Peter Grant - Ein Leben für Led Zeppelin. Mark Blake
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Grant hatte geholfen, den ersten Auftritt der Stones bei der BBC einzufädeln. Innerhalb nur eines Jahres sollte die Gruppe vier eigene BBC-Sessions aufnehmen. „Ich habe überhaupt keine musikalischen Kenntnisse“, meinte Grant. „Es geht nur ums Gespür.“ Mit seinem Bauchgefühl lag er aber richtig.
Im Anschluss an eine Show im Newcastle Odeon im Oktober besuchten Grant, Mickie Most und Jerome Green den Club AʼGogo, wo sie die Alan Price Rhythm & Blues Combo sahen. „Ich war so beeindruckt, dass ich sie unter Vertrag nahm“, sagte Grant. „Ich wurde ihr Booking-Agent und Co-Manager, woraufhin sie ihren Namen in Animals änderten.“ Grant sagte, die Animals hätten bei Ardens Agentur unterschrieben, als Don ihnen einen Platz auf der Chuck-Berry-Tour versprach. Es war der Heilige Gral für jede aufstrebende britische Blues-Band: „Das war der Anreiz – Mark Wildey und ich sollten zehn Prozent von Dons Anteil bekommen.“
Derek Berman erinnert sich jedoch daran, dass Grant die Fakten ausschmückte. Berman spielte mittlerweile in der Ostlondoner Gruppe The Echoes, die an diesem Abend nach den Animals als Headliner auftrat. „Peter stellte sich den Animals als unser Manager vor“, sagt er. „Er war nie der Manager der Echoes, aber ich glaube, es half ihm, sie von seiner Glaubwürdigkeit zu überzeugen.“
Zurück in London erzählte Grant Don Arden von seiner neuesten Entdeckung. Er holte die Animals nach London, wo sie im Scene Club in Piccadilly auftreten sollten. Anschließend drängten Grant, Arden und Mickie Most in die Garderobe. Die Gruppe hatte bereits einen Manager, Mike Jeffery, einen Club-Besitzer aus Newcastle, der später als Jimi Hendrix‘ Co-Manager fungieren und bei einem Flugzeugabsturz in Frankreich ums Leben kommen sollte. „Er war ein schlechter Manager“, sagte Grant. „Wir kümmerten uns mehr ums Management als er.“
Als Don Arden ankündigte, dass Peter Grant sich um die täglichen Belange der Animals kümmern und Mickie Most ihre Platten produzieren würde, gab es seitens der Band und Jefferys keinerlei Widerspruch. Als die Band zur Vertragsunterzeichnung in Ardens Büro erschien, wandte sich ihr Leadsänger Eric Burdon an Peter. „Er sagte, dass wir uns schon mal getroffen hätten, ich mich aber wohl nicht mehr erinnern würde“, berichtete Grant. „Eric meinte, dass ich ihn mal einen Korridor entlang geschubst hätte.“ Ein Jahr zuvor hatte sich Burdon, ein begeisterter Fan, ungebeten Zutritt zu Gene Vincents Garderobe verschafft, woraufhin Grant ihn wieder an die frische Luft gesetzt hatte.
Der Tag, an dem die Animals bei Don Arden unterschrieben, war auch der Tag, an dem Don die Kontrolle über Peter Grant verlor. Er bevollmächtigte seinen Lehrling, sich um die zukünftige Hit-Gruppe zu kümmern. David Arden, der schon bald ins Familiengeschäft einsteigen sollte, erinnerte sich, wie Grant und Mickie Most seinem Vater vorschlugen, eine Plattenfirma zu gründen und das Geld durch drei zu teilen. Das sollte nie passieren. Ein Jahr später, nachdem die Animals einen Hit gelandet hatten, hieß es: „‚Wo ist die Plattenfirma?‘ Und Mickie verabschiedete sich daraufhin. Aus und vorbei.“
Es sollten jedoch noch Monate vergehen, bevor Grant und Most auf eigene Faust loszogen. Doch zuvor kam im Mai 1964 noch Chuck Berry nach Großbritannien. Als spezieller Gast war ein weiterer Held der Beatles angeheuert worden, Carl Perkins, der berühmte Gitarrist aus Tennessee, der noch vor Elvis mit „Blue Suede Shoes“ einen Hit gelandet hatte. Berrys Begleitband waren die britischen Newcomer King Size Taylor & the Dominoes und seine Vorgruppen die Animals und die Nashville Teens, die ebenfalls von Grant und Mickie Most betreut wurden. Der Nashville Teen John Hawken avancierte zum „richtig guten Klavierspieler“, um den Berry gebeten hatte.
Auf Tour passten sich die Animals rasch an. Als Burdon einmal zu spät zu einer Show erschien, schleuderte Grant ihn quer durch den Raum. „Ich verspätete mich nie wieder“, erzählte Burdon. „Peter war das, was ich brauchte. Er war, was wir brauchten.“ Grants kompromisslose Haltung gegenüber Acts, die in der Hierarchie weiter unten standen, ermöglichte ihm, sich auf den Headliner konzentrieren zu können.
1964 war Chuck Berry bereits mit der ausbeuterischen Natur der Musikindustrie vertraut. Auch hatte er schon so einige Gefängniszellen von innen gesehen. Das Showgeschäft und seine Zeit hinter schwedischen Gardinen hatten ihn zu einem verbitterten und misstrauischen Mann gemacht. So spielte Chuck nicht eine einzige Note, bevor ihm nicht der letzte Shilling oder Cent seiner Gage ausgezahlt worden war. Zeugen berichteten, dass Grant und Arden einmal sogar auf Knien vor Berrys Garderobe bettelten und Pfund-Scheine unter dem Türschlitz hindurchschoben. Als einmal noch drei Shillinge der Gage ausstanden, versprach Grant, dass er den Rest später bekäme, doch Berry weigerte sich, die Gitarre umzuhängen, bevor die Rechnung nicht beglichen wäre. Als Peter es nicht schaffte, ausreichend Kleingeld zusammenzukratzen, suchte er sich einen nahegelegenen Zigarettenautomaten, versetzte ihm den Schlag eines Wrestlers und sammelte die Münzen ein. Chuck musste spielen, was immer dafür getan werden musste.
Hier handelte es sich um Lektionen, die zwar auf die harte Tour absolviert werden mussten, aber später auch bei Led Zeppelin zur Anwendung kamen. Sobald Chuck Berry sein Geld hatte, schien es, dass jemand einen Schalter umgelegt hatte. Als er im Mai 1964 von der Seite der Bühne zusah, studierte Grant, wie Berry das Publikum bearbeitete. Er präsentierte die Gitarre, schob das Kinn vor und führte unter großem Jubel seinen berühmten „Duck Walk“ vor. Auch fand Grant eine Methode, wie er Chucks Erscheinen auf der Bühne dramatischer gestalten konnte. „Ich überredete den Conferencier, eine ausführliche Einleitung vom Stapel zu lassen“, sagte er. „Man konnte John Hawken am Piano und Chuck spielen hören.“ Wichtig dabei war, dass die Leute ihn nicht sehen konnten. „Dann tauchte er auf, machte den Duck Walk und das Publikum explodierte förmlich.“ Laut Grant verfolgte ein junger Jimmy Page gebannt, wie Berry am ersten Abend der Tour auf diese Weise die Bühne des Londoner Finsbury Park Astoria betrat.
Berry war nicht der Einzige, der in die Trickkiste griff, um sein Publikum zu überzeugen. Jeden Abend beendeten die Gruppen ihren Auftritt mit einer schnellen Nummer, doch was Rock’n’Roll anlangte, konnte niemand von ihnen Chuck Berry das Wasser reichen. So einigten sich die Animals darauf, ihren Gig mit einer nachdenklichen Version eines alten Folk-Songs zu beenden, „The House of the Rising Sun“. Die Nummer war langsam und dramatisch und hinterließ einen bleibenden Eindruck.
Die Animals nahmen den Track mit Mickie Most als Produzent in den Londoner Kingsway Studios auf. „Sie kamen um 7 Uhr morgens rein und spielten den Song in einem Take ein“, erinnerte sich Grant. Im Juni erreichte „House of the Rising Sun“ die Spitzenposition in den UK-Charts. Ein Kunststück, das sie zwei Monate später in den USA wiederholen sollten. Es war Grants erste Hit-Single.
Im April 1970 spielten Led Zeppelin in der Miami Beach Convention Hall in Florida. Nach der Show nahm Grant sie mit zu einem Auftritt von Little Richard in einem nahegelegenen Ressort. Peter hatte vorab angerufen und einen Tisch reserviert, doch sie verspäteten sich und trafen inmitten eines Songs ein. „Richard sah das und stutzte“, sagte Grant. „Er hörte auf zu spielen.“
Das ältliche Publikum drehte sich zu ihnen um und blinzelte den bärtigen Riesen und seine langhaarigen Gefährten an, während die sich ihren Weg durch die Menge bahnten. „Seht ihr den Mann da drüben“, rief ein begeisterter Little Richard und zeigte auf Grant. „Das ist Mister Peter … Er hat mir in Paris einmal das Leben gerettet.“
Im Juni 1964 verbrachte „Mister Peter“ zwei Wochen mit Little Richard auf Tour durch Europa. In den späten Fünfzigerjahren hatte dieser plötzlich zu Gott gefunden und dem Rock’n’Roll zugunsten des Gospels entsagt. Als Don Arden mit einem großen Scheck vor seiner Nase wedelte, wandte er sich erneut der Teufelsmusik zu und begeisterte sein Publikum auf einer Tour durch Großbritannien.