Mit Killern muss man teilen: Thriller Sammelband 11 Krimis. A. F. Morland
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Die Zwillinge ließen es sich nicht nehmen, meine Reisetasche zu tragen. Sam fasste den rechten Henkel, Joel den linken, und so wackelten sie ins Haus. Die Tasche war zum Glück nicht schwer, denn für ein verlängertes Wochenende hatte ich nicht viele Sachen eingepackt.
Oben im Gästezimmer angekommen, schmissen sie meine Tasche auf das Bett und schauten mich erwartungsvoll an. Ich wusste genau, was sie wollten und beschloss, sie nicht länger warten zu lassen. Die Tasche wurde von mir geöffnet und zum Vorschein kamen zwei kleine Polizeimützen. Ich kramte weiter in meiner Tasche und holte noch zwei goldene Blechmarken hervor, auf den stand: Special Police.
Ich überreichte sie den Jungs und es brach ein Jubel aus.
„Danke, Tante Carrie“, sagte Joel.
„Du bist die beste Tante der Welt“, schob Sam hinterher.
Sie stoben nach draußen, rannten in ihr Zimmer und schlossen die Tür.
„Jetzt werden wir sicher erst einmal Ruhe vor den Wirbelwinden haben“, bemerkte Anne.
„Wenn du deine Sachen ausgepackt hast, komm in den Garten, wir machen es uns da gemütlich bis Cliff von der Arbeit kommt.“
Ich räumte meine Sachen in den Schrank, zog eine kurze Shorts an und tauschte meine Bluse gegen ein lockeres T-Shirt. Ich versuchte mit einer Bürste mein wildes Haar etwas zu ordnen und verließ das Gästezimmer.
Auf dem Weg nach unten in den Garten waren die Stimmen der Jungen aus dem Kinderzimmer zu hören. Sie spielten Polizei, ihre Kuscheltiere waren die Bösewichte.
Wir saßen auf der Terrasse und hatten uns eine Menge zu erzählen, die Zeit verging wie im Flug.
„Wie ist denn dein Kollege Rayn Taylor so?“, fragte sie augenzwinkernd. Anne wusste, dass ich keinen festen Freund hatte.
„Anne, er ist nur mein Arbeitskollege. Zwar ein gutaussehender, aber eben nur ein Kollege. Zwischen uns läuft nichts. Das wäre auch schlecht für unsere Zusammenarbeit. Lieben und zusammen arbeiten..., das kann nicht gutgehen. Vierundzwanzig Stunden rund um die Uhr beisammen sein, das hält sicher keine Beziehung aus.“
Anne lachte laut und herzlich, als sie erwiderte: „Bei mir und Cliff hat es hervorragend geklappt. Wir sind seit fünf Jahren verheiratet und es läuft bestens zwischen uns. Wir sind sogar am Überlegen, ob wir uns nicht noch eine kleine Prinzessin anschaffen sollten.“
Anne schaute zur Uhr und stellte fest, dass es schon Mittag war.
„Lass uns reingehen und das Essen vorbereiten. Cliff hat sich heute etwas früher frei genommen und wird bald nach Hause kommen. Er freut sich dich wiederzusehen. Heute gibt es das Leibgericht der Jungen. Spaghetti mit italienischer Tomatensoße.“
Cliff kam vierzig Minuten später zur Tür herein und wurde stürmisch von seinen beiden Knirpsen begrüßt.
Er war groß und schlank. In mehr als achtunddreißig Jahren hatte er es sich nicht gestattet, auch nur ein Gramm überflüssiges Fett anzusetzen. Er hatte die sensiblen und doch kräftigen Finger des Chirurgen und die sonore, angenehme Stimme eines Schauspielers. Er war genau der Typ, der Patienten Ruhe und Vertrauen einflößt. Anne hatte schon am Anfang ihrer Ausbildung ein Auge auf ihn geworfen.
Cliff klemmte sich beide Jungs unter die Arme und wirbelte sie so lange herum, bis ihm die Puste ausging. Mit einem Klaps auf den Hintern wurden sie nach oben zum Händewaschen geschickt. Völlig außer Atem betrat er die Küche, hauchte Anne einen Kuss auf die Wange und begrüßte mich mit einer Umarmung.
„Ich freue mich dich zu sehen, liebe Carrie. Du siehst gut aus, deine Arbeit beim FBI scheint dir bestens zu bekommen“, sagte er und streckte mich mit beiden Armen von sich. „Erzähle mal, wie ist es dir in letzter Zeit ergangen, hast du schon viele böse Ganoven verhaftet?“
„Ach Cliff, du weißt doch, dass ich über die Fälle des FBI nicht reden kann, aber es sei so viel gesagt: Wenn du über große Verbrechen in den Zeitungen liest, bin ich meist mit von der Partie.“
2
Es war am Mittagstisch eine lustige Runde. Es herrschte ein heilloses Durcheinander, jeder wollte seine Geschichte erzählen, manchmal redeten sogar alle gleichzeitig.
Ich genoss es einfach, wie ein Familienmitglied mit dabei zu sein. Nach dem Essen, Anne räumte den Tisch ab, die Kinder gingen in ihr Zimmer, zog ich mich mit Cliff bei einem Glas Wein auf die Terrasse zurück.
„Und, mein Lieber“, fragte ich, „was macht dein Job, schnippelst du immer noch mit Freude an Menschen herum?“
Cliff lachte. „Aber ja, und dabei sind durchaus ab und zu interessante Fälle dabei“, schmunzelte er. „Ich habe zum Beispiel gestern einem kleinen Mädchen die rechte Hand gerettet. Sie wollte bei einem Rasenmäher-Roboter, der gerade den Rasen im Vorgarten mähte, mal schauen, wie er das Gras abschneidet. Der Rasenmäher zog seine Bahnen und sie lief immer hinter ihm her. Plötzlich schob sie ihre kleine Hand darunter, um ihn hochzunehmen.
Der Vater konnte gar nicht so schnell reagieren, wie sie ihre Hand runter schob. Die Klingen schnitten ihr den Handrücken auf. Es sah schlimmer aus als es war, aber dennoch musste ich an dem kleinen Händchen nähen.“
Der Tag näherte sich dem Ende. Wir saßen beim Abendbrot und die Zwillinge bettelten darum, dass ich Ihnen noch eine spannende Kriminalgeschichte aus meinem Polizeileben erzählen sollte. Anne runzelte die Stirn, als ich lachend zusagte.
„Anne, keine Angst“, raunte ich ihr zu, „ich werde natürlich eine Geschichte von dem entführten Hund erzählen und dass ich ihn mit meinem Partner aus den Händen böser Ganoven gerettet habe. Du weißt doch..., Fantasie hatte ich schon immer.“
Am nächsten Tag, Cliff ging schon sehr früh ins Krankenhaus, saßen wir mit den Jungs am Esstisch und kneteten kleine bunte Figuren, als das Telefon klingelte. Cliff war am Apparat. Er sprach kurz mit Anne, die mir anschließend mit einer stummen Geste den Hörer reichte.
Ich sah sie erstaunt an und meldete mich.
„Carrie Hill am Apparat.“ Ich erkannte an der Stimme, dass es Cliff war, der mich bat, nach Brooklyn in seine Klinik zu kommen. Auf seiner Station liegt ein Zeuge eines Bankraubes, aber Näheres wollte er mir erst im Krankenhaus erklären.