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des Journalismus zurück. Vielleicht war es dieser anderen Sichtweise geschuldet, dass er sie unvermittelt in den Arm nahm, sie fest an sich drückte,

      »Halt mich jetzt bitte nicht für verrückt, könnte nicht doch einer der Besucher in Deinen und meinen Aufzeichnungen geschnüffelt haben? Ich glaube Dir, Du hast mich noch nie belogen und wenn Du versicherst, nicht meine Notizen zu lesen, dann stimmt das. Es macht mich ganz verrückt, in dieser Ungewissheit zu leben und nicht zu wissen wie es mit mir weitergehen soll. Das hier«, er klopfte auf sein steifes Knie, »Soll mich nicht an meiner Arbeit hindern. Ordentlicher Journalismus braucht nicht zwingend zwei gesunde Beine.«

      »Das ist gut zu wissen und ich kann Dir nur erneut bestätigen, das auch ich mir nicht vorstellen kann von Dir so ausgetrickst zu werden. Ich biete Dir meine Hilfe und Unterstützung an und bin gerne bereit Dich in meine Recherchen mit einzubeziehen, vorausgesetzt Du möchtest nicht etwas eigenes versuchen. Ich teile Deinen Verdacht, das wir erneut ausspioniert werden. Es macht auf mich den Eindruck, als wolle uns jemand bewusst gegeneinander ausspielen, einen Keil zwischen uns treiben. Aber warum? Wer würde so niederträchtig sein?«

      Gemeinsam gingen sie alle Besucher durch, schrieben jeden auf, der die Gelegenheit gehabt hatte an einen der Hausschlüssel zu gelangen. Die Liste war recht übersichtlich. Zusammen überlegten sie, strichen einen nach dem anderen Namen aus und kamen auf kein schlüssiges Ergebnis. Moritz war in seinem Element, er hatte noch sehr genau die Wanzensuche in Erinnerung und schlug vor, eine Infrarotkamera in der Diele aufzustellen.

      Eva schloss ihre Augen und lehnte sich gegen einen der hohen alten Baumstämme und ihre Finger spürten die raue Rinde. ›Ging das schon wieder los? Gab es kein Ende? Kann ich ein ganz normales Leben führen?‹ Ruckartig richtete sie sich auf, ›Nicht, solange ich immer neu in irgendwelche Geschichten verwickelt bin‹, traf sie die Erkenntnis.

      Auf ihrem Rückweg hielten sie noch an einem Fachgeschäft für Überwachungstechnik an und kauften die entsprechende Ausrüstung. Zu Hause hatte Moritz schnell die Kamera befestigt und schaltete sie auf Bewegungsmelder mit Nachteinstellung.

      Nach erfolgreicher Installation betrat Moritz, sehr mit sich selbst zufrieden, Evas Arbeitszimmer.

      »Warum hört jemand auf zu schreiben, beziehungsweise warum reißt einer die letzten Seiten aus?«, überlegte sie laut und hielt das Heft in die Höhe. Hatte Peter aufgehört zu schreiben oder gab es noch andere Aufzeichnungen. In dem erhaltenen Sammelsurium war nichts dergleichen zu finden. Sie sah ihn nachdenklich an.

      »Weißt Du, Anette ist eigentlich ganz nett, sie wird verstehen, wenn ich sie nochmals anrufe und frage, ob möglicherweise doch noch irgendwo der nachfolgende Teil zu finden ist. Vielleicht hat sie es bereits fortgeworfen und gar nicht bemerkt, um was es sich handelt.«

      Entschlossen ergriff sie das Telefon und klingelte bei Anette Schröder durch. Nach kurzer Zeit nickte sie ihm zu.

      »Hallo Frau Schröder, Eva Völkel hier, erst einmal recht herzlichen Dank für die Überlassung der Unterlagen. Ich habe diese gelesen und ausgewertet, dabei sind mir die ausgerissenen Seiten im Tagebuch Ihres Vaters aufgefallen und ich wollte fragen, ob Sie vielleicht das nachfolgende Heft auch noch haben und ich es lesen darf?« Erwartungsvoll hob Eva ihre Augenbrauen und sah Moritz gespannt an. Er war ganz dicht zu Eva getreten und hörte die Antwort von Anette mit.

      »Hallo Frau Völkel, es freut mich, wenn Sie mit dem ganzen alten Zeug noch etwas anfangen konnten. Nein ich habe alles durchgesehen und nichts weiteres gefunden, tut mir leid. Wie weit sind Sie denn gekommen, möglicherweise kann ich Ihnen noch einige Informationen zu meinem Vater oder Großvater geben.«

      »Das wäre großartig, ich wollte Sie nicht belästigen.«

      »Ach wo, das ist schon in Ordnung, also worum geht es?«

      »Die letzten Aufzeichnungen brechen 1957-1958 ab. Ihr Vater hat anscheinend die Hefte weitergeschrieben, die Schrift Ihres Großvaters Hans taucht gar nicht mehr auf.«

      »Ah, ja, ich weiß«, seufzte sie, »Vater hatte immer davon erzählt, wenn wir als junge Menschen gejammert haben. Er war zu dieser Zeit erst Mitte 20 und hat seinen Vater ganz allein versorgt. Zum Glück hatten sie das Haus, sonst wären sie nicht über die Runden gekommen.« In Anettes Stimme schwang die Erinnerung mit.

      »Peter musste schon sehr früh eine Ausbildung zum Mechaniker machen, der geringe Lohn hielt sie mit Ach und Krach über Wasser. Hans war nach dem Krieg und seiner Gefangenschaft nicht mehr der Alte, er hatte Wahnvorstellungen und neurotische Schübe, manchmal dachte er, Peter sei ein Major und begann stramm zu stehen und Bericht zu erstatten.« Sie seufzte laut.

      »Vater hatte es extrem schwer eine Frau zu finden, die mit diesem Schwiegervater zurechtkam. Dann lernte er endlich Ruth kennen, sie war eine Seele von Mensch, unendlich geduldig und konnte sehr gut mit Großvater umgehen. Es war ganz allein ihr Verdienst, dass die Schrecken des Erlebten langsam in den Hintergrund traten. 1963 heiratete Vater Mutter. So weit ich weiß hatten sie einige glückliche Jahre. Dann tauchte 1966 kurz vor unserer Geburt unerwartet ein Mann aus den Kriegstagen bei uns auf und riss die ganzen geheilten Wunden der Vergangenheit wieder auf. Er muss Großvater sehr unter Druck gesetzt haben, der sonst friedliche Mann war aufgebracht, wütend, verzweifelt, ein gefährlicher Mix aus bösen Erinnerungen. Zum Glück kam Vater kurze Zeit später nach Hause und hat diesen Teubner hinausgeworfen. Der Besuch war das Ende, Großvater war völlig verwirrt, habe einen irren Blick gehabt und schlug um sich, dabei erwischte er unsere Mutter Ruth, die hochschwanger war und unglücklich stürzte.

      Vater schrie Großvater an, was er angerichtet habe. Schnell rannte er zu den Nachbarn, die ein Auto hatten und bat, dass sie Ruth ins Krankenhaus brachten. In dieser Nacht wurden wir geboren. Am nächsten Tag kam die Polizei, sie hatten Großvater gefunden, er ist noch am gleichen Abend auf den Dachboden gestiegen, hatte sich seine Uniform angezogen und war nach Frankfurt gefahren. Im Hof der ehemaligen Kaserne hat er sich erschossen. Die Anwohner erzählten, er habe herumgeschrien und verlangt Herrn Major von Arche zu sprechen. Junge Männer wollten ihn zur Vernunft bringen, als er plötzlich seine Pistole zog und sich in den Kopf schoss. Vater hat danach nie mehr von ihm erzählt. Alles was wir wissen, von unserer Mutter.«

      Anette machte eine kurze Pause und überlegte, »Ich denke, das war es und ich konnte Ihnen weiterhelfen.«

      Eva und Moritz, hatten schweigend mit zugehört und ebenfalls auf Zwischenfragen verzichtet.

      »Danke für Ihre Geduld. Ich wünsche Ihnen alles Gute«, verabschiedeten sie sich. Eva hatte sich die ganze Zeit über Notizen gemacht und begann ihre Aufstellung zu ergänzen.

      »Diese Kisten sind auf dem Flugplatz vergraben, liegen seit 63 Jahren im Verborgenen und warten auf ihre Entdeckung«, sprach Eva mehr zu sich selbst als zu Moritz.

      »Dann bist Du wieder auf Entdeckungstour und schreibst nicht an einer Dokumentation«, hörte sie sehr sachlich Moritz Worte. Überrascht den Gedanken ausgesprochen zu haben sah sie ihn etwas schuldbewusst an.

      »Na ja, so ein bisschen von beidem«, versuchte sie ihn zu beruhigen.

      »Das glaube ich Dir nicht, Du hast schon länger diesen eigentümlichen Ausdruck im Gesicht. Halt mich nicht zum Narren. Was hast Du noch alles gefunden?«, verlangte Moritz zu wissen.

       ›Soll ich ihm von dem Hinweis erzählen? Würde er nicht viel lieber die Zeit im Krankenhaus und anschließender Reha vergessen? Wäre es kontraproduktiv zu seinem Entschluss das Buch zu schreiben?‹

      »Mach schon, ich bin erwachsen und habe seit einigen Monaten ein neues Leben«, beharrte er auf seiner

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