Die Jüngerbriefe. Roman Nies

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Die Jüngerbriefe - Roman Nies

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etwas, was noch unerhört war in Bezug auf den Glauben an Jesus Christus: „und in all dem, worin ihr durch das Gesetz des Moses nicht gerecht werden konntet, ist der gerecht gemacht, der an ihn glaubt.“ (13,38-39) Wie? Die Torah konnte nicht gerecht machen, aber der Glaube an Jesus kann es?

      Das hatte noch niemand so gesagt! *6 Hier ermahnt Paulus auch die Juden und sagt ihnen, da sie das Evangelium zurückweisen würden, würde es den Nationen verkündet werden (13,46). Paulus war nicht nur Lehrer, sondern auch Prophet, denn genauso kam es!

      Ab hier wird die Apostelgeschichte zu einer Paulusgeschichte. Petrus erscheint nur noch einmal bei der Apostelkonferenz in Ap 15. Da waren von der Gemeinde in Jerusalem Brüder nach Antiochien gekommen und hatten gesagt: „Wenn ihr euch nicht beschneiden lasst nach der Ordnung des Moses, könnt ihr nicht selig werden. " (Ap 15,1)

      Paulus hat dem heftig widersprochen. Was die Brüder von Jerusalem vertreten, ist also genau das Gegenteil von dem, was Paulus bereits den zyprischen Juden gesagt hat. Doch die Beschneidungsbefürworter stammten von der Gemeinde in Jerusalem. Dass sie so auftreten konnten, zeigt, dass die Jünger in Jerusalem, vereinfacht gesagt, Jesus plus Torah lehrten, Paulus lehrte jedoch Jesus ohne Torah.

      Paulus und Barnabas wurden nach Jerusalem geschickt „um dieser Frage willen“. Daraus muss man folgern, dass diejenigen, die aus Jerusalem gekommen waren, sich lehrmäßig weitgehend mit den Jüngern in Jerusalem auf einer Linie befanden. Wie sonst hätten sich die Brüder aus der Gemeinde in Jerusalem trauen können, nach Antiochien zu reisen und die Beschneidung zu fordern, auch wenn sie niemand dazu ermächtigt hatte! Wie sonst wäre man überhaupt in Jerusalem auf die Idee gekommen, Paulus und Barnabas einzubestellen, wenn das Halten oder Nichthalten der Torah bereits so vertreten wurde wie bei Paulus? Es ging hier nicht um Kleinigkeiten! Juden waren schon immer diskussionsfreudig. Abweichende Meinungen stellten kein Problem dar, es sei denn es ging um Grundlagen des Glaubens. Die Juden hatten damals nicht weniger Respekt vor der Torah als gläubige Juden heute. Die Torah war heilig und unantastbar. Das übersehen Christen oft heutzutage.

      Die Geschichte mit Kornelius war also nicht so ausgelegt worden, dass man nicht mehr beschneiden oder nicht mehr die Torah lehren müsste. Das sagt die Bibel zur Geschichte um Kornelius auch gar nicht, sondern es geht nur darum, dass man begriff, dass die Nichtjuden sehr wohl gerettet werden konnten und zwar auch schon in diesem Äon! Nicht erst im messianischen Reich. Das wusste man aus den Propheten, dass sich im messianischen Reich die Nationen dem Messias unterordnen würden. Aber doch nicht schon vorher! Doch, jetzt wusste man es, einzelne durften dazu gehören.

      Als Paulus und Barnabas in Jerusalem ankommen, ergreifen Gläubige aus der Gruppe der Pharisäer, das waren ja die Hüter der Torah, das Wort und sagen: „alles schön und gut, wenn so viele Heiden gerettet werden wollen“, und „aber man muss sie beschneiden und lehren die Torah zu halten“ (15,5). Anstatt, dass die Apostel nun gesagt hätten, „nein, nein, der Paulus hat Recht, selbstverständlich müssen sie sich nicht beschneiden lassen und selbstverständlich müssen sie nicht die Torah halten, mit all diesen Feiertagen und Speisevorschriften“, usw., heißt es: „Da kamen die Apostel und die Ältesten zusammen, über diese Sache zu beraten." (15,6) Nicht nur das, man „stritt" sich sogar darüber (Vers 7)! Was gab es da zu streiten? Entweder man ist sich völlig eins, dass alles so weiterläuft wie bisher: Torah mit Beschneidung! Oder man hat bereits das gelehrt, was dann die spätere Amtskirche lehrte: nur ein Teil der Torah sei noch gültig. *7 Nichts von alledem!

      Wenn man sich aber darüber stritt, bedeutet das, dass man sich nicht im Klaren war und es unterschiedliche Positionen gab! Wie deutlich braucht man es eigentlich noch, um zu verstehen, dass die Jünger Jesu und die Jerusalemer messianischen Juden ein anderes Evangelium verkündeten als Paulus? Im Kern war es die gleiche Botschaft über den Messias Israels als Retter Israels und der Nationen. Sie verkündeten aber Christus plus Torah. Man kann das bei Jakobus in seinem Brief an die jüdische Diaspora in Kap 2 bestätigt finden!

      Und an dieser Stelle, wo sie sich stritten, ergreift Petrus wieder das Wort. Aus dem, was er sagt, ergibt sich, dass die Geschichte mit Kornelius schon lange zurückliegt! Petrus bezeugt, dass Gott die Herzen der Heiden durch den Glauben reinigte (15,8)! Das ist paulinisch! Durch den Glauben reinigte, nicht durch Werke! Nicht durch Einhalten der Torah! Und dabei macht Petrus die erstaunliche Aussage: „Warum versucht ihr denn nun Gott dadurch, dass ihr ein Joch auf den Nacken der Jünger legt, das weder unsre Väter noch wir haben tragen können?“ (15,10). Was meint Petrus mit dem Joch? Natürlich die Torah! Nicht einen Missbrauch oder ein falsches Verständnis der Torah, denn als Gott die Juden anwies, die Torahgebote zu halten, gab Er ihnen kein falsches Verständnis davon und hieß sie auch nicht zum Missbrauch an! *8 Und Petrus fragt: „Warum sucht ihr…?!“ Also „ihr“, nicht die Sadduzäer, nicht die Juden aus der Synagoge, sondern „ihr“!!! Die Angesprochenen waren also dafür, dass die Nichtjuden die ganze Torah halten sollten. Und hier kommt das Glaubensbekenntnis von Petrus „Vielmehr glauben wir!“: „Vielmehr glauben wir, durch die Gnade des Herrn Jesus selig zu werden, auf gleiche Weise wie auch sie." (15,11) Das verblüffte die Anwesenden so, dass zunächst einmal alle schwiegen. Die waren fassungslos! Aber keiner gab Petrus Recht!

      Jetzt hätte doch eigentlich ein klares Ja, kommen müssen, wenn die Brüder in Jerusalem wirklich geglaubt hätten, dass der Glaube in Jesus gereicht hätte. Dass war natürlich nicht ihr Glauben! Jetzt hätte doch ein klares Bekenntnis zu Petrus kommen müssen, wenn man wirklich dies in seiner Evangeliumsverkündigung gehabt hätte, dass der Glauben an Jesus ausreicht! Es kam auch nicht das, was heutzutage gerne gesagt wird: Der Glauben an Jesus allein rettet, aber das beinhaltet ja das Halten seiner Gebote. Aber anscheinend ist es nicht ganz so einfach, denn sonst würden nicht manche am Sabbat ruhen und andere am Sonntag.

      Petrus vertritt hier in seiner Ansprache anscheinend die „sola gratia“ der Reformationssprache! Aber nein, es kommt nichts von den Brüdern, keine Zustimmung, und zur Ablehnung hatte es ihnen die Sprache verschlagen, denn hier sprach Petrus, der ein besonderes Vertrauensverhältnis zu Jesus gehabt hatte und zwei Mal in Jerusalem öffentlichkeitswirksam eine Rede ganz im Geist der alten Propheten gehalten hatte.

      Weil die Brüder so reagierten und sich über das Neue in der Verkündigung stritten, kann dieses Neue auch nicht Bestandteil des Evangeliums der Brüder in Jerusalem gewesen sein. Man kam auch nicht auf die versöhnliche Formulierung, dass doch Glauben und Werke im Grunde eins waren. Das hätte niemand geholfen. Dass hier Petrus etwas ganz Neues angesprochen hat, ergibt sich logisch aus der Darstellung der Ereignisse, es entspricht jedoch keiner Kirchentradition. Zwar hat die Kirche einerseits die menschliche Vernunft mit ihren Vernunftschlüssen nicht als maßgeblich für den Gottesmenschen bezeichnet, andererseits hat sie griechischer Vernunft-Philosophie gegenüber dem biblischen Wort den Vorzug eingeräumt. Ein Großteil der kirchlichen Theologie baut auf hellenistischem Gedankengut der ersten Jahrhunderte.

      Jakobus, den man hinsichtlich der Beeinflussung durch den Hellenismus, dem viele seiner Landsleute erlegen waren, bescheinigen kann, dass er ein „Reiner“ war, stimmte mit Paulus nicht überein. Paulus war ein Schriftgelehrter, der sich auch in griechischer Philosophie auskannte. Musste man ihn deshalb eines Tabubruchs verdächtigen, wenn er den Griechen nicht gebot, die Torah zu halten, wenn sie sich dem einzig richtigen Glauben, nämlich den Glauben an den Gott Israels, zuwenden wollten?

      Bevor es dazu kommen konnte, hat der heilige Geist an dieser Stelle eingegriffen und Jakobus inspiriert. Jakobus gab Petrus nicht wie selbstverständlich recht, er, von dem wir ja persönlich wissen (Jak 2), dass er der Meinung war, dass die Erfüllung der Torah zum Erwerb des Heils dazugehörte. Aber er gab ihm indirekt doch recht, als er die Devise ausgab, dass man doch diejenigen aus den Nationen, die sich zu Jesus und dem Messiasglauben bekehrten „nicht beschweren soll, sondern ihnen schreibe, dass sie sich enthalten sollen von Befleckung durch Götzen und von Unzucht und vom Erstickten und vom Blut.“ (15,19-20)

      Was

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