Sommer Roman-Paket Unterhaltungsromane und Erzählungen: In Paris und andernorts. Sandy Palmer
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Jetzt wirst du, liebste Irmi, fragen: Gelang es uns, Dorothy und mir, unser „hanky-panky“ geheim zu halten? Ja, stell dir vor, es gelang uns. Und weiter: Gelang es uns, eine Wiederholung zu vermeiden? Nein, das gelang uns nicht. Genauer, der Dorothy gelang es nicht. Mir selber wäre es vielleicht gelungen; denn wie sich herausstellte, hatte Patricia doch noch nicht die Nase voll von mir.
Zunächst zwar erweckte sie den gegenteiligen Eindruck.
Hör zu. Eine bühnenreife Szene am nächsten Vormittag während einer Unterrichtspause in einer der Klassenräume:
Ich sitze am Katheder. Patricia tritt auf, blickt mich schweigend und mit mehr als merkwürdiger Miene an.
Ich: Na, Patricia, so schnell hast du von mir die Nase voll?
Patricia: Wenn du mir auch so schnell untreu wirst.
Ich: Geh, mach dich doch nicht lächerlich. Nur weil ich mit einer anderen ... Und das auch nur, damit du nicht noch mehr ins Gerede kommst. Und dafür verschwindest du gleich mit einem anderen?
Patricia schweigt.
Ich: Und? War's wenigstens schön?
Patricia schweigt, errötet heftig, wendet sich abrupt um, tritt ab.
Während ich danach über diesen sonderbaren Auftritt nachgrübelte, fielen mir zwei Einzelheiten auf, die ich am Vorabend nicht beachtet hatte. Erstens, ich dürfte mit Dorothy in der Tat ungebührlich heftig geschäkert haben. Und zweitens, das Mannsbild, das sich bald nach Patricia verabschiedet hatte, war ausgerechnet mein Zimmerkollege Neill. Aber vielleicht erliege ich da jetzt einem Hirngespinst und tue der lieben Patricia unrecht? Denn als ich nach meinem „bit of hanky-panky“ mit Dorothy in unser gemeinsames Zimmer zurückkehrte, lag er friedlich schlummernd in seinem Bett.
Ja, offenbar war das ein reines Hirngespinst. Denn an diesem Abend passierte nichts Auffälliges. Dorothy war ungewöhnlich schweigsam, warf mir immer wieder wehmütige Blicke zu. Patricia war nicht so schweigsam, warf mir aber ebenfalls immer wieder merkwürdige Blicke zu, die ich nicht zu deuten vermochte. Die zwei zogen sich, den Protesten mehrerer Kollegen zum Trotz, recht bald zurück, um schlafen zu gehen; sie hatten es offensichtlich nötig. (Sie teilten ein Zimmer.) Ich selber schäkerte – nein, das traute ich mich nicht mehr; sagen wir so: Ich plauderte angeregt hauptsächlich mit Monika, einer der österreichischen Kolleginnen, die mir seit längerem schon schöne Augen machte (falls ich ihre Blicke richtig deutete). Ach ja, und die Hänseleien wegen meines angeblichen Techtelmechtels mit Patricia waren verstummt. Dafür zerriss man sich die Mäuler über ihr und Dorothys frühes, noch dazu gleichzeitiges Verschwinden und mutmaßte, sie seien lesbisch und hätten etwas miteinander. Als ich dann ebenfalls relativ früh aufstand, um mich zurückzuziehen, erklärte unvorsichtigerweise auch Monika, schlafen gehen zu wollen. Zum Glück erkannte ihre Zimmerkollegin die Gefahr und begleitete uns. Und so geriet ich auch nicht in Versuchung, Monika auf dem Weg zu unseren Zimmern näherzukommen, und sagte mir hernach, als ich schon im Bett lag und darauf wartete, von Gott Morpheus in die Arme genommen zu werden: Was ist nur mit mir geschehen, dass ich bei jeder Frau, die mir schöne Augen macht, gleich anbeiße? Wo ich doch einstmals so wahnsinnig brav war: brav, schüchtern, gehemmt, verklemmt, direkt blöde?
Irgendwann mitten in der Nacht wurde ich durch irgendwelche Geräusche wach. Zwar war es finster, aber ich merkte, dass Neill schon in seinem Bett lag und dass dieses dauernd knarrte und dass er heftig schnaufte. Und dann glaubte ich das Schnaufen zwei verschiedener Personen unterscheiden zu können und wusste mit einem Mal, wo Patricia und ich ein stilles und zugleich geeignetes Plätzchen finden könnten. Dann fiel mir ein, dass sie ja von mir nichts mehr wissen wollte. Und als Nächstes fiel mir ein, wer die zweite Person in Neills Bett sein musste. Patricia nämlich. Und einen kurzen Augenblick durchzuckte mich eine absurde Idee, und die lautete: He, da könnte ich mich ja eigentlich gleich dazu legen.
Es klingt zwar lächerlich, aber ich kann nicht leugnen, dass ich mich maßlos ärgerte, vor Eifersucht kochte. Aber du weißt ja, seine Gefühle kann der Mensch nicht so ohne weiteres steuern, vor allem wenn der Liebesgott die Hand im Spiel hat. Ich konnte es jedenfalls nicht. Ich versuchte sofort wieder einzuschlafen. Aber der Ärger machte mir einen Strich durch die Rechnung, noch lange, nachdem Patricia das Zimmer verlassen hatte. Andererseits betete ich zu Eros, dass die zwei neben mir nicht merken mögen, dass ich wach bin und sie in ihrem „hanky-panky“ belausche.
Am Morgen danach war mein Ärger so groß, dass ich beschloss, Patricia bei irgendeiner Gelegenheit zur Rede zu stellen und es nicht bei der Frage, ob es schön gewesen sei, bewenden zu lassen. War das nicht ein starkes Stück, mich zuerst derart schofel abzuservieren und dann neben mir mit einem anderen zu bumsen? Dabei war mein Ärger völlig unsinnig, lächerlich, absurd. Denn wenn ich einer Frau nachtrauerte, so war das nicht Patricia, sondern Dorothy. Sie, und nicht Patricia, hatte, in den Worten Sapphos, das Herz mir aufgewühlt, so wie ein Sturm, der vom Berge herab in die Eichen sich stürzt. (Nur dass Sappho hier von einem Mädchen spricht, das ihr selbst das Herz aufgewühlt hat.) Aber: Es darf keine Wiederholung unseres „hanky-panky“ geben.
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Eine Gelegenheit, Patricia zur Rede zu stellen, ergab sich am Nachmittag während eines Spaziergangs mit einem Teil unserer Schüler durch die nahegelegene Stadt Guildford. Dorothy und Neill marschierten vorne und Patricia und ich als Schlusslichter.
Nur hatte ich jetzt gewisse Hemmungen. Patricia wirkte nämlich ungewohnt geknickt und suchte mir auch nicht mehr aus dem Weg zu gehen wie jemandem, der an grauenhaftem Mundgeruch leidet. Also begann ich, um nicht mit der Tür ins Haus zu fallen, mit gebührender Behutsamkeit: „Na, liebe Patricia? Wie hast du heute Nacht geschlafen?“
Erstaunt, verwirrt blickte sie auf. „Warum fragst du?“
„Na ja, eigentlich habe ich gemeint, wo?“
„Wieso? Im Bett. Wo sonst.“
„In welchem Bett? Das ist hier die Frage.“
„Du, Benedikt, ich glaube dir schon, dass du sauer bist auf mich. Aber für ein Verhör ... Also gut, damit du's weißt. In meinem Bett. Noch Fragen?“
„Ach, wirklich? Nicht etwa in dem von Neill?“
„Ach, der. Dieser Schuft. Ihr Männer seid ja alle Schufte.“
„Aber, aber, liebste Patricia, lässt dich da jetzt deine Erinnerung im Stich? Und wieso nennst du Neill einen Schuft? War's denn