Peter Grant - Ein Leben für Led Zeppelin. Mark Blake
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Grants letzter Film, Die Kanonen von Navarone, erwies sich als Kassenschlager, doch das hatte leider keine positiven finanziellen Auswirkungen auf einfache Stunts und Doubles. Später erzählte er einem Journalisten, dass Gloria und er in ihrem ersten gemeinsamen Jahr so arm gewesen wären, dass sie sich als Weihnachtsessen eine Dosensuppe geteilt hätten.
Im Juni begleitete Grant die Jeanettes zu ein paar Auftritten in einer britischen Militärbasis in Tripolis. Das Paar heiratete in diesem Sommer in Hull und zog zu Dorothy in die Norhyrst Avenue. Die frisch Verheirateten hatten es nicht einfach. Dorothy mochte zwar einen unehelichen Sohn zur Welt gebracht haben, dennoch war sie eher viktorianisch eingestellt. „Meine Großmutter war sehr prüde“, sagt Helen. „Sie mochte meine Mum nicht wirklich. Sie kamen nicht immer miteinander aus.“
Gloria war gerade mal 24 Jahre alt, hatte aber schon seitdem sie ein Teenager war am Theater gearbeitet. „Mum war zwar winzig, aber ziemlich temperamentvoll und ließ sich nichts bieten.“
Kurze Zeit darauf entdeckte Gloria, dass sie schwanger war. Das Paar zog in ein Mini-Apartment am Dorrington Court, oben auf dem South Norwood Hill. Später verdiente Grant genug Geld, dass sie in die Cromwell Road nahe Shepherds Bush ziehen konnten.
„Fürs Erste musste Dad zwei oder drei Jobs gleichzeitig annehmen“, erzählt Helen. „Er chauffierte nach wie vor Bands. Außerdem arbeitete er noch als Taxifahrer. Sie hatten nichts. Wenn er seine Schuhe ausgelatscht hatte, stopfte er sie mit Pappe aus. Er klaute die Milchflaschen, die vor den Haustüren der Leute standen.“
Als die Lage zu prekär wurde, fing Grant an, Vollzeit bei Don Arden zu arbeiten. Arden, der 2007 starb, ging in seiner Autobiografie Mr. Big schonungslos mit Grant ins Gericht. Er beschuldigte ihn, ein Dieb zu sein, stellte in Abrede, dass er jemals ein Wrestler gewesen wäre, und beschrieb ihn als „300-Pfund-Sack Scheiße“.
Ein Teil von Ardens Problem war sicher, dass der Lehrjunge sich irgendwann aufschwang, den Meister abzulösen. Trotz ihrer späteren Animositäten räumte Grant stets ein, dass er von Arden eine Menge gelernt hätte. Don war ein alter Vaudeville-Star, der seinen Ruf als sogenannter „Pate des Rock’n’Roll“ genoss. Als sein Leben sich dem Ende zuneigte, war Arden hauptsächlich als Sharon Osbournes Dad bekannt.
Arden war als Harry Levy in einer jüdischen Familie zur Welt gekommen, die nach der Revolution aus Russland geflohen war und sich in Manchester niedergelassen hatte. Später berichtete er davon, dass seine Kindheit von Antisemitismus und Gewalt überschattet war, behauptete aber auch, seine Peiniger in ihre Schranken gewiesen zu haben, indem er Ratten umbrachte und ihre Kadaver zur Schau stellte: „Sie fragten sich, zu was ich alles imstande wäre.“
Schon als Teenager begann er, sich „Don Arden“ zu nennen. Er imitierte populäre Sänger und ahmte harte Raubeine aus Hollywood wie Edward G. Robinson und James Cagney in Varieté-Nummern nach. 1956 ermutigte ihn ein Zwischenrufer im Palace in Blackpool, doch mal mit seiner eigenen Stimme zu singen. Wenig später hörte Arden zum ersten Mal Elvis und spürte, dass seine Zeit vorüber war. „Es machte keinen Sinn, weiterzumachen und zu versuchen, lauter zu singen als diese Kids“, argumentierte er.
Stattdessen erfand sich Arden als Veranstalter und Agent neu. Er war auf amerikanischen Militärstützpunkten in Großbritannien aufgetreten und hatte realisiert, dass kaum Acts gebucht wurden, die die Truppen tatsächlich gerne gesehen hätten: „Die Soldaten fragten nach Elvis und bekamen dann Fritz, den örtlichen Jodelmeister, und seinen tanzenden Bären.“
Zunächst fiel es Arden schwer, das Monopol der britischen Showbiz-Agenturen zu knacken, aber er schaffte schließlich den Durchbruch, als ihn einer seiner erfahrenen Kontakte fragte, ob er von der jungen amerikanischen Gesangssensation Gene Vincent gehört hätte. „Du wirst ihn lieben“, wurde ihm erklärt. „Er ist umwerfend.“
Arden überzeugte die New Yorker William Morris Agency davon, Vincent in Großbritannien veranstalten zu dürfen. Obwohl junge heimische Rocker wie Cliff Richard und Marty Wilde Hits produzierten, sehnte sich das britische Publikum nach dem Original aus Amerika. Arden schickte Vincent auf eine Tour durch die Konzertsäle, plante aber auch ein paar lukrative Auftritte auf amerikanischen Militärbasen ein.
Um seine transatlantischen Kontakte noch zu intensivieren, gründete Arden die Agentur Anglo-American Artists, die ihr Büro in der Curzon Street 35 im Londoner Bezirk Mayfair hatte. Die Adresse nutzte bald schon ein stets wachsendes Netzwerk von Agenten, Veranstaltern und geneigten Opportunisten, von denen viele Arden mit ihren eigenen geschäftlichen Bestrebungen auch als Konkurrenten in die Quere kommen sollten.
Die Hausnummer 35 beherbergte auch den Showbiz-Agenten Colin Berlin und den zukünftigen Manager von Van Morrison, Phil Solomon. Beide griffen auf Grants Dienste zurück. Das traf auch auf den ehemaligen Bandleader und nunmehrigen Agenten Vic Lewis zu, der seine Management-Agentur dem Beatles-Manager Brian Epstein verkaufte. Epsteins Firma N.E.M.S. wollte Ardens Klienten, die Rockgruppe Black Sabbath aus den Midlands, abwerben.
Arden avancierte auch zu einem Partner des Star Clubs, jener Location im Hamburger Rotlichtmilieu, in der die Beatles ihr Handwerk erlernten. Don erkannte jedenfalls eine Marktlücke und begann sie zu füllen – so wie das Grant später mit Led Zeppelin tun sollte. Er lotste Gene Vincent fort von anderen Veranstaltern und leitete schon bald auch Touren für andere amerikanische Acts wie Johnny Preston und Brenda Lee in die Wege. Bei ihnen handelte es sich nicht ausschließlich um Rock’n’Roll-Interpreten, aber das war egal: Hauptsache, sie waren Amerikaner.
Don und seine Frau, eine ehemalige Tänzerin mit dem Spitznamen „Paddles“, wohnten in Brixton im Süden Londons mit ihrem Sohn David und ihrer Tochter Sharon. In ihrem Haus in der Angell Road befand sich auch Ardens Büro, das seine Laufburschen beherbergte, wenn einer mal ein Bett für eine Nacht brauchte. Zu seinen Geschäftskontakten zählten die ehemaligen Wrestler und jetzigen Pop-Manager Les Bristow und Paul Lincoln. Henry Henroid, ebenfalls ein aus dem 2iʼs bekanntes Gesicht, sollte schon bald als Fahrer und Leibwächter von Gene Vincent auf der Gehaltsliste auftauchen.
Es ging bei diesem Business um Geld und sobald der Geldfluss erst einmal in Schwung gekommen war, wuchs auch Dons Entourage aus Filmkomparsen, Stunt-Doubles und Männern, die schlicht so aussahen, als könnten sie sich benehmen. „Sie waren alle in den Randbereichen des Showgeschäfts beheimatet und wurden angestellt, weil sie jemanden kannten, der auch wieder wen kannte“, sagt Sharon Osbourne.
Zu diesen Leuten zählten auch Stan Simmonds, der ebenfalls bei Cleopatra und Citizen James als Statist mitgewirkt hatte, sowie das zukünftige Black-Sabbath-Managerteam Patrick Meehan Sr. und Wilf Pine, die den Kray-Zwillingen und dem New Yorker Verbrecherboss Joe Pagano verkehrten.
Arden traf Peter Grant zum ersten Mal, als er eine Show auf einem amerikanischen Militärstützpunkt ansagte. Grant chauffierte damals den traditionellen Jazz-Act Dick Charlesworth and His City Gents. „Peter war einfach ein Junge in seinen Zwanzigern“, erinnerte sich Arden. „Aber er besaß einen VW-Bus.“
Ehe man sich versah, schloss sich Grant Ardens Gang an und verdiente fünfzig Pfund in der Woche. Von diesem Sold musste er aber selbst den Sprit berappen.
„Peter gehörte zu den Handlangern meines Dads“, sagte Sharon Osbourne „Ich erinnere mich an ihn, weil er uns zur Schule brachte und später wieder abholte.“
Allerdings machte sich Arden schon bald Peters Größe und Auftreten zunutze. Im Oktober 1962 holte Don Gene Vincent, den Soul-Star Sam Cooke und den „Tutti Frutti“-Sänger Little Richard nach Großbritannien. Henry Henroid betrieb mittlerweile den Star Club in Hamburg, weshalb Arden Grant damit beauftragte, sich als Fahrer und Bühnenmanager um Vincents Belange zu kümmern.
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