Wach da sein. Klaus Fahrendorf
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Wach da sein - Klaus Fahrendorf страница 5
ohne beeinflusst zu sein
von eurer persönlichen Intelligenz,
ohne euch wichtig zu nehmen
wegen der Erfahrung,
die ihr im Dôjô20 erworben habt –
stürzt euch ganz und gar in Kômyôzô21,
mit der gesamten Energie eures Körpers
und eures Geistes,
ohne euch umzuwenden,
um die Zeit zu betrachten.
Sucht nicht das Satori22.
Hört nicht auf Mayoi23,
die illusorischen Erscheinungsformen.
Hasst nicht die Gedanken,
die auftauchen,
liebt sie auch nicht und vor allem:
nährt sie nicht.
Auf alle Fälle, wie dem auch sei,
müsst ihr das große Sitzen praktizieren,
hier und jetzt.
Wenn ihr einen Gedanken nicht nährt,
so wird er von selbst nicht wiederkommen.
Wenn ihr euch der Ausatmung hingebt
und euch von der Einatmung anfüllen lasst,
in einem harmonischen Kommen und Gehen,
dann bleibt nicht mehr
als ein Zafu unter dem leeren Himmel,
das Gewicht einer Flamme.“24
Der Text ist nach meiner Empfindung so eindrücklich, dass er eigentlich keiner weiteren Kommentierung bedarf. Er entfaltet aus sich heraus seine Wirkung. Nur zwei Dinge möchte ich ergänzend anmerken:
Hingabe an die Atmung ist etwas, das über ein bloß physiologisches Geschehen hinausgeht, in dem Blut mit Sauerstoff angereichert und Kohlenstoff ausgeschieden wird. Es bedeutet ein Atmen, in dem wir uns dem Leben, das dadurch ermöglicht wird und sich in jedem Einatmen und Ausatmen manifestiert, vollständig überlassen. „Es geht um den Atem, der uns Leben verleiht.“25
Der Zustand vollständiger Loslösung von Illusionen in einem harmonischen Kommen und Gehen des Atems besteht nicht darin, dass Empfindungen verschwinden und ausbleiben, sondern darin, „in Bezug auf sie frei zu sein. Das bedeutet nicht, der Dualität den Rücken zuzukehren, sondern sie vielmehr in die Einheit des Bewusstseins zu integrieren, es bedeutet, stiller Zeuge der illusorischen Erscheinungen zu sein.“26
„Dann bleibt nicht mehr
als ein Zafu unter dem leeren Himmel,
das Gewicht einer Flamme.“
12 Zafu (jap.), ein rundes, meist mit Kapok gefülltes Meditationskissen.
13 Zazenkai (jap.) =Meditationstag.
14 Koan (jap.), dazu vgl. schon Fußnote 4.
15 Abgedruckt in „Finde tiefen Glauben in dir selbst – ZEN-Koans in heutiger Zeit, 2018, Kapitel 10, S. 351 ff.
16 Dokusan ist das persönliche Gespräch zwischen Lehrer und Schüler im sog. Dokusan-Raum, welches während der laufenden gemeinschaftlichen Meditation und ebenfalls in Meditationshaltung stattfindet. Es dient dazu, Fragen zur Übung des Schülers zu behandeln, und gibt dem Lehrer die Möglichkeit, die Meditation dem Übungsstand des Schülers entsprechend zu unterstützen.
17 Vgl. Kosho Uchiyama Roshi, Weg zum Selbst, 1973, S. 73 ff.
18 Kômyô = spirituelles Licht/große Weisheit; zô = Schatzkammer, Speicher. Zanmai (jap.) = Samadhi (Skrt.) bedeutet Sammlung, Versenkung.
19 Kômyôzô Zanmai – Das Licht des Satori, nach den Kommentaren von Taisen Deshimaru-Roshi herausgegeben und kommentiert von Evelyn de Smedt, 2001, S. 12.
20 Dojo (jap.), Synonym für Zendo (jap.), also die Halle oder der Raum, in dem Zazen, also die Sitzmeditation in Gemeinschaft geübt wird.
21 In die Schatzkammer der großen Weisheit also.
22 Satori (jap.), Synonym für Kensho, Zen-Termini für die Erfahrung des sog. Erwachens oder der sog. Erleuchtung.
23 Mayoi (jap.), wörtlich Irrtum, Wahn, Täuschung, also Verblendung.
24 A.a.O., S. 20, 36 und 40.
25 Evelyn des Smedt, a.a.O., S. 31.
26 Evelyn des Smedt, a.a.O., S. 39.
04
Unruhe und Sein-Lassen
Am Wochenende las ich ein Zeitungsinterview mit Ralf Konersmann, einem Philosophen, der ein Buch über „Die Unruhe der Welt“ geschrieben hat, ein Sachbuch-Bestseller im Moment. Die Überschrift des Interviews lautete plakativ: „Stillstand“ und rührte wohl von der letzten Frage und der diesbezüglichen Antwort her. Die Frage lautete: „Also kann Ruhe nicht das Ziel sein?“, und die Antwort: „Natürlich ist Stillstand keine Option.“
Eine kaum bemerkbare und offenbar von den Beteiligten nicht registrierte Gleichsetzung von „Ruhe“ und „Stillstand“! Und das wird noch vertieft durch den späteren Satz: „Ich wüsste nicht, was das reine Nichtstun bringen sollte.“
Diese Aussagen bedürfen in mehrfacher Hinsicht aus der Sicht des Zen und der Zen-Kontemplation einer gründlichen Betrachtung und einer Entgegnung. Dies auch schon deshalb, weil wir mit dem, was wir hier (und im Leben) tun, genau auf diese Voreingenommenheit und Vereinfachung stoßen, die sich in diesem Zeitungsinterview zeigt. Das Interview und jenes philosophische Denken in – zudem auch nur sehr unsauber und unabgegrenzt benutzten – Begriffen kann nicht (und will offenbar auch nicht) wahrnehmen und wahrhaben, dass ein Mensch des wahren Nichtstuns immer auch im Tun ist. Wie mein Meister, P. Johannes Kopp (Hôun-Ken Roshi), aus