst sicher gar nicht bewusst: Eifersucht. Die Wut darüber, dass sein Vater so große Stücke auf Kelly hielt und ihn, Will, den eigenen Sohn, wie ein Stück Dreck behandelte. Seit ihrem Aufbruch ließ Tom Bancroft den jungen Kerl bei jeder Gelegenheit fühlen, dass er ihn für einen Versager und Taugenichts hielt, für eine Null im Vergleich zu seinem ehemaligen Sattelpartner Chad. Wills Entschlossenheit, endlich abzurechnen, galt nicht nur Chad, sondern auch seinem eigenen Vater. Das alles schoss Kelly binnen einer Sekunde durch den Kopf.
Widerwillig öffnete er die Schnalle seines Coltgurts. Gurt und Waffe klatschten auf die Erde. Chad wusste, was ihm bevorstand, wenn Will und seine Freunde sich mit ihm auf den Weg machten. Aber seine Miene blieb kalt und ausdruckslos. Noch hatten sie ihn nicht. Noch wartete er verbissen und ohne sich etwas anzumerken lassen auf eine Chance – oder wenigstens auf den Anschein einer Chance.
„Gut so“, lobte Will höhnisch. „Ich wusste ja, dass du nicht den Helden spielen, sondern vernünftig sein würdest. Steig jetzt auf. Lass die Finger vom Gewehrfutteral. Ben, Amigo, nimm du seine Winchester. Weiß der Teufel, auf was für Gedanken er sonst noch kommt. Pass auf, Ben, dass du nicht in meine Schusslinie kommst. Sieh ihn dir an, er wartet nur darauf, mir an den Kragen zu gehen, auch wenn er glaubt, ich merke das nicht.“
Will lachte aufreizend. Er wartete nur darauf, dass Chad die Nerven verlor. Aber der breitschultrige Smallrancher war nicht mehr jung und hitzig genug, sein Leben leichtsinnig aufs Spiel zu setzen. Es war lange her, dass er um seinen Skalp hatte kämpfen müssen. Doch die Erfahrungen von damals waren tief in ihm verwurzelt. Nur ein Mann, der eiserne Nerven behielt, hatte vielleicht die Chance, aus so einer heiklen Klemme herauszukommen. Und außerdem: Conchita wartete auf ihn!
Schweigend stieg Chad in den Sattel. Ben Osborne lenkte sein struppiges Rinderpferd neben ihn. In dem Moment als der Fuchsgesichtige die Hand nach Chads Winchester ausstreckte, peitschte auf der felsigen Höhe über ihnen ein Schuss.
Chad spürte für den Bruchteil einer Sekunde einen glühenden Luftzug am Hals. Der bösartig scharfe Knall lag ihm noch in den Ohren, da verwandelte sich Osbornes nur eine Armlänge entferntes Gesicht in eine grausige, blutüberströmte Maske. Wie der Bancroft-Reiter seitlich von seinem ausbrechenden Pferd stürzte, sah Chad schon nicht mehr. Hastig zerrte er seinen Schwarzbraunen herum. Da blitzte es droben wieder aus dem Schatten zerklüfteter Felsen.
Chad fuhr in den Bügeln hoch und griff sich mit einem heiseren Aufschrei an die Brust. Sein Pferd stürmte los. Der große breitschultrige Mann kippte wie eine Stoffpuppe aus dem Sattel, schlug dumpf in den Sand, rollte aufs Gesicht und rührte sich nicht mehr. Staub, von wirbelnden Hufen emporgerissen, wirbelte über ihn hinweg.
Will und Dwyer hatten ihre Revolver hochgeschwungen, sahen aber kein Ziel. Die nächste Kugel von der Höhe warf eine Sandfontäne vor den Hufen von Wills Pferd hoch. Der Ranchersohn riss mit verzerrter Miene den Gaul herum. „Weg hier!“, schrie er Dwyer zu.
Der gedrungene, derbgesichtige Cowboy feuerte blindlings, dann gab es nur das Dröhnen der wild davonrasenden Hufe zwischen den Felsmauern und Geröllhalden. Wie von Furien gehetzt, preschten Will und Dwyer auf ihrer eigenen Spur zurück. Danach vergingen fast drei Minuten, bis auf der Höhe über Chads reglos hingestreckter Gestalt Steine kollerten.
„Verdammt, das wäre beinahe schiefgegangen“, brummte eine raue, missmutige Stimme. „Geh hinab, Juan, und sieh nach, ob es ihn auch richtig erwischt hat.“
„Bestimmt gut genug, dass er Bancroft nicht mehr auf unsere Fährte führen kann.“
„Das will ich hoffen. Sieh trotzdem nach. Du weißt, wie Ringo reagiert, wenn es an einer Arbeit auch nur ‘n Haar auszusetzen gibt. Beeil dich, Hombre. Ich pass schon auf, dass dich keiner überrumpelt. Ich behalte den Finger am Drücker, bis du wieder hier oben bist. Los, geh schon.“
Chad verstand jedes Wort. Seine Muskeln und Sehnen spannten sich unmerklich, als er die knirschenden Tritte den Hang herabkommen hörte. Sporen rasselten dazu. Der Mann fluchte auf mexikanisch leise vor sich hin. Ein verflixt mulmiges Gefühl breitete sich in Chads Magengegend aus. Er hatte bei seinem vorgetäuschten Sturz vom Pferd versucht, möglichst nahe an seinen am Boden liegenden Coltgurt heranzukommen. Aber seiner Schätzung nach war die Waffe noch mindestens zwei Yard von ihm entfernt. Er konnte es unmöglich riskieren, den Kopf auch nur einen Zoll zu heben, über den angewinkelten Arm zu blinzeln und sich davon zu überzeugen. Die Schurken, die es auf ihn abgesehen hatten, würden bestimmt keinen Augenblick zögern, nochmals die Abzugshebel ihrer Gewehre durchzudrücken. Das waren Kerle, denen ein Menschenleben nichts bedeutete, solange es nicht ihr eigenes war. Wahrscheinlich waren ihre Schießeisen die ganze Zeit auf ihn gerichtet. Er verwünschte seine eigene Hilflosigkeit, und vor allem verwünschte er Will und Dwyer, die mir nichts, dir nichts Reißaus genommen hatten, obwohl es sich nur um zwei Gegner handelte. Für einen Mann allerdings, der sich tot stellte und außer dem Messer im Stiefel keine Waffe besaß, war schon einer dieser Banditen ein Gegner zu viel!
Die sporenklirrenden Tritte verstummten neben ihm. Chad hörte den gepressten Atem des Verbrechers. Er konnte seine Nähe förmlich spüren. Ihm war, als müsste der Halunke sehen, wie sich seine Nackenhaare sträubten, wie seine Muskeln vibrierten. Chad musste alle Willenskraft aufbieten, um sich jetzt noch nicht herumzuwerfen. Er biss die Zähne zusammen, dass die Wangenmuskeln schmerzten. Bäche von Schweiß strömten über sein halb in den Sand gepresstes Gesicht.
„Gut getroffen, Hooker“, rief der Mann neben ihm zur Höhe hinauf. „Der ist hinüber.“
„Dreh ihn um, du Narr!“, kam die wütende Antwort.
Chad spürte eine knochige, klauenartige Hand an der Schulter. Damit hatte der Mexikaner bereits den entscheidenden Fehler gemacht. In dieser gebückten Haltung konnte er unmöglich noch mit dem Gewehr auf den am Boden Liegenden zielen. Und Chad wusste genau, dass die Schufte auf diese Entfernung nicht mit Revolvern, sondern mit Karabinern geschossen hatten. Alles ging rasend schnell. Chad fühlte kaum die Berührung, da warf er sich herum.
Der Gewehrlauf war schräg über ihm. Chads Fäuste schnappten wütend zu, entrissen dem überraschten Verbrecher die Waffe und schmetterten den Kolben in das verzerrte gelbliche Gesicht. Mit einem dumpfen Aufstöhnen kippte der Kerl rücklings aus seinem Blickfeld weg. Chad rollte zwei-, dreimal um die eigene Achse, und wo er eben noch gelegen war, hieb ein Schuss von der Felskuppe in die Erde. Chad schwang das Gewehr herum, drückte den Kolben an die Schulter, sah die schattenhafte massige Gestalt zwischen den Felsblöcken auf dem Hang und den Mündungsblitz, der aus einer Pulverdampfwolke hervorglühte.
Der Karabiner in Chads Fäusten krachte um den Bruchteil einer Sekunde früher. Chad repetierte blitzschnell und jagte zwei weitere Kugeln zur Höhe hinauf, jeden Schuss je eine Handbreit links und rechts vom ersten, um eine eventuelle Ungenauigkeit der fremden Waffe auszugleichen. Die Detonationen verschmolzen zu einem einzigen lang hallenden Donnerknall.
Chad rollte weiter, hebelte die nächste Patrone in den Gewehrlauf und sprang auf. Der Kampf war bereits entschieden. Droben bei den Felsblöcken war der bärtige Hooker auf die Knie gesunken. Langsam neigte er sich vornüber, bis seine Stirn die Erde berührte, dann fiel er schwer auf die Seite. Vorsichtshalber behielt Chad dennoch den Finger am Abzug, als er zu ihm hinaufhastete. Aber der massige Verbrecher würde nie mehr einem Mann gefährlich werden.