Der Tempel der Drachen. Frank Rehfeld

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Der Tempel der Drachen - Frank Rehfeld Die Legende von Arcana

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sich fast in Höhe ihrer Augen befand. Sie starrten mit entrückten Gesichtern ins Leere, standen offenbar unter dem Einfluss berauschender Drogen, denen ihr Volk immer mehr verfiel. Die meisten der anderen Anwesenden schienen Einheimische zu sein, einfache Leute, bei denen die schwere Arbeit auf den Feldern deutliche Spuren hinterlassen hatte. Sie waren stämmig und muskulös, mit sonnengebräunter, von Wind und Wetter gegerbter Haut und schwieligen Händen. An einem Tisch saßen zwei Männer, die offenbar reisende Händler waren, denn sie trugen vornehmere Kleidung aus buntem, feinem Stoff. Ein Elb in der grünen Kleidung eines Waldläufers scherzte mit zwei jungen Frauen. Trotz seines unverkennbar hohen Alters wirkte sein Gesicht noch unreif, fast kindlich, wie es für sein Volk charakteristisch war. Der Anblick war für Aylon vertraut. Es gab nicht mehr viele Elben in diesem Teil der Welt, doch statteten sie Cavillon meist einen Besuch ab, wenn sie diese Gegend bereisten.

      Zwei Gestalten, die abseits in einer Ecke saßen und sich leise unterhielten, erregten Aylons Aufmerksamkeit ungleich stärker. Er nahm bei ihnen ein mentales Rauschen wahr, das deutlich ausgeprägter als das leise Wispern der anderen Gäste war. Die eine von ihnen war eine junge Frau mit langen schwarzen Haaren und einem Gesicht, das hübsch, aber eine Spur zu hart und wild war, um wirklich schön zu sein. Sie schien nervös zu sein, denn während sie sprach, unterstrich sie jedes Wort mit hektischen Gesten; ohne Unterlass bewegte sie ihre Hände mit knappen, abgehackten Bewegungen. Immer wieder schaute sie sich um. Für einen kurzen Moment kreuzte ihr Blick den Aylons, und er sah, dass ihre Augen wie erwartet in tiefem Grün strahlten.

      "Eine Vingala", raunte Maziroc leise. "Der andere besitzt ebenfalls magische Kräfte, aber er ist kein Ishar. Achte auf deine Ausstrahlung und die Augen."

      Aylon nickte unmerklich. Anfangs hatte er sich stark konzentrieren müssen, um das mentale Rauschen nachzuahmen, doch in den letzten Stunden fiel es ihm merklich leichter, und inzwischen erzeugte er es fast unbewusst. Interessiert musterte er die Vingala auch weiterhin unauffällig. Auf ihrem schlichten Kleid trug die Hexe das Zeichen ihres Ordens, einen weißen, im Sprung befindlichen Tiger. Einst hatten Hexen und Magier einem gemeinsamen Orden angehört, bis die Hexen ihren eigenen Orden, die Vingala, gründeten. Auch die Trennung hatte jedoch nichts am freundschaftlichen Verhältnis zu den Ishar geändert.

      Die Nervosität der jungen Vingala schien noch zu wachsen. Das Gesicht ihres Gesprächspartners war nicht zu erkennen. Es lag im Schatten einer weit vorgezogenen Kapuze verborgen. Lediglich seine grünen Augen und eine Narbe, die sich über das Kinn des Mannes zog, waren zu sehen.

      Aylon wurde abgelenkt, als sich Harnom mit einem Tablett in den Händen näherte. Der Wirt stellte zwei Becher und einen Krug, daneben eine Holzplatte mit Brot und einem großen Stück Braten auf ihren Tisch. "Mein bester Wein, ich kenne ja schließlich deinen guten Geschmack, Maziroc", erklärte er. "Und das Lamm habe ich erst heute Mittag geschlachtet."

      Maziroc griff nach einem Messer, schnitt eine Scheibe Braten ab und schob sie sich in den Mund, anschließend probierte er einen Schluck Wein. "Fantastisch", lobte er beides und schnalzte genießerisch mit der Zunge.

      "Ich hoffe, du hast eine Menge neuer Geschichten zu erzählen", sagte Harnom. "Jetzt muss mich erst um die anderen Gäste kümmern, aber später wird sicherlich noch Zeit bleiben, uns eine Weile zu unterhalten."

      Als Aylon sich wieder dem Ecktisch zuwandte, stand die Vingala gerade auf. Sie schob ihrem Begleiter etwas über den Tisch zu, streifte sich ihren Mantel über und verließ mit raschen Schritten das Wirtshaus. Enttäuscht schaute Aylon ihr nach.

      "Wirt!", rief der Narbige mit unangenehm krächzender Stimme. "Komm her!"

      Ohne sich weiter um ihn zu kümmern, holte Harnom einen Krug unter der Theke hervor, schenkte Wein in drei Becher und brachte sie zu einem Tisch. Er wechselte ein paar Worte mit einem der Zecher, erst dann schlenderte er ohne jede Hast zu dem Ecktisch hinüber.

      "Für wen hältst du dich, einen Magier warten zu lassen?", zischte der Narbige. "Wage es nicht noch einmal, wenn dir dein lausiges Leben etwas wert ist."

      "Das ist mein Haus, und solange Ihr Euch hier aufhaltet, seid Ihr nicht mehr als jeder andere Gast", entgegnete Harnom furchtlos. "Also sagt, was Ihr wollt."

      "Hüte deine Zunge, oder du verlierst sie." Eine Welle fast körperlich spürbarer Bösartigkeit ging von dem Magier aus. Er holte einen Lederbeutel unter seinem Mantel hervor, dabei war für einen Moment ein schwarzer Kreis auf seinem Gewand zu sehen. "Was schulde ich dir?"

      "Er gehört dem Dunklen Bund an", flüsterte Aylon erschrocken. "Ein Caer-Sharuun! Du musst etwas tun."

      "Und was?" Maziroc schüttelte den Kopf. "Es gibt kein Gesetz gegen die Zugehörigkeit zum Dunklen Bund. Seine Magier haben nicht weniger Rechte als wir."

      "Aber die Caer-Sharuun verachten die Menschen. Wenn es nach ihnen ginge, würden sie sie versklaven."

      "Ihre Ansichten widersprechen den unseren, aber das gibt uns kein Recht, über sie zu richten", sagte Maziroc scharf. "Solange der Mann nicht gegen geltendes Recht verstößt, habe ich nichts mit ihm zu schaffen."

      Aber es schien, als hätte es der Magier auf Ärger abgesehen. "Vier Silberheller für zwei Becher von diesem gepanschten Zeug?", rief er in gespieltem Zorn. "Willst du mich beleidigen? Dieser Essig ist höchstens einen Heller wert."

      "Ich sagte vier", gab Harnom zurück. Ein fast unmerkliches Zittern hatte sich in seine Stimme eingeschlichen. "Das ist der normale Preis."

      Die Hand des Magiers zuckte vor und packte Harnoms Kehle. Seine Finger waren lang und dürr, sodass sich Aylon unwillkürlich an die Beine einer Spinne erinnert fühlte. Mit spielerisch anmutender Leichtigkeit zerrte er Harnom zu sich heran. Der Tisch kippte um, die Becher fielen scheppernd zu Boden. Schlagartig breitete sich Stille im Raum aus. Scheinbar ohne jede Anstrengung hielt der Narbige den wohlbeleibten Wirt mit einer Hand in der Luft, sodass dessen Füße einige Handbreit über dem Boden baumelten. "Und ich sagte einen Heller", wiederholte er. "Hörst du schlecht?"

      Harnoms Gesicht färbte sich rot. Plötzlich hielt er einen Dolch in der Hand, den er offenbar im Ärmel versteckt hatte. Er kam jedoch nicht mehr zum Zustoßen. Mit der freien Hand packte der Caer-Sharuun seinen Arm und verdrehte ihn. Die Waffe landete klirrend auf den Fliesen.

      "Das reicht." Maziroc stand auf und trat neben die Streitenden. "Lass ihn los, er hat dir nichts getan."

      "Der Hurensohn hat es gewagt, mich anzugreifen", fauchte der Caer-Sharuun. "Dafür verdient er den Tod."

      "Er hat sich nur verteidigt. Und er steht unter meinem Schutz."

      "Dem Schutz eines Ishar, ha." Er sprach den Namen des Ordens wie ein Schimpfwort aus. "Halt dich hier raus, Fettwanst."

      Aylon wusste, dass sein Lehrmeister trotz seiner Körperfülle alles andere als langsam oder gar behäbig war, doch auch er wurde von der Schnelligkeit überrascht, mit der Mazirocs Hand vorschoss, die des Caer-Sharuun packte und seine Finger mit einem einzigen harten Griff aufbog. Selbst der Narbige war verblüfft, seine Abwehrbewegung kam viel zu spät. Harnom taumelte zurück und rang keuchend nach Atem.

      Der Caer-Sharuun fuhr zornig herum. "Warum setzt du dich für dieses winselnde Gewürm ein?", stieß er hervor. "Die Zeit der Menschen ist längst abgelaufen, wir Magier sind die Zukunft Arcanas. Wann werdet ihr Ishar das endlich begreifen?"

      "Wahrscheinlich nie", antwortete Maziroc. Seine Stimme war scharf wie Stahl geworden. "Weil ihr euch irrt, du und deine Brüder vom Dunklen Bund. Jetzt gib ihm sein Geld und dann geh!"

      Stumm

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