Tod an der Wallmauer. Anna-Lena Hees
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Читать онлайн книгу Tod an der Wallmauer - Anna-Lena Hees страница 3
»Kannst du was sehen? Die Nacht hat es geregnet. Nicht, dass der Regen irgendwelche brauchbaren Spuren vernichtet hat.« Elias blickte ein wenig skeptisch drein.
»Ja, das kann sein. Aber noch haben wir Hoffnung, doch was zu finden. Warte nur ab!« Manuel widmete sich wieder der Gittertür. Dann verkündete er lauthals das Ergebnis: »Da, am Türgriff. Hier hat die Person das Tor angefasst, um es irgendwie aufzudrücken. Ich konnte Fingerabdrücke erkennen!«
Kollege Elias zuckte wegen des lauten Rufes zusammen, fasste sich aber schnell wieder und bat seinen Kollegen, ihm die Lupe zu geben. »Zeig mal! Ich sehe mir das mal selbst an!« Mit den Worten nahm er die Lupe entgegen und prüfte das Tor ebenfalls auf die Fingerabdrücke. Tatsächlich konnte er sich davon überzeugen. »Du hast Recht! Da sind in der Tat Abdrücke zu erkennen. Ich will wissen, ob sie auch wirklich von dem Toten stammen. Komm mit!« Elias ging eilig voraus und stapfte einen schmalen Pfad entlang. Sein Blick fiel auf den Pavillon, dann auf die Mauer, von welcher der tote Mann auf den Asphalt gestürzt war. Neben der Mauer lag das Brecheisen. Elias’ Blick fiel darauf. »Manuel, komm schnell her! Ich habe was gefunden!« Sofort lief Elias zur Mauer, gefolgt von seinem Kollegen. Die Männer schauten sich das Brecheisen genau an. Da sie Schutzanzüge und Handschuhe trugen, konnten sie das Eisen guten Gewissens aufheben. Elias rief nach der Polizistentruppe und dem Rechtsmediziner, um ihnen das Brecheisen zu zeigen. »Der Tote muss von der Mauer gestürzt sein. Die Gittertür wurde aufgebrochen. Außerdem lag hier oben neben der Mauer dieses Brecheisen, von dem ich annehme, dass es für das Aufbrechen des Tores verwendet wurde.« Beinahe siegessicher stand Elias dort an der Mauer und blickte auf die Herrschaften unter ihm herab.
»Nehmen Sie die Zange bitte mit. Und sichern Sie weitere Spuren, die uns von der Kripo bei den Ermittlungen behilflich sein könnten«, rief ihm Ottfried zu. Elias nickte und reichte das Brecheisen seinem Kollegen. Auch dieses wurde gründlich auf Fingerabdrücke geprüft. Mit Erfolg. Es waren die gleichen Abdrücke wie auf der Gittertür. Die Spurensicherer waren sich einig. Kurz entschlossen machten sie sich auf den Rückweg und schauten beide zu Boden. Sie hatten den Eingang schon fast erreicht, da blieb Manuel neben einer Bank abrupt stehen. »Warte mal! Schau dir das dann! Hier, auf dem kleinen Stück Erde, das auf diesen Pflastersteinen zu sehen ist. Da sind Fußspuren!«
»Stimmt!« Elias nickte. Auch er sah jetzt die Fußspuren, die den beiden Männern zuvor nicht aufgefallen waren. »Und es sind nur diese. Keine weiteren! Das kann bedeuten, es war nur eine Person in der Nacht hier, falls nicht noch jemand anderes gekommen und um den Fleck Erde herum gegangen war. Unsere Spuren können es nicht sein, denn sie passen nicht zu unserem Schuhwerk.«
»Ja, stimmt. Noch können wir beide Varianten in Betracht ziehen.« Manuel nahm einen Teststreifen hervor und klebte die Fingerabdrücke auf dem Brecheisen damit ab. Er musste die Abdrücke sichern, um sie später der Kriminalpolizei vorlegen zu können. Daneben mussten auch noch einige Bilder von den Fußabdrücken gemacht werden, damit der Kripo bei den Ermittlungen ein Vergleich vorlag. Noch war nicht klar, von welchem Schuhwerk die Abdrücke auf dem Boden unter dem zweiten Torbogen stammten. Mit den Bildern und der genauen Betrachtung der Schuhe des Opfers konnte das aber schnell nachgewiesen werden.
Nach der erfolgten Arbeit kehrten die Spurensicherer zurück zum Tatort, an dem die Leiche lag. Inzwischen hatte der Rechtsmediziner ein weißes Tuch über sie gelegt. Zuvor hatten die Polizisten mit einem Stück Kreide einen Umriss um den toten Mann gezogen. Nun konnte er bald mitgenommen und in die Rechtsmedizin gebracht werden.
Die beiden Spurensicherer Elias und Manuel traten zu den Beamten der Kriminalpolizei und berichteten über den Fund auf dem Gelände der Befestigungsanlage. Dabei betonten sie, dass es sich bei den Fingerabdrücken und den Fußspuren allen Anscheins nach um die des toten Mannes handelte. Die Beamten der Kripo nickten daraufhin. Ihnen war bewusst, was das hieß. Während sich die zwei Spurensicherer mit den Kriminalpolizisten unterhielten, wurde der Tote in einen plastikartigen Sarg gelegt. Dieser wurde dann in den Wagen geschoben. Damit war die Leiche bereit zum Transport in das rechtsmedizinische Institut in Homburg.
Die Polizisten begannen unmittelbar nach der Abfahrt des Leichenwagens mit den Ermittlungen, ahnten aber nicht, dass der Tod des Mannes sie vor ein großes Rätsel stellte, dem noch weitere folgen sollten.
Kapitel 2
Die Kriminaldirektion in Kürenz: Kommissar Ottfried und seine Kollegen brüteten über dem Fall, der sie seit dem frühen Morgen des Tages beschäftigte. Das Ermittlertrio war vor einigen Wochen frisch zusammengestellt worden; Ottfried hatte schon jetzt einige Erfolge als leitender Kommissar zu verzeichnen. Sabrina, eine junge Frau mit langen, braunen, lockigen Haaren, war neu bei der Kriminalpolizei Trier und hatte erst kürzlich ihr Polizeistudium abgeschlossen. Hermann arbeitete zwar auch schon länger in Trier, hatte aber auch erst vor ein paar Wochen das Abteil gewechselt und saß nun mit Ottfried Braun und Sabrina Fass zusammen im Büro. Gerade waren sie dabei, die Spuren auszuwerten, die von den beiden Spurensicherern gefunden worden waren: Fingerabdrücke an Gittertor und Brecheisen, dann die Fußspuren am Boden. Wirklich zuordnen konnten sie die Spuren allerdings nicht. Den Beamten war ohnehin klar, dass sie den Leichnam des Mannes selbst noch einmal untersuchen mussten, um sicher gehen zu können, dass die Spuren von ihm stammten. Andernfalls hätte auch eine andere Person in Betracht kommen können, der die gefundenen Spuren zuzuordnen waren. Die Polizisten waren sich in einem Punkt alle einig: der Fall warf Fragen auf, von denen nicht sicher war, ob sie je beantwortet werden konnten.
»Ich schlage vor, mit der Staatsanwaltschaft zu kommunizieren. Dann rufe ich in der Gerichtsmedizin an«, sagte Ottfried und blickte seine Kollegen an. Die nickten flüchtig.
»Das ist in Ordnung. Vor allem muss man bedenken: Wenn die Spuren, die auf dem Gelände der Befestigungsanlage in Pfalzel gefunden wurden, wirklich von dem Toten stammen, dann stellt sich doch die Frage, wie er überhaupt von der Mauer fallen konnte«, erwiderte Hermann.
»Es könnte sich um Selbstmord handeln. Aber warum? Wer ist der Tote überhaupt?«, gab da die Kollegin zurück. Als Neue war Sabrina sich in manchen Fällen nicht sicher, wie sie reagieren sollte. Bald würde sie aber soweit eingearbeitet sein, dass sich alles andere von selbst regelte.
»Nun, das werden wir erst dann sicher wissen, wenn die Leiche von einem Angehörigen identifiziert wurde. Es ist schwierig, da aber jemanden zu finden, weil der Mann keine Ausweispapiere bei sich hatte«, klärte Ottfried seine junge Kollegin auf. »Wir können aber mal im Register nachsehen, ob es bereits eine Vermisstenmeldung gibt.«
»So früh doch nicht!« Hermann schüttelte den Kopf. Just in dem Moment klingelte das Telefon. Sabrina nahm den Hörer ab.
»Kriminaldirektion Trier, Sabrina Fass, was kann ich für Sie tun?«, sagte sie in den Hörer. Dann hörte sie dem Anrufer zu und riss erstaunt die braunen Augen weit auf. Es war die Dienststelle am Stadtbad. »Ehrlich? Genau der, der am Morgen tot aufgefunden wurde? An der Wallmauer? ... Okay, ich verstehe ... Ja, gut, dann vielen Dank für die Information. Ich werde sie den Kollegen weitergeben. Wiederhören!« Sabrina legte auf und atmete tief durch.
»Was ist?«, fragte Hermann.
»Ein Kollege aus der Dienststelle am Stadtbad hat gerade angerufen. Ihr glaubt es nicht. Da soll eben eine Vermisstenmeldung reingegangen sein. Vermisst wird ein Tom Krausmann. Etwa 30 Jahre, ist 1,80 m groß und wurde zuletzt am Morgen des gestrigen Tages gesehen. Dann ist er spurlos verschwunden. Jetzt hat sich seine Freundin bei der Polizei gemeldet, weil sie ihn überhaupt nicht