Die neuen Reiter der Apokalypse. Michael Ghanem

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Die neuen Reiter der Apokalypse - Michael Ghanem

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Mitglieder der UN haben sich beim Millenniumsgipfel im Jahr 2000 auf das Ziel geeinigt, bis zum Jahr 2015 die Zahl derer, die weniger als 1 US-Dollar am Tag haben, zu halbieren (Punkt 1 der Millenniums-Entwicklungsziele).

      Die größte Zahl armer Menschen lebt in Asien. In Afrika ist der Anteil der Armen an der Bevölkerung überdurchschnittlich hoch. Während durch einen wirtschaftlichen Aufschwung in Teilen Asiens der Anteil der Armen deutlich zurückging (in Ostasien von 58 auf 16 Prozent), hat sich in Afrika die Zahl der Ärmsten erhöht (in Afrika südlich der Sahara von 1981 bis 2001 fast verdoppelt). In Osteuropa und Zentralasien wurde eine Zunahme der extremen Armut auf 6 Prozent der Bevölkerung errechnet.

      Ursachen

       Es gibt in der Wissenschaft verschiedene Theorien darüber, was die Ursache der (wirtschaftlichen) Armut sei. Generell wird zwischen der Soziologie der Armut, die vor allem die Ursachen der Armut ergründen will, und der Armutsforschung unterschieden, die den Armen helfen will, ihr Leben zu verbessern.

      Ursachen für die Armut von Ländern

      Geodeterminismustheorie

      Die Geodeterminismustheorie geht davon aus, dass die Armut eines Landes durch seine ungünstige geographische Lage bedingt sei. Als wichtiger Faktor wird das Klima genannt. Neben dem Klima jedoch ist unter anderem der Anschluss ans Weltmeer eine Grundvoraussetzung, um aktiv am Welthandel teilzunehmen. Länder wie Tschad in Zentralafrika haben keinen Zugang zum Meer, was als einer der Gründe angesehen wird, weshalb es dort eine hohe Armut gibt. Diese Länder werden als Landlocked Developing Countries bzw. Entwicklungsländer ohne Meereszugang bezeichnet. Zugleich gibt es sehr hoch entwickelte Binnenländer wie die Schweiz.

       Weitere Faktoren sind der Zugang zu fruchtbarem Land, frischem Wasser, Energie und natürlichen Ressourcen. Eine Landesform, die Kommunikation zulässt, ist ebenso wichtig. So wurde zum Beispiel im Afrika südlich der Sahara die Kommunikation mit dem Rest der Welt durch die Wüste Sahara und das Weltmeer erschwert. Das sei einer der Gründe dafür, warum es in Schwarzafrika nur wenige Technologien gebe.

      Ressourcenfluchtheorie

       Jeffrey Sachs, Andrew Warner und Richard Auty gehen davon aus, dass es einen Ressourcenfluch gebe. In armen Ländern profitiert die Bevölkerung oft nicht von den eigenen Ressourcen, wie zum Beispiel vom Erdöl. Die Ressourcen werden von einer kleinen korrupten Elite und Unternehmern aus Europa und den USA ausgebeutet. Es kommt zu Umweltzerstörung und bewaffneten Konflikten um die Ressourcen. Die Folge davon ist größere Armut.0 Aus diesem Zusammenhang stammt auch der Begriff Blutdiamanten. Er wurde im Zusammenhang mit der Verwicklung von Diamanten und den Bürgerkriegen in Sierra Leone, Liberia, Angola und dem Kongo geprägt, wo Diamanten genutzt wurden, um Truppen zu finanzieren und so zur Verlängerung des Konfliktes beigetragen haben.

      Demographische Theorien

      Anhänger demographischer Theorien sehen das Bevölkerungswachstum als Grund für Armut und Unterentwicklung. Der erste Anhänger demographischer Theorien war Thomas Robert Malthus. Malthus hatte den Zusammenhang zwischen Bevölkerungswachstum und Hungersnöten im historischen Europa studiert. Er ging davon aus, dass die Bevölkerungszahl eines Landes exponentiell steige, die Nahrungsmittelproduktion in derselben Zeit aber nur linear. Wenn ein Anwachsen der Bevölkerung nicht verhindert werden könne, so werde es zu Hungersnöten kommen. Durch diese werde die Bevölkerung reduziert, fange jedoch nach Abklingen der Hungersnot wieder an zu wachsen, bis es dann zur nächsten Hungersnot komme. Auf Grund dieser Überlegungen rief Malthus zur Abstinenz auf.

       Heute sehen die meisten Entwicklungshilfeorganisationen eher Verteilungsungerechtigkeit statt Überbevölkerung als Ursachen für Armut und Hunger.

       Von Kritikern wird jedoch eingewandt, dass die Industrieländer die wirklich überbevölkerten seien. Menschen in den Industrieländern würden weit mehr zum Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen und zum weltweiten CO2-Ausstoß beitragen. Die Menschen in den Entwicklungsländern hingegen müssten die Konsequenzen für den Lebensstil im Westen tragen, da sie sich schlechter gegen die Auswirkungen des Klimawandels wehren könnten.

       Auch wird darauf hingewiesen, dass oft die Armut selbst der Grund für hohe Kinderzahlen sei. Umfragen haben gezeigt, dass die Frauen in den Entwicklungsländern oft mehr Kinder bekommen, als sie sich wünschen. Viele Frauen gaben an, verhüten zu wollen, wenn sie die Möglichkeiten dazu hätten. Hier setzen Organisationen wie zum Beispiel die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung an, die Familienplanungs- und Aufklärungsprojekte fördern.

      Stufen- bzw. Modernisierungstheorien

       Stufentheorien gehen davon aus, dass Armut eine normale Entwicklungsphase einer jeden Gesellschaft sei, die schlussendlich überwunden werde (vgl. Fortschritt).

      Karl Marx war der Ansicht, dass es aufgrund gegensätzlicher ökonomischer Interessen zum Klassenkampf komme. Im Rahmen der Klassenkämpfe könnten die Ausgebeuteten (Sklaven, Bauern oder Proletarier) sich revolutionär erheben. Indem in einer gesetzmäßigen Kette solcher Revolutionen das „letzte Gefecht“ mit einem Sieg der Arbeiterklasse gegen die Kapitalisten ende, ende auch die Ausbeutung überhaupt und es komme zur klassenlosen Gesellschaft, das „Reich der Freiheit“, wo es keine Armut durch Ausbeutung mehr gebe. Diesen Gedankengang proklamierten Karl Marx und Friedrich Engels im Manifest der kommunistischen Partei.

       Zu den Stufentheorien der Armut zählen auch die Modernisierungstheorien. Diese sehen als Grund für Armut und Unterentwicklung endogene Faktoren traditioneller Gesellschaften wie z. B. mangelnde Investitionsneigung, Korruption, Misswirtschaft, Mangel an Good Governance. Die Überwindung der Armut erfordere einen Prozess der technischen, organisatorischen und kulturellen Modernisierung. Zu den bekanntesten Modernisierungstheoretikern zählt Walt Whitman Rostow. In seinem Werk The Stages of Economic Growth: A Noncommunist Manifesto beschreibt er die Abfolge von fünf Stufen der wirtschaftlichen Entwicklung. Eine traditionelle Gesellschaft entwickelt sich danach im Anschluss an einen Take off zur Reife und zur Gesellschaft des Massenkonsums.

      Die vorgenannten wirtschaftsbasierten Theorien setzen allerdings eine konsumistische und eurozentrische Definition von Armut voraus (s. o.). Sie berücksichtigen nicht, dass viele traditionelle indigene Gemeinschaften eine vollkommen andere Auffassung von Armut haben, die z. B. nicht am Umfang des Privateigentums gemessen wird. Demnach beginnt die Entwicklung nicht mit Armut, sondern – im Gegenteil – mit der ursprünglichen Wohlstandsgesellschaft (nach Marshall Sahlins), die von weitgehender Bedürfnisbefriedigung und reichlich arbeitsfreier Zeit für alle Menschen gekennzeichnet war.0 Zudem widerspricht den Theorien die Tatsache, dass die Spanne zwischen Arm und Reich in marktwirtschaftlichen Gesellschaften größer ist als bei vielen traditionellen Wirtschaftsweisen.

      Teufelskreis der Armut

      Die Meinung, dass es einen Teufelskreis (vicious circle) der Armut gäbe, ist in der Wissenschaft oft zu hören. Demnach kommt es vor, dass Arme, wenn sie sehen, dass sie mit ihren begrenzten Mitteln ihre Ziele nicht erreichen, dem Fatalismus verfallen. Dieser Fatalismus führt zu größerer Armut. Als Vertreter dieser Theorie sind Robert K. Merton und Mario Rainer Lepsius zu nennen. Einschlägig sind auch die Arbeiten von Oscar Lewis. Lewis erforschte die Lebensbedingungen in lateinamerikanischen Slums. Für eines der kulturellen Milieus, das er dort vorfand, prägte den Begriff „culture of poverty“. Laut Lewis ist die Lebensweise der Mitglieder der Kultur der Armut von Fatalismus einerseits und dem Streben nach sofortiger (oft sogar verschwenderischer) Bedürfnisbefriedigung andererseits geprägt. Diese Lebensweise sei einerseits Reaktion auf die Armut, führe aber andererseits zu noch größerer Armut. Lewis betont jedoch auch, dass nicht jeder Arme Mitglied einer Kultur

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