Wach da sein. Klaus Fahrendorf

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Wach da sein - Klaus Fahrendorf

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seiner abendlichen Kurz-Unterweisungen mit dem Titel: “The Jewel Illuminating All Things” sagte er: „Unless we turn the light within to illuminate the self, how can we hold close the jewel when we are lost in the outlying countryside?”35 Und er beantwortete dies sogleich, indem er darauf verwies, dass wir nicht außerhalb suchen sollen, sondern dass es darauf ankommt, in einen Einklang, in die unmittelbare Wahrnehmung der Übereinstimmung zu kommen von Form und Inhalt, von Wahrnehmung und Sein36.

      Dies ergänzte Dôgen Zenji in der darauffolgenden Abend-Unterweisung: „ The sounding of the mind must be simply the sounding of emptiness. What we call the sounding of mind is actually the sounding of a bell37. If the windbell does not sound, the mind does not sound. How can we call this the mind’s sounds?”38

      Yamada Kôun schreibt zum Koan von Ummons kostbarem Schatz folgende wegweisende Sätze, die ich euch nicht vorenthalten möchte: „Sobald wir diese Ebene erreicht haben, ist die Trennung von ZEN und Christentum verschwunden. Es war Christus selbst, der gesagt hat: ‚Das Reich Gottes ist in euch.‘ Könnte es vielleicht tatsächlich so sein, dass das Reich Gottes nichts anderes ist als dieses Juwel, dieser kostbare Schatz? Die Christen, die hier im Zendo sind, möchte ich in allem Ernst bitten, durch ihr Sitzen das Reich Gottes in sich zu entdecken.“39

      Ja, ein buddhistischer Zen-Meister weist uns auf die biblische Botschaft hin und fordert uns auf, sie zu realisieren in der Entdeckung dessen, worum es Jesus ging. Darum, es uns als wunderbare Möglichkeit aufzuzeigen, dahin frei werden zu können, uns davon abzubringen, es dort oder dort zu suchen, und zu glauben, es in Raum und Zeit irgendwo finden zu können. „Man kann [auch] nicht sagen: Seht, hier ist es! Oder: Dort ist es!“ (Lk 17, 21).

      Als ich dies niederschrieb, schaute ich auf und sah die sich gerade geöffneten weißen Kirschblüten des alten, großen Kirschbaums, den ich als junger Familienvater im Jahre 1980 als kleines Stämmchen, welches kürzer war als ich, gepflanzt hatte.

      Was sehe ich da?

      Dôgen Zenji zitiert in seiner Abend-Unterweisung über das Juwel, welches alle Dinge erleuchtet, als Antwort auf seine eingangs gestellte Frage an seine Mönche: „Unless we turn the light within to illuminate the self, how can we hold close the jewel when we are lost in the outlying countryside?“ den chinesischen Mönch und Dichter Gaocheng Fazang, und das möchte ich zum Abschluss auch tun:

       „When the ear is in accord it is like the [receptive] spirit of the empty valley, and loud and soft sounds are never lacking. When the eye is in accord it is like the illumination of a thousand suns, and the ten thousand forms cannot escape their images.”

      Seine Unterweisung schloss er nach dem Zitat von Gaocheng Fazang so ab:

       „If we seek outside of sounds and colors, Bodhidharma’s coming from the west is a great fault.”40

      Wie können wir einen solchen Fehler vermeiden? Sollen wir in Tönen und Farben suchen? Vorsicht! Vorsicht!

       “Weiße Kirschblüten

       in einer Silberschale,

       welche blau sich wölbt.”

      Dieses Haiku kam mir in der Kirschblüte vor meinem Fenster.

      Erfreuen wir uns dieses Frühlings mit all unserer Lebenskraft und mit dem Wagnis des Aufbruchs.

      Die Kirschblüten wissen nicht, was aus ihnen alles wird. Macht nichts. Sie blühen einfach.

      Danke!

      31 Hekiganroku, Fall Nr. 62.

      32 Yamada Kôun, Hekiganroku, Band 2, 2002, S. 118.

      33 A.a.O.

      34 Shôbôgenzô, Band I, aus dem japanischen Urtext ins Deutsche übertragen von Ritsunen Gabriele Linnebach und Gudô Wafu Nishijama Roshi, 3. Auflage, 2013, S. 309; vgl. auch Dôgen‘s Extensive Records, 2010, Volume 8, S. 533 und Volume 4, S. 269; japanischer Urtext: „ekô hen shô“.

      35 Dôgen‘s Extensive Records, Volume 4, S. 268 f. (Dharma Hall Discourse Nr. 282 “The Jewel illuminating all Things).

      36 Vgl. A.a.O., S. 269.

      37 Dazu sei auf Koan Nr. 29: Nicht der Wind, nicht die Fahne und das Teisho dazu in: Finde tiefen Glauben in dir selbst – ZEN-Koans in heutiger Zeit, 2018, S. 219 ff. hingewiesen, wo auch Fall Nr. 18 Denkôroku mit Gayashata und der Windglocke behandelt wird.

      38 A.a.O., S. 269 (Dharma Hall Discourse Nr. 283).

      39 Yamada Kôun, a.a.O., S. 118.

      40 A.a.O., S. 269.

       06

       Das Leben sehen

      Der Frühling ist nun mit voller Kraft da. Allenthalben blüht, grünt und sprießt es.

      Auch unser Kirschbaum steht jetzt in vollster Blüte. Vor strahlend blauem Himmel konnten wir ihn gestern bei schon sommerlicher Wärme bewundern.

      Am letzten Montag fragte ich, als ich von meinem Blick auf die gerade sich erst öffnenden Kirschblüten sprach: „Was sehe ich da?

      Gestern kam die Frage, angeregt und ausgelöst durch die Lektüre einer wunderbaren Darlegung zum Herz-Sutra – einem für die zenbuddhistische Tradition zentralen Text – von dem vietnamesischen Zen-Meister Thich Nhat Hanh41: „Woher kommen alle diesen Kirschblüten auf einmal?“ Eine kindliche Frage, so könnte es scheinen. Es ist aber – wie so viele von sog. Erwachsenen als kindliche Fragen abgetane Fragen – eine weit reichende, besser vielleicht: eine tief gehende Frage. Waren die Kirschblüten vorher nichts? Wo waren sie? Wir können dazu biologisch richtige Antworten geben, deren Einzelheiten hier nicht wichtig sind. Wichtig ist, dass wir dabei sehen, was jegliche Existenz von belebter und sog. unbelebter Materie, von fühlenden und von nicht fühlenden Dingen ausmacht: der laufend stattfindende Wechsel, der ständige Wandel, die endlose Transformation, in der alles, was existiert, nicht in nichts verwandelt werden kann. Und genauso wenig aus nichts geboren werden kann. Es gibt nur ein Fortdauern in stetem Wandel, in der (Un-)Beständigkeit des ständigen Wechsels von Augenblick zu Augenblick.

      Dies hat – wie Thich Nhat Hanh zu Recht betont – „nichts mit dem Glauben an Reinkarnation zu tun, sondern es ist die Geschichte vom Leben auf der Erde“42, und zwar auch „unseres“ Lebens als Menschen auf dieser Erde.

       „Nichts kann geboren werden, und folglich kann auch nichts sterben.“43

      Um diese Natur der Welt, um dieses Geheimnis des Lebens nicht nur gedanklichphilosophisch, sondern im Wege einer Erfahrung zu erkennen, geht es im Zen. Zen tritt so nicht in Konkurrenz zu den verschiedenen Religionen und ihren Glaubensinhalten, sondern stellt ein Angebot dar für jeden, durch die Übungspraxis und die radikalen Impulse des Zen in seiner Tradition und/oder auch nur in seinen Lebensfragen tiefer „voran“ zu kommen. Wodurch? Durch ein Transparentwerden der Trennungen, wie sie unser „Subjekt-Objekt-Bewusstsein“ ständig wie von selbst vornimmt. So möchte ich es beschreiben.

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