Usus Belli. Thorsten Klein
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„Verstehe. Einen menschlichen Arbiter gab es bis dahin nicht?“
Der Herzog schüttelte den Kopf.
„Das muss die alten Herrschaften sehr wütend gemacht haben.“
„Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr. Sie versuchten nun, alle Pläne des Neuen Hohen Rates zu hintertreiben. Und sie hatten Verbündete. Aidoneus natürlich. Der kochte immer sein eigenes Süppchen und musste in unendlich vielen Intrigen die Finger haben, um sich nicht zu langweilen. Aber es gab auch eine weitere Kraft in Psyche. Eine, die der Krieg der Kaiser erst geweckt hatte. Ein weiterer furchtbarer Krieg würde sie noch mächtiger machen.“
Die dreidimensionale Abbildung einer Gestalt erschien plötzlich.
„Der sieht dir sehr ähnlich. Ein Verwandter von dir?“
Der Herzog verzog das Gesicht. „Ein Ruhmesblatt meiner Memoiren ist er nicht. Riccardo Bellator ist der menschgewordene Geist Psyches. Eine sehr mächtige Gottheit. Und ein furchtbarer Feind. Wenn man ihn sich einmal zum Feind gemacht hat.“
* Latein: Gott als Lenker, Gott als Richter
1. Kapitel Criminatio*
Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern, dass er nicht tun muss, was er nicht will.
J. J. Rousseau (1712 – 1778)
Ort: Psyche, Berlin, Sakanias Wohnung
Die Frau war fast zwei Meter groß. Schlank, durchtrainiert, muskulös und braun gebrannt.
Die beiden Männer wirkten dagegen blas. Obwohl sie größer und muskulöser waren als die Frau.
Alle drei waren nackt.
Das ist manchmal so, wenn man Sex hat.
Sakania versuchte verzweifelt, wegzusehen. Wer will seine eigenen Brüder schon in einer solchen Situation überraschen?
So sehr sie sich aber auch anstrengte, es gelang ihr nicht. Sie fühlte sich wie eingefroren und hatte keine Kontrolle über ihren Körper.
Wenn sie wenigstens in der Lage gewesen wäre, ihre Augen zu verschließen. Oder ihre Ohren.
Obwohl … Dann hätte sie vielleicht nicht die Stimme gehört, die plötzlich in ihrem Kopf dröhnte.
Die Stimme des schwarzen Herzogs?
Sie klang so. So ähnlich zumindest. Denn diese sprach, als sei ihr Inhaber im spanischen Sprachraum aufgewachsen. Dem Herzog hörte man in jeder Sprache an, dass er in Deutschland geboren und aufgewachsen war.
Die Menage a trois hatte wenigsten mit ihren gymnastischen Übungen aufgehört. Um ebenfalls der Stimme zu lauschen. Wie Schüler ihrem Meister
Der gab genaue Anweisungen, wie es auf Psyche weiterzugehen habe. Sie hatten keine Einwände gegen seine Vorschläge. Sakania hingegen fand das, was sie hörte, einfach nur abscheulich. Ihre Feiglinge von Brüdern protestierten nicht, sondern neigten die Köpfe und nickten ergeben.
Nur die Frau wagte etwas einzuwenden: „Was du vorhast, wird weder Sakania, noch Wihtania gefallen.“
Stimmt, dachte Sakania wütend, und wir werden alles unternehmen, diese Pläne zu durchkreuzen. Das Lachen darauf dröhnte so in Sakanias Kopf, dass sie glaubte, der würde zerspringen.
„Wenn die beiden Gören sich gegen uns stellen, werdet ihr doch wohl in der Lage sein, sie aufzuhalten. Oder?“
Was Sakania am meisten erboste, war die devote Zustimmung der drei. Das bekamen die auch zu hören, denn Sakania hatte endlich die Kontrolle über ihren Körper wieder. Sie anschreiend und fieberhaft nach ihrem Schwert suchend, stürmte sie auf ihre Brüder und deren Freundin zu.
Aber die verschwanden einfach in der RaumZeit, ohne sie zur Kenntnis zu nehmen.
Unsagbare Wut schüttelte Sakania.
Wut, die ständig ihren Namen rief?
Mit der Stimme Takhtushos?
Als sie die Angst in dessen Gesicht sah, war sie mit einem Schlag hellwach.
„Huldrich und Gerrich“, stotterte sie, „haben Furchtbares mit Psyche vor. Es wird einen schrecklichen Krieg geben und sie werden versuchen, den Psychanern für diesen Krieg die Macht des Atoms zu verschaffen.“
Takhtusho war erleichtert, dass Sakania endlich aus ihrem Alptraum erwacht war und mit ihm sprach.
Aber um den Inhalt ihrer Worte richtig zu verstehen, benötigte er, wie immer, sehr lange. Dann sah er sie ungläubig an. „Nuklearwaffen? Für diese Menschen? Die werden ihre Welt vernichten.“
„Das ist ihr Plan. Der Geist dieser Welt will es so.“
Takhtusho musterte Sakania aufmerksam. „Bist du dir sicher? Er riskiert seine eigene Existenz?“
„Das ist ja das unverständliche … Seine Stimme klang wie die des schwarzen Herzogs, nur in Nuancen anders“, versuchte Sakania sich an den Inhalt ihres Traumes zu erinnern, „also kann es nicht der Herzog gewesen sein. Aber wer war es dann?“
„Einer seiner Verwandten?“
„Da gibt es tausende, die in Frage kämen.“
„Aber nur wenige, die so mächtig sind, dass sie eine ganze Welt beherrschen könnten.“
Beide überlegten eine Weile.
„Paulos“, rief Takhtusho dann, um sofort von Sakania unterbrochen zu werden: „Paulos hat keine Macht.“
„Aber nur, weil ihm der Herzog diese entzogen hat, um ihn dann zu verbannen. Als Familienoberhaupt darf er das, ohne den Hohen Rat fragen zu müssen.“
„Das weiß ich doch. Ich habe zwar noch nicht gelebt, als ihr den Krieg der Kinder vom Zaun gebrochen habt, aber ich hatte bei Richard Kummer Geschichtsunterricht. Schon vergessen? Deshalb weiß ich auch, wo Paulos ist.“
„Hol ihn her“, schlug Takhtusho vor.
„Wenn das so einfach wäre“, erwiderte Sakania und überlegte. Eine ganze Weile. Dann erklärte sie Takhtusho ihren Plan.
Was sie verschwieg, war die Beteiligung der dritten Person an der Verschwörung. Jener Frau, die Sex mit Huldrich und Gerrich hatte.
Schon dafür gehörte sie bestraft. Allerdings durfte Takhtusho nie erfahren, dass es gegen seine Schwester ging. Vielleicht würde er dann die Seiten wechseln. Sie brauchte ihn aber. Nicht nur, weil sie ihn liebte. Er war auch der einzige, der Bcoto gewachsen war, sollten sie gegen sie kämpfen müssen.
Ort: Psyche, Dai Nippon, Tokio
Die beiden Kämpfer standen sich gegenüber.