Camp 21. Rainer Wekwerth

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Camp 21 - Rainer Wekwerth

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ist lange her. Er macht sich Sorgen um dich. Seit Moms Tod ist er nicht mehr derselbe.«

      »Musst du mir nicht sagen, Mike. Immerhin war ich für ihn da, als sie gestorben ist. Du bist nach der Beerdigung für eine Woche abgehauen. Hast uns alleingelassen.«

      Obwohl das schon ein Jahr her war, hörte Mike immer noch die Bitterkeit in Rickys Worten. Er hatte es damals nicht mehr im Haus ausgehalten. Alles erinnerte ihn an seine Mutter. Ihre Sachen lagen herum, selbst der Duft ihres Parfums hing noch in der Luft. Er hatte rausgemusst, einfach raus, oder er wäre verrückt geworden. Im Nachhinein tat es ihm leid, dass er seinen Dad und Ricky in dieser Situation im Stich gelassen hatte. Das würde nie wieder passieren.

      Eine Weile sagte keiner von ihnen etwas. Jeder hing seinen Gedanken nach.

      »Wenn der Alte mitkriegt, dass wir uns seine Karre ausgeliehen haben, flippt er aus«, meinte Ricky schließlich und nahm einen weiteren tiefen Zug.

      »Sag mir was, was ich noch nicht weiß.«

      Der Tag war einfach zu schön, um nicht durch die Gegend zu fahren. Ihr Vater hatte den Zug in die Stadt genommen und würde erst spät am Abend zurückkehren. Zeit genug, die Sonne zu genießen, während all ihre Freunde in der Schule saßen und für die nächste Prüfung büffelten.

      Eigentlich war es Rickys Idee gewesen, blauzumachen und sich den Wagen für einen Ausflug zu schnappen. Zuerst hatte er sich nicht darauf eingelassen, aber Ricky konnte einen echt bequatschen, und wenn er seinen Kleinerbruderblick aufsetzte, war es schwer, ihm etwas abzuschlagen.

      Nun röhrte der 78er Ford Mustang II King Cobra mit seinen sechs Zylindern über die Landstraße und es fühlte sich gut an.

      Verdammt gut.

      Das Gefühl hielt nicht lange.

      Etwas erregte seine Aufmerksamkeit. Mike blickte in den Rückspiegel. Hinter ihm war ein Streifenwagen aufgetaucht und kam rasch näher. Was gerade noch Spaß, das Gefühl von Freiheit und Abenteuer gewesen war, wurde ernst. Nicht nur, dass er viel zu schnell fuhr. Nicht nur, dass er erst siebzehn Jahre alt war und noch keine zwölf Monate seinen Führerschein hatte. Nicht nur, dass dies das Auto seines Vaters war, das er sich, ohne zu fragen, »ausgeliehen« hatte, nein, neben ihm saß auch noch sein Bruder mit einem Joint in der Hand. Mike spürte, wie sein Magen nach unten sackte.

      »Hinter uns sind die Cops«, rief er. Der Fahrtwind riss ihm die Worte aus dem Mund.

      Ricky öffnete die Augen, wandte sich ihm zu. »Was ist?«

      »Polizei!« Mike deutete nach hinten.

      »Ich verstehe dich nicht. Was sagst du?«, brüllte Ricky.

      Mike setzte erneut an, aber eine Sekunde später war das nicht mehr nötig. Das Polizeifahrzeug hinter ihm hatte die Sirene eingeschaltet und jagte nun mit aberwitzigem Tempo und zuckenden blauen und roten Lichtern heran. Einen Moment lang, nur einen Augenblick, dachte Mike daran, das Gaspedal durchzutreten und sein Glück in der Flucht zu versuchen, aber dann wurde ihm bewusst, dass er Ricky und sich dadurch erst recht in Schwierigkeiten bringen würde. Sein Bruder hatte in der Schule schon genug Ärger am Hals.

      »Schmeiß den Joint weg«, schrie Mike.

      Ricky sah ihn überrascht an, dann begriff er, dass Mike sich den Cops stellen würde. In hohem Bogen flog die Kippe aus dem Wagen.

      Mike ging vom Gas. Der Streifenwagen war nun so dicht heran, dass er beim Abbremsen darauf achten musste, dass er nicht auf ihn auffuhr. Vorsichtig zog er auf den Seitenstreifen und ließ den Mustang ausrollen.

      Als sie standen, schaute er Ricky an.

      »Am besten, du sagst nichts. Lass mich reden.«

      »Dad wird uns umbringen.« In Rickys Augen stand die Angst vor dem Ärger, der auf sie zukommen würde.

      »Wird schon werden.«

      »Das denke ich nicht«, murmelte Ricky und Mike glaubte einen Moment lang, ihn falsch verstanden zu haben.

      Kayla ging den düsteren Hausflur entlang und fühlte sich unwohl. Der ganze Häuserblock war schäbig. Überall lag Müll herum. Es roch nach Alkohol und Urin. Papierfetzen und Graffiti säumten ihren Weg und ihre Turnschuhe machten tappende Geräusche auf dem schmierigen Linoleum.

      Während sie auf der Suche nach Wohnung 1198 B den Flur hinunterschritt, hatte sie das Gefühl, die Wände rückten mit jedem Meter, den sie zurücklegte, näher. Links und rechts befanden sich schwere Metalltüren, die zu Wohnungen führten, aber besser in eine unterirdische Bunkeranlage gepasst hätten.

      Im trüben Licht vereinzelter Glühbirnen war es schwer, die Nummern an den Wänden zu lesen. Alle Leuchtmittel waren vergittert, aber die meisten von ihnen waren dennoch zersplittert oder funktionierten aus anderen Gründen nicht.

      Obwohl es draußen heiß war, kroch im Haus eine merkwürdige Kühle durch die Gänge. Kayla trug Shorts und ein ärmelloses Shirt. Sie fröstelte und rieb sich die Arme, während sie versuchte, eine weitere Wohnungsnummer zu entziffern.

      1193 A.

      Es konnte nicht mehr weit sein. Kayla war verunsichert. Sie begann zu schwitzen. Es fühlte sich falsch an, hier zu sein. Sie gehörte nicht in diese Gegend, alles Mögliche konnte passieren. Für einen Moment fragte sie sich, ob es nicht vollkommen verrückt gewesen war hierherzukommen.

      Vor ihr machte der Flur einen rechtwinkligen Knick und bog nach links ab. Hier war es noch dunkler als im übrigen Gang.

       Oh Tom, wo bist du nur gelandet? Wie konnte es so weit mit dir kommen?

      Sie und Tom kannten sich seit dem Kindergarten. Er war ihr bester Freund gewesen, aber dann hatte er sich verändert, sich von ihr zurückgezogen, und schließlich, vor einem halben Jahr, hatte er jeden Kontakt zu ihr abgebrochen.

      Sechs Monate lang kein Lebenszeichen von ihm.

      Bis heute.

      Um 11.38 Uhr war eine Nachricht auf ihrem Handy eingegangen.

       Ich bin verloren. Hilf mir.

      Hickary Street 28, Wohnung 1198 B. Tom

      Sie hatte seinen Hilferuf erst in der Pause gelesen, Handys waren im Unterricht verboten, und war sofort losgefahren, um ihn zu treffen.

      Kayla wusste, dass es deshalb Ärger geben würde. Erstens versäumte sie unentschuldigt den Unterricht und zweitens setzte sie sich über den Willen ihrer Eltern hinweg. Schon vor seinem Verschwinden hatten sie ihr aus Sorge, Tom hätte einen schlechten Einfluss auf sie, jeden Umgang mit ihm verboten. Immer wieder hatte Kayla versucht, mit ihren Eltern über ihn zu sprechen, aber die Antwort blieb stets die gleiche: »Halt dich von ihm fern!«

      Aber das konnte sie nicht. Niemals. Tom wohnte in ihrem Herzen. Er war der Bruder, den sie nie gehabt hatte. Ebenso gut hätten ihre Eltern verlangen können, sich von ihrem rechten Arm fernzuhalten. Es ging nicht, sie waren miteinander verwachsen und all die Monate ohne Nachricht von Tom waren dunkel gewesen.

      Nun würde sie ihm wieder gegenüberstehen.

       1198 B.

      Verschmiert,

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