Roter Mond. Miranda Gray

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Roter Mond - Miranda Gray

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style="font-size:15px;">      »Ich bin Souveränität, die Göttin des Landes.« Die Dame hob in einem Willkommensgruß die Arme unter ihrem Schleier.

      »Ich sehe, dass du den Glanz des roten Schleiers trägst. Willkommen, Tochter-Priesterin.« Eva fühlte, dass diese Herrin etwas Magisches an sich hatte und sie eher in einem Schloss mit schimmernden Türmen als in einer leeren, aus Holz erbauten Halle residieren sollte.

      »Sieh um dich mein Land.« Eva dehnte sich in ihrem Bewusstsein aus und sah das Land in der Halle vor ihr liegen. Lichtbahnen strahlten von jedem Punkt aus, erstreckten sich in Zickzacklinien über das ganze Land. Eva trat einen Schritt vor und bemerkte, dass ihre Bewegungen den Stoff ihres weißen Gewandes, das nun ihre Kleidung geworden war, zum Rascheln brachten. Sie ging auf das Feuer zu, und jeder ihrer Hüftschwünge veränderte das Muster der Lichtbahnen um sie herum. Die Landschaft wechselte in ihrer Jahreszeit, und sie roch den Duft des Winters. Sie sah, wie aus dem Winterdunkel das Licht des Frühlings hervorbrach, und fühlte den Fluss der Jahreszeiten rhythmisch durch ihren Körper strömen.

      Eva reichte in sich selbst hinab bis zum Kern ihrer schöpferischen Energien und brachte sie mit ihrem Willen dazu, durch ihren Körper aufzusteigen. Als die Energie in ihre Finger gelangt war, hielt sie sie dort versammelt. Sie war sich des inneren Zyklus ihres Körpers und des Landes bewusst und bereit, Muster in beide der sie umgebenden Welten zu weben. Die Göttin des Landes stand auf und ging auf Eva zu, die Kraftlinien des Landes strahlten aus ihrem Körper aus, wohin sie auch in spiraligem Muster zurückkehrten. Alle anderen Herrinnen und Göttinnen, denen Eva bisher begegnet war, waren größer als sie gewesen, aber diese Dame war ungefähr in ihrer Größe, wie Eva rasch feststellte. Sie war zart und schlank, aber sie strahlte eine Majestät aus, die Eva an eine Feenkönigin denken ließ. Sie trug einen Gürtel aus feinst gewebter grüner Seide in ihren Händen, reich bestickt mit silbernen Granatäpfeln und goldenem Korn, den sie um Evas Hüfte schlang.

      »Du bist jetzt meine Repräsentantin«, sagte sie. »Du hast die Macht, beide Welten zu sehen, die innere und die äußere. Du verfügst über die Magie, Muster und Wellen im Gewebe beider Welten zu schaffen. Du kannst das Netz der Prophezeiung, der Initiation und des Lebens selbst in Schwingung versetzen. Das ist dein Geschenk der Mond-Blutung. Du weißt instinktiv um beide Welten und kennst sie, und in der Zeit der Dunkelheit kannst du zwischen diesen Welten hin- und herwandern und Mittlerin ihrer Energien sein.

      Die Frau der modernen Zeit wandert in der Welt der Wissenschaft und Technologie wie auch in der Welt der Natur und Intuition. Diese Welten sind für sich genommen keine absoluten Welten, sie sind ineinander verwoben. Für die Frau sind beide Welten gleichermaßen wirklich, und sie hat die Fähigkeit, sie in einem Bewusstseins- oder Gewahrseinsfluss auszubalancieren. Aus dieser Fähigkeit heraus sind alle Frauen weise Frauen, sind alle Frauen Priesterinnen.

      Eine Frau, die sich ihres Zyklus bewusst ist, muss ihm treu sein, aber sie ist auch für den Gebrauch ihrer Energien, deren Ausdrucksformen und Auswirkungen auf andere verantwortlich. Verantwortung heißt nicht, dass sie nicht ihre Fähigkeiten nutzen soll, aber sie soll sich auch nicht hinter ihrem Menstruationszyklus verstecken oder ihn als Ausrede benutzen. Die Verantwortung, die mit diesem Geschenk einhergeht, ist groß. Es ist eine Verantwortung dir selbst gegenüber, gegenüber anderen Frauen, der Gemeinschaft, dem Land und den künftigen Generationen.«

      Souveränität, die Göttin des Landes, hob die Hände zu einer Segnung. »Tanze deine Muster, webe deine Zauber, schreibe deine Gedichte, singe deine Geschichten, male deine Schönheit, gebäre deine Kinder.«

      Eva fühlte sich überwältigt von Liebe zu der Dame und zum Land, und Tränen flossen aus ihren Augen. Und aus jedem blinkenden Tropfen, der zu Boden fiel, formte sich eine weiße Blüte.

      Das Land und die Halle verblassten allmählich und verflüchtigten sich, und Eva stand wieder einmal in der Dunkelheit. Wieder wurde der Vorhang abrupt zur Seite gezogen, und Eva sah die Rote Herrin am Eingang zu dem kuppelförmigen Raum stehen. Eva ging hindurch und fand sich nunmehr auf der anderen Seite des Podests wieder. Sie sah die Rote Herrin an und fühlte sich von ihrer Sinnlichkeit oder verborgenen Dunkelheit in ihren Augen nicht mehr bedroht. Die Rote Herrin lächelte, als sie Evas tiefes Erkennen wahrnahm.

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      »Du hast nun akzeptiert, was du bist, aber nun musst du deiner Natur auch treu sein, und das ist nicht immer leicht. Der abnehmende Mond ist eine Zeit, in der du mit deinen physischen Energien zurückhaltend umgehen sollst, aber er ist auch eine Zeit starker sexueller und schöpferischer Energien. Du stellst vielleicht fest, dass du sehr deutlich sagst, was du auf dem Herzen hast, und dass du dem Profanen oder der Routine nicht mehr mit der Toleranz begegnen kannst, die du sonst während des restlichen Monats aufbringst. Das ist das Geschenk der Wahrheit, aber es kann aus Wut und Frustration entstehen, aus der Verweigerung der Möglichkeit, zu diesem Zeitpunkt deiner wahren Natur treu sein zu können. Diese Wut kann deine Energien ins Zerstörerische wenden; sie können Schmerz und Leid bereiten, anstatt dass sie für den konstruktiven und kreativen Gebrauch eingesetzt werden.

      Die destruktive Seite im Wesen der Frauen wurde in früheren Zeiten anerkannt, jedoch als Teil ihrer schöpferischen Natur hingenommen. Die Frau gibt, aber sie nimmt auch. Sie ist die Linie der Kontinuität, aber sie ist auch in Zyklen aufgespalten. Sie schafft das Neue, aber sie zerstört auch das Alte. Setze deine destruktiven Energien weise ein, und vergiss nie, dass Zerstörung und Schöpfung nicht voneinander getrennt sind. Sei dir deines Zyklus und der Natur deiner Energien bewusst, du trägst die Verantwortung für deine Handlungen. Es ist leichter, dem Körper die Schuld zu geben und den Geist von ihm abzuspalten, als innerhalb des Rhythmus zu arbeiten und dein Leben entsprechend zu ändern.«

      Die Rote Herrin stieg die drei Stufen zum Thron hinauf. »Du bist eine Frau. Du bist stark, weil du nicht unveränderlich bist, weil die Rhythmen des Wandels die Rhythmen des Universums sind.«

      Als die Rote Herrin sich auf dem steinernen Thron niederließ, verwandelte sich ihr Aussehen; die Haut wurde blasser, das Haar heller, die Gesichtszüge sanfter und das Rot des Kleides wurde zu einem mondigen Blau. Ohne allzu überrascht zu sein, erkannte Eva die vertraute Gestalt der Herrin des Mondes.

      »Ja«, antwortete die Herrin des Mondes auf Evas unausgesprochene Frage, »wir sind ein und dieselbe, haben aber unsere verschiedenen Zeiten. Während des Monats bin ich teils Herrin des Mondes, teils Rote Herrin, aber nur zu den Wendezeiten der Menstruation und des Eisprungs bin ich ganz die eine oder die andere.« Sie stand auf, stieg die Stufen hinab und bedeutete Eva, sich auf den Thron zu setzen. »Hab keine Angst«, sagte sie.

      Zögernd stieg Eva die Stufen hinauf und ließ sich auf dem roten Kissen nieder. Trotz ihres gewachsenen und vertieften Bewusstseins und Verstehens war sie doch noch angespannt und saß gerade und aufrecht. Ihre Augen suchten den Blick der Herrin des Mondes. Sie merkte, wie sich ihr reines weißes Gewand allmählich veränderte. Der Saum färbte sich zartrosa, wurde dann leuchtend rot, und die Farbe stieg hoch, bis sie das ganze Kleidungsstück erfasst hatte. Innerhalb von Sekunden war Eva nun in ein blutrotes Gewand gehüllt. Plötzlich überkam sie ein Gefühl der Losgelöstheit, und sie wandte ihre Aufmerksamkeit von dem Raum und ihrer unmittelbaren Umgebung ab. Tief im Innern der sie begrüßenden Dunkelheit wurde sie sich des Spinnennetzes bewusst, dessen Fäden sie mit der großen schwarzen Göttin verbanden. In der Tiefe ihrer selbst glaubte Eva ihre Stimme zu hören:

      »Ich existiere unsichtbar in allen Dingen. Ich bin das Potenzial, die Dunkelheit des Schoßes vor der Wiedergeburt.«

      Als Eva sich wieder ihrer Umwelt bewusst wurde, stand die Herrin des Mondes neben ihr. Das Bedürfnis, zu bleiben, und das Verlangen, sich nicht zu regen, waren stark. Die Herrin des Mondes half Eva auf die Füße, aber es war die Rote Herrin, die sie die Stufen hinuntergeleitete und zu einem kleinen Alkoven in der Wand führte. Eva kletterte

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