Mit Killern muss man teilen: Thriller Sammelband 11 Krimis. A. F. Morland
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Leise zog ich die Tür hinter mir ins Schloss. Der Patient lag mit geschlossenen Augen im Bett. Er rührte sich nicht. Sein Gesicht wirkte grau und verfallen, wie eine Totenmaske. Ich trat näher und sagte halblaut: „Hallo, Mr. Turner!“ Er gab keine Antwort. In diesem Moment sah ich das Blut. Mit zwei Schritten war ich am Telefon. Ich riss den Hörer von der Gabel. Die Stationsschwester meldete sich. „Zimmer 113“, sagte ich. „Schicken Sie sofort Dr. Barker her!“
Ich ließ den Hörer fallen und nahm einen Taschenspiegel aus meiner Handtasche. Ich beugte mich über Turner und hielt den Spiegel vor seine leicht geöffneten Lippen. Auf der polierten Fläche schlug sich nicht der leiseste Hauch nieder.
Ich wusste plötzlich, dass Turner tot war. Er war nicht an den Kugeln gestorben, die der Gangster bei dem Banküberfall auf ihn abgefeuert hatte, das stand fest. Cliff hatte mir versichert, dass die Operation zufriedenstellend verlaufen wäre. „Der Patient ist außer Gefahr“, hatte er mir bei meinem Eintreffen im Krankenhaus erklärt. „Du kannst mit ihm sprechen.“
Die Tür öffnete sich. Ein junger bebrillter Arzt stürmte herein. Er warf mir einen flüchtigen Blick zu. Am Bett blieb er abrupt stehen. Dann wandte er langsam den Kopf und schaute mich prüfend und misstrauisch an. „Wer sind Sie?“, wollte er wissen.
„Carrie Hill vom FBI“, stellte ich mich vor.
Der Arzt schlug die Bettdecke zurück.
In Turners Körper steckte ein Messer mit extrem kurzem Griff. Es war nur wenige Millimeter unterhalb des Verbandes in Turners Herz gedrungen.
„Dann sind Sie genau die Richtige“, meinte der Arzt grimmig. „Für mich gibt es hier nichts mehr zu tun!“
4
Dr. Cliff Barker betrat mit wehendem Kittel das Zimmer und starrte auf die Leiche.
„Es war keine leichte Operation“, erinnerte er sich. „Wir mussten buchstäblich um Turners Leben kämpfen. Drei Stunden lang. Ich will dich nicht mit medizinischen Details der Operation langweilen. Ich möchte nur sagen, dass wir stolz und zufrieden waren, als wir es geschafft hatten.“
Er sah plötzlich sehr müde aus.
„Warum hat man es getan?“, fragte Barker.
„Auf der Fahrt hierher habe ich in der Hauptzentrale angerufen und mich nach dem Bankraub erkundigt. Die Gangster trugen bei dem Überfall auf die Bank schwarze Gesichtstücher“, erklärte ich. „Einem der Gangster rutschte das Tuch beim Geld einsacken bis auf das Kinn herab. Sekunden später hatte er die Maske wieder gerichtet, aber diese wenigen Sekunden genügten dem Bankangestellten Turner, sich das Gesicht des Banditen genau einzuprägen. Deshalb musste Turner sterben.“
„Ich verstehe“, murmelte Cliff.
Es klopfte. Die Stationsschwester trat ein. Das junge Gesicht strahlte Strenge und Autorität aus. Bei meinem Kommen hatte ich mich in ihr Besucherjournal eingetragen.
Ich erhob mich. Cliff sagte: „Bleib ruhig sitzen, Carrie. Für Förmlichkeiten ist jetzt keine Zeit“
Ich setzte mich wieder, und Cliff sagte zu der Schwester: „Mr. Turner ist ermordet worden. Der Täter muss vor etwa einer Stunde, also gegen dreizehn Uhr, in das Krankenzimmer eingedrungen sein. Um diese Zeit hatten Sie Ihren Dienst bereits angetreten. Wer hat Turner besucht?“
„Niemand außer Mrs. Hill, Sir.“
„Welche anderen Besucher haben die Station zur fraglichen Zeit betreten?“, erkundigte sich Dr. Barker.
„Nur zwei, Sir. Eine junge Dame, die zu dem Patienten in Nummer 109 wollte, und ein Mann, der Mr. Collin in 118 zu besuchen wünschte.“
Dr. Barker griff schweigend nach dem Telefonhörer. „Verbinden Sie mich mit Zimmer 118“, sagte er. Er musste einige Sekunden warten, dann sagte er mit seiner biegsamen, modulationsfähigen Stimme: „Hallo, Mr. Collin! Hier spricht Dr. Barker. Wie geht es Ihnen? Gut? Das freut mich zu hören! Ich hoffe, der Besucher hat Sie nicht zu sehr angestrengt?“
Ich beobachtete Cliffs schmales, klar profiliertes Gesicht und hörte, wie er halblaut fortfuhr: „Niemand ist bei Ihnen gewesen? Ich verstehe. Offenbar bin ich falsch unterrichtet worden. Wir sehen uns bei der Abendvisite!“
Er legte auf. „Da haben wir es!“, meinte er.
Ich blickte die Schwester an. „Hat der Besucher sich ausgewiesen?“
„Nein. Das ist bei uns nicht üblich.“
„Wozu dann das Besucherjournal?“, fragte ich.
„Es dient zur Kontrolle. Für manche Patienten gilt ein Besuchslimit. Wir müssen darauf achten, dass diese Beschränkungen genau eingehalten werden.“
„Wie sah der Mann aus?“, fragte ich. „Können Sie ihn beschreiben?“
„Er war ungefähr fünfunddreißig Jahre alt und gut gekleidet“, sagte die Schwester. „Er trug eine ungewöhnlich große Sonnenbrille, ein Pilotenmodell. Ich konnte seine Augen also nicht erkennen. Mir fielen vor allem seine Lippen auf. Sie waren blass, schmal und beinahe farblos, Er hatte ziemlich großporige Haut und eine schmale. Nase. Seine Stimme war etwas heiser, aber sie klang nicht unangenehm. Es war eine interessante Stimme. Der Mann wirkte selbstsicher und kühl, er war ein fesselnder Typ...“ Die Schwester unterbrach sich und wurde rot. Ihr war klargeworden, dass die Beschreibung einen von persönlichen Sympathien gefärbten Akzent bekommen hatte.
„Größe?“, fragte ich.
„Knappe eins achtzig. Er hatte schmale Hüften und breite Schultern. Ich würde sagen, dass er viel Sport treibt.“
„Hatte er etwas bei sich? Ein Paket, eine Tasche?“
„Nein, nichts. Nicht einmal Blumen.“
„Irgendwas anderes auffälliges an ihm?“
„Ja, er trug dünne Lederhandschuhe. Ich wunderte mich, dass er die Handschuhe trug und auch nicht abstreifte, als er den Namen in das Journal eintrug.“
„Wie lautet der Name?“
„Kenneth.“