Peter Grant - Ein Leben für Led Zeppelin. Mark Blake
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Underwood sagte zwar zu, wurde aber am nächsten Tag gefragt, ob er sich einer anderen Gruppe anschließen wollte. Er rief Grant an, um ihm mitzuteilen, dass er seine Meinung geändert hätte. „Peter nahm das ganz gelassen. Ich sagte aber nicht Led Zeppelin ab“, formuliert er es vorsichtig. „Schließlich existierten die ja noch gar nicht. Außerdem hätte das nie funktioniert, da John Bonham der perfekte Schlagzeuger für sie war.“
Mickie Most, der singende Kellner aus dem 2iʼs, kehrte 1963 in Peters Leben zurück. Mickie hatte England Weihnachten 1958 den Rücken gekehrt. Im Sommer zuvor hatte er seine zukünftige Frau Christina kennengelernt, die in London Urlaub machte. Nach einer turbulenten Romanze zog er zu ihr und ihrer Familie nach Südafrika, wo sie den Großteil der nächsten vier Jahre verbrachten.
Die Most Brothers hatten einen Plattenvertrag bei Polydor unterschrieben. „Wir tourten anderthalb Jahre lang und machten ein paar schauerliche Platten“, so Mickie selbst. Doch in Südafrika lechzte man nach Rock’n’Roll. So formierte Mickie die Gruppe Mickie Most and His Playboys und feierte gleich elf Nummer-eins-Hits, in der Regel mit Coverversionen amerikanischer Songs. Als er realisierte, dass südafrikanische Studiotechniker noch nie Rock’n’Roll-Platten aufgenommen hatten, fing er an, sie selbst zu produzieren.
Mickie und seine Band traten vor Gene Vincent auf, als der 1961 in Südafrika auf Tournee ging. Im Rahmen dieser Tour trafen sie auch auf Don Arden. „Don war ein sympathischer Halunke“, erinnert sich Mickies Witwe, Chris Hayes. Zwei Jahre später – Mickie war es leid, in den immer gleichen Tanzsälen aufzutreten – zogen sie zurück nach England.
„Mickie rief mich an, weil er arbeitslos war“, sagte Grant. „Also engagierte ich ihn als Vorgruppe und gelegentlichen Ansager für unsere Tourneen, als ich noch für Don arbeitete.“
Eine Existenz als Popstar blieb Most zuhause in London jedoch verwehrt. Ihm gelangen zwar ein paar bescheidene Hits, doch seine Karriere erlitt endgültig Schiffbruch, als seine Version von Frankie Fords „Sea Cruise“ von der BBC indiziert wurde, nachdem der griechische Luxus-Kreuzer Lakonia vor der Küste von Madeira gesunken war und dabei 128 Passagiere und Crewmitglieder das Leben verloren hatten.
Egal, wie abfällig Don Arden später über Peter Grant sprechen sollte, im Frühling 1963 engagierte er ihn als Agenten und beorderte ihn in die Curzon Street. Grant und der Co-Agent Mark Wildey hatten einen Deal mit Arden, der ihnen zehn Prozent Provision für jeden Act garantierte, den sie an Land zögen, was sie dann unter sich aufteilen würden: „Allerdings bezahlte uns Don nur selten.“ Ungefähr zu dieser Zeit fing Grant an, die Instrumental-Gruppe Flintstones zu managen, deren Gitarrist Terry Slater später einmal die Achtzigerjahre-Popgruppe A-ha betreuen sollte. Zwischenzeitlich begann Chris Hayes, sich als Veranstalterin zu betätigen. „Don hatte eine Menge Bands und verwies mich an Peter“, sagt sie. „Ich hörte Radio und suchte nach Songs mit Hit-Potenzial. Dann buchte ich die betreffenden Gruppen für sehr wenig Geld. Man musste sich beeilen, weil ihr Preis stieg, sobald sie die Charts enterten.“
Grant hatte sich viel bei Arden abgeschaut. „Er versuchte mich ein paar Mal übers Ohr zu hauen“, lacht Chris. „Er sagte, eine Band wäre bereits in den Charts, weshalb er den Preis anheben müsste. Ich glaubte ihm aber nicht.“
Veränderungen standen bevor. Die Beatles – eine englische Gruppe, inspiriert von Elvis und Gene Vincent – hatten einen neuen Sound und ein frisches Image etabliert und schickten sich nun an, die USA zu erobern. Don Arden hatte die Beatles ursprünglich nicht ernst genommen, was ihm nun teuer zu stehen kam. „Sie töteten einfach alles“, sagte er später. „Leute, die ihr ganzes Leben lang Stars gewesen waren, mussten nun auf Milchmann umsatteln.“
Arden hatte bereits vergeblich versucht, Elvis nach Großbritannien zu lotsen. Doch hatte er noch ein Ass im Ärmel. Chuck Berry war der einzig wahre Gitarrengott des Rock’n’Roll und hatte den britischen Nachkriegskindern einen verführerischen Einblick in die amerikanische Kultur ermöglicht. „Er sang von Hamburgern, die Tag und Nacht brutzelten“, sagte etwa Jimmy Page. „Wir hatten aber keine Hamburger in England und wussten nicht einmal, was das war.“
Arden machte sich nun daran, Chuck Berry nach Großbritannien zu holen. Die Sache hatte nur einen Haken: Berry saß gerade im Gefängnis, weil er eine minderjährige amerikanische Ureinwohnerin über die Grenze eines Bundesstaats transportiert hatte. Allerdings blieb Ardens Angebot einer UK-Tour so lange bestehen, bis Berry auf freien Fuß gesetzt wurde. Laut Grant war er es, der in Chucks Heimatstadt St. Louis, Missouri, und anschließend nach Chicago, Illinois, flog, um den Deal zu besiegeln. „Don sagte: ‚Ich will, dass du den Deal unter Dach und Fach bringst.‘ Er gab mir dafür noch einen Briefumschlag mit Geld“, enthüllte er, bevor er mithilfe einer Anekdote die Rassentrennung in Amerika in jenen Tagen sowie die komplizierte Beziehung zwischen Manager und Künstler illustrierte.
Grant war jedenfalls schockiert, als Berry ihn persönlich am Flughafen abholte und ins Hotel brachte. Als Peter ihm einen Drink ausgeben wollte, schlug Chuck das Angebot aus. „Das war mein erster Besuch in Amerika. Ich realisierte zunächst nicht, dass das daran lag, dass er schwarz war.“
Am folgenden Tag fuhren sie zu Berrys Plattenfirma Chess Records, um sich mit dem Chef des Labels, Leonard Chess, zu treffen. „Der Schuppen ähnelte einer Flüsterkneipe“, sagte Grant. „Leonard trug Hosenträger, rauchte Zigarre und sagte: ‚Ach, du bist sicher der Engländer.‘“
Grant schloss den Deal mit Chess und Berrys Anwalt ab und überreichte Ardens Umschlag mit dem Bargeld. Berrys Beteiligung war minimal. „Chuck sagte: ‚Das Einzige, was du für mich tun musst, ist, mir einen richtig guten Klavierspieler zu besorgen.“
Anschließend forderte Leonard Chess Berry zu Grants neuerlichem Erstaunen dazu auf, ihn wieder zum Flughafen zu bringen. „Wir verließen Chess Records durch den Hintereingang. Dort sah es aus wie auf dem Stellplatz eines Gebrauchtwagenverkäufers. Alles voll mit Cadillacs“, sagte Grant. „Chuck suchte sich einen aus und wir fuhren los.“ Unterwegs erklärte Berry ihm, dass der Cadillac zu viel Benzin schluckte und er ihn nicht ganz bis ans Ziel chauffieren könnte. Stattdessen ließ er ihn beim innerstädtischen Busbahnhof aussteigen.
Auf dem Weg zum Flughafen hatte Grant eine Menge zu grübeln. Er hatte Berry gefragt, wie viele Platten er insgesamt verkauft hätte. Chuck konnte das nicht beantworten. Sein Manager hatte ihn ja nie eingeweiht: „Ich fand das schrecklich.“
Die Chuck-Berry-Tour war gebucht, obwohl sie erst im nächsten Jahr stattfinden sollte. Inzwischen holte Arden die singenden Geschwister von den Everly Brothers sowie den R&B-Gitarristen Bo Diddley aus Mississippi nach Großbritannien, um auf diese Weise den Beatles vielleicht doch noch das Wasser abzugraben. Diddley konnte es sich nicht leisten, eine ganze Band mitzubringen und tauchte nur in Begleitung seiner in einen Overall aus Lamé gehüllten Gitarristin Norma-Jean Wofford alias The Duchess sowie seines Maracas-Spielers Jerome Green auf. Mit Green freundete sich Peter sofort an. „Jerome trug immer ein Radio bei sich, das aber nicht zu funktionieren schien“, sagte Grant. „Eines Tages fragte ich ihn, was es damit auf sich hatte. Er nahm die rückseitige Abdeckung ab. Darin befand sich nichts außer einer halb ausgetrunkenen Flasche Scotch. Er flüsterte: ‚Sag bloß nichts zu Bo.‘“
Jahrzehnte später sollten die Everly Brothers Loblieder auf Peter Grant anstimmen und ihn als „besten Roadmanager, den wir jemals hatten“ bezeichnen. 1963 hatten die Everlys für die ersten paar Konzerte so wenige Tickets absetzen können, dass Arden Little Richard anbetteln musste, als Co-Headliner einzuspringen.
Weiter unten in der Hierarchie, quasi ein Abbild der alten und der neuen Garde, standen in der einen Ecke Mickie Most und in der anderen die Rivalen der Beatles, die Rolling Stones. Grant liebte den schmutzigen britischen Ansatz zu amerikanischem