Venedig sehen und morden - Thriller-Paket mit 7 Venedig-Krimis. Meinhard-Wilhelm Schulz

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Venedig sehen und morden - Thriller-Paket mit 7 Venedig-Krimis - Meinhard-Wilhelm Schulz

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Ahnung. Wir besitzen getrennte Schlafzimmer. Aber wenn es so wichtig ist, will ich gerne gehen, ihn zu wecken.«

      Sie erhob sich, schlängelte sich aus dem Badetuch, faltete es sorgsam auf der Sessellehne zusammen und begab sich hinüber in eine Art von Atrium. Durch eine Flügeltür fielen unsere Blicke in diese prächtige Halle hinein:

      Vier korinthische Säulen trugen das Dach, das aus einer gläsernen Pyramide bestand, durch die das Tageslicht herein flutete. Ringsumher an den vier Wänden waren marmorne Statuen aufgestellt. In der Mitte erblickten wir ein mit goldfarbenen Mosaiksteinchen ausgelegtes quadratisches Becken, in das aus übereinander geschichteten Schalen Wasser rieselte. Nur die überall an den Wänden hängenden Bilder, doch wohl vom Conte selber gemalt, fanden unseren Beifall weniger; kurz: Dies war ein Haus, in dem es sich leben lässt.

      Wir erhoben uns, blieben wie eine Schildwache vor der Tür zum Atrium stehen und dachten, »sicher ist sicher«. Doch unsere Vorsicht sollte sich als übertrieben heraus stellen, weil Tenente di Fusco mit seinen Carabinieri bereits die Haustür besetzt hatte.

      Kurze Zeit später erschien die Contessa wieder. Sie hatte sich einen Hauch von transparenter Seide übergestreift, schulterfrei, ärmellos und bis über die Mitte der Oberschenkel reichend; das Haar zur Krone aufgetürmt; ein Geflecht feinster Sandalen an den Füßen. Spangen aus Gold ringelten sich in Spiralen um ihre Unterarme und endeten in je einem Schlangenkopf, die Augen aus funkelnden Rubinen:

      »Mein Mann kommt gleich und bittet um etwas Geduld. Er ist in gewisser Hinsicht das genaue Gegenteil von mir und zeigt sich höchst ungern, wenn er nicht in seinem Maßanzug steckt. Ja, er hasst es, sich nicht in Schale sehen zu lassen und ist gerade dabei, sich die Zähne zu putzen.«

      »Sie sagten doch«, entgegnete Volpe, »Sie hätten getrennte Schlafzimmer, nicht wahr?«

      Er wollte durch diese Frage herausfinden, ob sie mit ihrem Mann, wenn man das so sagen darf, unter einer Decke steckte und über das vielfache Morden unterrichtet, oder von seinem mörderischen Treiben keine Ahnung hatte. Doch sie wusste entweder nichts davon oder war intelligent genug, das Vorhaben meines Freundes zu durchschauen. Lässig zuckte sie mit den Achseln und sagte, wie es mir schien, irgendwie verbittert:

      »Getrennt, wie die meisten Eheleute, oder? Wir haben keine Kinder. Von nichts kommt nichts. So ist das. Aber vielleicht wollen Sie sich ja die Zeit ein Wenig vertreiben?«

      Sie öffnete die Seitentür zu einem geräumigen Studio mit Zeichenbrettern, Papierrollen und allerlei aus Gips gefertigten Modellen. Daneben lagen zugehörig Pinsel und Farbstoffe; ferner jede Menge angefangener Gemälde. Der Conte arbeitete an mehreren Projekten auf einmal.

      Die Wände des quadratischen Raumes gingen in etwa 2, 50 Meter Höhe in ein Achteck über, über welchem sich eine kreisrunde Kuppel erhob, deren gemauertes Gerippe mit durchsichtig weißlichem Glas gefüllt war:

      »Das spendet jedem Künstler ein wirklich ideales Licht«, flüsterte ich Volpe ins Ohr. Er nickte und fragte die Gräfin:

      »Signora, arbeitet Ihr Mann viel?«

      »Viel zu viel! Es überkommt ihn wie ein Rausch. Aber der Markt für seine Werke ist beschränkt. Reich werden kann man damit nicht. Zum Glück sind wir auf die Einnahmen nicht angewiesen. Er hat das Haus samt einer halben Millionen Euro geerbt, und ich habe noch einmal das Vierfache zu unseren Unterhalt beigesteuert. Wir haben es nicht nötig zu arbeiten.

      Raimondo ist nie besonders kräftig gewesen. Jetzt im August sollten wir eigentlich in Davos sein, um uns zu erholen, aber leider hat er einen Auftrag angenommen und wir müssen hier im venezianischen Backofen ausharren.«

      Wir blickten einander an, Volpe und ich, und verstanden uns auch ohne Worte: Selten hatten wir eine so selbstsichere Frau gesehen. Hätte sie nicht völlig verwirrt sein müssen, als wir bei ihr vorsprachen, nachdem die Klatschblätter der Stadt voll von Berichten über die Mord-Serie waren? Wusste sie nicht, dass mein Freund zu den Ermittlungen hinzugezogen worden war?

      Und diese bezaubernde Schlange, an die ich bis heute voller Sehnsucht zurückdenke, beobachtete uns jetzt so, als ob sie es spannend oder spaßig fände, den berühmten Detektiv einmal aus nächster Nähe mustern zu können, ganz abgesehen von ihrem frivolen ersten Auftritt, durch den sie uns gleich zu Beginn das Heft aus der Hand genommen hatte.

      »Ich gehen jetzt einmal hinüber«, platzte sie in unsere Gedanken hinein, »und sehe nach, ob er fertig ist.«

      Während sie sich schlangengleich hinaus begab, sahen wir ihr bewundernd hinterher und folgten ihr ein paar Schritte. Dann schlenderten wir wieder ins Atrium zurück und schlossen die Tür, um unter uns zu sein:

      Die im überkuppelten Atelier aufgestellten Werke des Meisters fanden wir abstoßend: immer nur grausige Szenen der griechischen Sage, darunter, wie Eteokles und Polyneikes sich gegenseitig das Schwert in die Brust stoßen oder Apollo die Kinder der Niobe tötet. All dies war stümperhaft gestaltet, nichts von Geschmack. Volpe sagte in meine Gedanken hinein:

      »Ein ganz schön berechnendes Luder, unsere Cornelia, aber eines muss man ihr lassen. Die vierzig Jahre, die sie auf dem Buckel hat, haben ihrer Schönheit keinen Abbruch getan. Und wenn du mich fragst: Ich kann die blöden Hunde nicht verstehen, die sie sitzen haben lassen, nur weil sie keinen Busen hat. Als ob das das Wichtigste wäre. Heutzutage rennen die Weiber zu Tausenden mit Silikoneuter herum, und das will unsere Göttin nicht, obwohl sie im Gelde schwimmt. Sie will sie bleiben, und das ist bewundernswert. Ich jedenfalls hätte sie vom Fleck weg geheiratet, wenn ich … bin ich aber nicht«, sagte er.

      »Auch wenn ich dir Recht gebe und ihr textilfreies Auftreten ebenfalls für berechnend halte, so ist ihr Verhalten dennoch verzeihlich. Überlege einmal, was ihr die Kerle, in die sie einst verliebt war, angetan haben, nur weil sie … und sie ist doch eine richtige Elfe. Ich bin gespannt, wie der Conte aussieht, der sich ihrer erbarmt hat.«

      »…oder umgekehrt«, sagte Volpe seufzend, während sich die Tür öffnete. Leider war es nicht die Süße, sondern einzig und alleine ihr Mann, der nun zu uns herein kam.

      Es war ein blässlicher schmallippiger junger Spund, so an die dreißig und nicht älter; dünn und groß; leicht gebeugt. Er trug, in der Taille mit einer Kordel gegürtet, einen bernsteinfarbenen Morgenrock aus reiner Seide, die das schüttere Blond seiner nackenlangen Haare, das Weichliche seiner Gesichtszüge und das wässrige Blau der Augen noch betonte.

      Schlurfenden Schrittes trat er vor uns, die Füße in Latschen dieser Art, die nur einen einzigen Riemen kennt und verbeugte sich förmlich. Während wir uns erhoben, um ihn zu begrüßen, sagte er mit sanfter Stimme und einer fahrigen Handbewegung durchs Haar, wobei ein flüchtiges, fast kindliches Lächeln über sein Gesicht huschte, in dem Schweißperlen glitzerten:

      »Entschuldigt bitte, Signori, dass ich Sie so lange habe warten lassen. Meine Frau hat mich aus tiefstem Schlaf gerissen und mir gesagt, wer gekommen sei. Ich musste noch unter die Dusche.

      Wisst ihr, ich habe in letzter Zeit ziemlich viel mit der Ausmalung einer im Bau befindlichen Villa zu tun. Ich habe den Auftrag erhalten, die Wände des Speiseraumes mit Szenen aus der griechischen Sage zu gestalten. In meinem Studio leiste ich die Vorarbeit, indem ich die Motive vorzeichne, auf Karton. Das braucht Zeit und Geduld.«

      Er wischte sich mit einem Tuch über die Stirn und dann über den Mund. Wir schwiegen und musterten den schlaksigen Jungen, der auf ersten Blick die Harmlosigkeit in Person zu sein schien und den Eindruck erweckte oder erwecken wollte, er könne weder ein Wässerchen trüben noch irgendeiner Fliege etwas zuleide tun. Nervös

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