Die neuen Reiter der Apokalypse. Michael Ghanem
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Armut, Reichtum und Wertewandel
Ronald Inglehart stellte die These des Wertewandels auf. Nach Inglehart entwickeln Menschen während ihrer Jugend eine entweder materialistische oder postmaterialistische Einstellung. Seine Theorie besagt, dass bei steigendem Wohlstand einer Gesellschaft der Materialismus (z. B. Neigung zu Sicherheit und Absicherung der Grundversorgung) abnimmt während der Postmaterialismus (z. B. Neigung zu politischer Freiheit, Umweltschutz) zunimmt. Zur statistischen Verifikation der Theorie wurde von Inglehart der sogenannte Inglehart-Index geschaffen. Dieser Index ist jedoch bei Sozialwissenschaftlern methodologisch umstritten. Zudem widerlegen empirische Studien die eindimensionale Entwicklung, die Inglehart vorhersagte (z. B. Klein 95). Nach Inglehart ist die heutige Generation postmaterialistischer als vorangegangene Generationen. Das rühre daher, weil sie in größerem Wohlstand aufgewachsen sei. Materialisten sind in der Regel Personen, die geringe formative Sicherheit (Ingleharts Wort für Armut) erlebt haben. Aus diesem Grund ist ihnen materieller Besitz wichtig. Sie neigen zu konservativen Werten, sind religiös und patriotisch. Das führt Inglehart darauf zurück, dass „absolute Werte“ wie Religion und Patriotismus Halt und Sicherheit bieten. In Armutssituation ist das besonders wichtig. Abtreibungen und Homosexualität werden von ihnen abgelehnt. Postmaterialisten hingegen haben eine hohe formative Sicherheit erlebt. Materieller Besitz ist ihnen nicht wichtig. Stattdessen streben sie nach sozialen Beziehungen, Anerkennung und Selbstverwirklichung. Politisch stehen sie eher links und engagieren sich stark in den „neuen politischen Bewegungen“ wie der Anti-AKW-Bewegung, der Friedensbewegung oder der Umweltschutzbewegung. Inglehart erklärt den Wertewandel in der westlichen Welt (Niedergang von Religiosität und Patriotismus, Aufstieg neuer Werte wie Umweltschutz) dadurch, dass das Ausmaß der absoluten Armut abgenommen habe.
Helmut Klages war vor deutschem Hintergrund der Meinung, dass in Armut aufgewachsene Generationen eher zu Pflicht- und Akzeptanzwerten neigten. Zu den Pflicht- und Akzeptanzwerten zählen zum Beispiel Pflichterfüllung, Fleiß, Selbstlosigkeit und Hinnahme Bereitschaft. In Reichtum aufgewachsene Generationen neigten eher zu Selbstverwirklichungswerten. Dazu zählen z. B. Spontaneität und Selbstverwirklichung.
Quelle: Seite „Armut“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 30. Januar 2020, 11: 34 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Armut&oldid=196333425 (Abgerufen: 31. Januar 2020, 10: 40 UTC)
Arbeitslosigkeit
Unter Arbeitslosigkeit (englisch unemployment, französisch chômage) versteht man in der Volkswirtschaftslehre das Fehlen von erwerbsorientierten Beschäftigungsmöglichkeiten für einen Teil der arbeitsfähigen und beim bestehenden Lohnniveau arbeitsbereiten Arbeitnehmer. Statistisches Pendant sind die offenen Stellen.
Allgemeines
Die Arbeitslosigkeit betrifft den Produktionsfaktor Arbeit, dessen Preis als Lohn bezeichnet wird und sich auf dem Arbeitsmarkt durch Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage bildet. Markttechnisch ausgedrückt ist die Arbeitslosigkeit der Überschuss des Arbeitsangebots über die Arbeitsnachfrage. Arbeitslosigkeit setzt mithin Arbeitsmärkte und zudem eine Arbeitsgesellschaft voraus. Dazu gehören Arbeitskräfte, die ihren Lebensunterhalt nicht über eigene Produktionsmittel (Landflächen, Immobilien, technische Produktionsmittel) bestreiten können, und eine marktwirtschaftliche Gesellschaftsformation. Eine Masse solcher Menschen – das industrielle Proletariat – entstand in der Frühmoderne mit den Bauernbefreiungen, der Bevölkerungsexplosion sowie der industriellen Revolution. Die damit entstandene soziale Frage (Pauperismus) führte ab dem 18. Jahrhundert auch zu ersten Formen staatlicher Straf-, Erziehungs- und Sozialsysteme und schließlich zu Beschäftigungspolitik. Die Lohnarbeiter organisierten sich ihrerseits in der Arbeiterbewegung (Gewerkschaften, Arbeiterparteien, Arbeitervereine, Genossenschaftswesen etc.), um die mit Arbeitslosigkeit und fremdbestimmter Lohnarbeit verbundenen Probleme gemeinsam besser bewältigen zu können.
Die Arbeitslosigkeit ist eines der zentralen Probleme der Wirtschaftspolitik, denn sie muss innerhalb des magischen Vierecks das Ziel eines hohen Beschäftigungsstandes erfüllen. Zum Zwecke der Zielerfüllung ist das vorhandene Arbeitsvolumen mit Hilfe wirtschaftspolitischer Maßnahmen über die gültigen Regelungen zur Arbeitszeit gleichmäßig auf das Erwerbspersonenpotential zu verteilen. Das Ziel gilt solange als verfehlt, solange eine deutliche Unterbeschäftigung oder Überbeschäftigung herrschen. Erst bei Vollbeschäftigung ist das Ziel als erreicht anzusehen, auch wenn es im Rahmen der Vollbeschäftigung noch eine geringfügige Arbeitslosigkeit geben kann. Die Arbeitslosigkeit ist erst im Falle der Markträumung auf dem Arbeitsmarkt vollständig beseitigt.
Begriffe
Begriffsgeschichte
Im Deutschen kam der Begriff Arbeitslosigkeit mit der Großen Depression in den 1890er Jahren auf.
Die Nationale Armutskonferenz (nak), ein Zusammenschluss von Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege in Deutschland, lehnt den Begriff „arbeitslos“ ab und schlägt vor, auf den Begriff „erwerbslos“ auszuweichen, da es viele nichtbezahlte Arbeitsformen gebe.
Arten
Folgende Arten von Arbeitslosigkeit werden unterschieden:
• Friktionelle Arbeitslosigkeit entsteht beim Übergang von einer Arbeitsstelle zu einer anderen, ist in der Regel nur von kurzer Dauer und auch in Phasen einer Vollbeschäftigung unvermeidlich.
• Saisonale Arbeitslosigkeit ergibt sich im Jahresverlauf aufgrund von Klimabedingungen (z. B. Arbeitslosigkeit in der Landwirtschaft im Winter oder in Freizeitparks) oder aufgrund von Nachfrageschwankungen (z. B. in der Gastronomie während der Nebensaison; Saisonbetriebe).
• Konjunkturelle Arbeitslosigkeit ist eine Folge von Konjunkturschwankungen. Bei Mangel an Absatzmöglichkeiten entlassen die Unternehmen im Abschwung Arbeitskräfte, die sie im Aufschwung wieder einstellen.
• Strukturelle Arbeitslosigkeit: Sie ist das Ergebnis fortdauernder Strukturkrisen oder Ungleichgewichte zwischen der Struktur des Angebots und der Nachfrage nach Arbeitskräften. Zur strukturellen Arbeitslosigkeit zählen:
• Merkmalsstrukturelle Arbeitslosigkeit: Ursächlich sind hier die Unterschiede zwischen der Qualifikation der Arbeitslosen und den Anforderungen bei den offenen Stellen, beispielsweise wenn Arbeitslose nicht die Qualifikationsanforderungen für eine Beschäftigung erfüllen (englisch mismatch).
• Sektorale Arbeitslosigkeit: Ursächlich sind