Die Wiege des Windes. Ulrich Hefner

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Die Wiege des Windes - Ulrich Hefner

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Er ist aber noch nicht versetzt und gehört nach wie vor zu unserer Abteilung. Verdammt noch mal, wir haben da draußen eine Leiche!«

      Johannes Hagemann schaute Trevisan unterwürfig an. »Was will ich machen?«

      »Lutger ist tot und du bist jetzt der Chef«, antwortete Trevisan ungehalten. »Du wirst ihn jetzt noch einmal anrufen und ihn herzitieren.«

      Johannes Hagemann schüttelte verlegen den Kopf. »Das ist nichts für mich. Ich bin kein Chef. Und nur weil ich der Älteste bin, schon zweimal nicht.«

      »Verdammt, Johannes! Seit Monaten tanzt der schon aus der Reihe. Jetzt reicht es ein für alle Mal. Ich werde mir den Kerl zur Brust nehmen.« Trevisan ging zum Telefon.

      »Aber denk doch an die Folgen«, hielt ihn Johannes zurück. »Bald geht er auf diese Schule und dann kommt er am Ende noch als dein Chef zurück. Und sein Onkel ist Staatssekretär.«

      »Und wenn er Kaiser von China wäre! Das lassen wir uns nicht gefallen. Jeder von uns hätte heute Termine. Es ist schließ­lich Weihnachten.«

      Die Tür wurde aufgestoßen und Dietmar Petermann betrat das Zimmer, im dunklen Anzug und einem weißen, mit Rüschen besetzten Hemd. Dazu trug er eine orange-grün gemusterte Krawatte. Er blickte griesgrämig drein. »Verdammt, ausgerechnet heute! Dabei hätte ich einen kleinen Solopart zu singen. Das macht jetzt Frieder. Wofür habe ich wochenlang geübt?«

      »Tut mir leid«, antwortete Johannes. »Aber wir brauchen jeden Mann. Wir haben eine männliche Leiche.«

      »Und die Suche nach seiner Identität wird schwierig«, warf Trevisan ein. »Der gute Mann hat nämlich keinen Kopf mehr.«

      »Enthauptet?«

      »Nicht direkt«, erklärte Hagemann. »Ein Bootsmotor hat ihm den halben Kopf zermatscht. Da ist nicht mehr viel übrig.«

      »Absichtlich?«

      »Das sollten wir seinen Mörder fragen«, erwiderte Trevisan.

      »Die Obduktion ist um elf«, sagte Hagemann. »Ich werde mit Trevisan hingehen. Du kümmerst dich bitte um die Vermisstendateien und machst eine Überprüfung in Würzburg.« Hagemann erzählte Dietmar die weiteren Umstände des Leichenfundes und informierte ihn über den aufgefundenen Rucksack.

      Dietmar Petermann sah sich fragend um. »Und wo ist Markus?«

      »Der hat abgesagt«, antwortete Trevisan schnippisch. »Bereitet sich wohl schon auf seine Tage als Polizeidirektor vor. Und du weißt doch, wer führen will, muss frei sein – vor allem von Arbeit.«

      »Der und Polizeidirektor«, entgegnete Petermann. »Da machen sie doch auch nur wieder den Bock zum Gärtner. Wenn sein lieber Onkel nicht wäre, würde der immer noch die Parkplätze am Bahnhof bewachen.«

      Ein Hustenanfall schüttelte Johannes. Es schien, als ob er keine Luft mehr bekäme. Trevisan klopfte ihm auf den Rücken, während Dietmar Petermann ein Glas Wasser einschenkte.

      Als sich Johannes wieder beruhigt hatte und zusammengesunken auf dem Stuhl saß, musterte ihn Trevisan. »Wäre es nicht besser, wenn ich mit Dietmar zur Obduktion ginge und du würdest dich um die Vermisstenfälle kümmern?«

      Hagemann schüttelte vehement den Kopf. »Du weißt, dass ich Computer hasse. Das geht schon, lasst mich nur ein paar Minuten ruhig hier sitzen. Noch lebe ich.«

      7

      Das Telefon klingelte mitten in der Nacht. Alexander Romanow wälzte seinen üppigen Körper auf die rechte Bettseite und suchte schlaftrunken nach der Nachttischlampe. Er war entgegen seiner sonstigen Gewohnheiten alleine im Bett. Griesgrämig griff er nach dem Telefon auf dem Nachttisch. Ein krächzendes »Ja«, mehr hatte er für den Anrufer nicht übrig.

      Das Gespräch dauerte nicht lange, dennoch war Romanow eine Spur zuversichtlicher, als er den Hörer zurück auf die Gabel legte. Er fuhr sich mit der Hand über den kahlen Schädel. Endlich kam die lang ersehnte Bewegung in die Sache. Vor zwölf Stunden hatte er fast geglaubt, es wäre alles verloren, sein Leben keinen Pfifferling mehr wert, doch nun strahlte seine Miene wieder Zuversicht aus, wenngleich Folgen der allzu kurzen Nacht in seinem Gesicht Furchen hinterlassen hatten.

      Wenn nur erst einmal wieder die Daten in Sicherheit wären, dann könnte man sich getrost um den zweiten Schritt kümmern.

      Damals, als er das Geschäft eingefädelt und die Investoren der Laufzeit zugestimmt hatten, war er glücklich gewesen wie ein kleines Kind. Er hatte die Hoffnung gehabt, endlich seine Träume realisieren zu können.

      Vor mehr als zwanzig Jahren, als er hinter den roten Mauern im Kreml Akten und Geschäftsbriefe unterschrieben hatte, die das Papier nicht wert waren, auf dem man sie gedruckt hatte, hatte er hinter dem Bild von Breschnew eine Postkarte versteckt, die einen Sandstrand auf Mauritius­ zeigte. Vor nicht ganz zwei Jahren hatte er sich in den Westen aufgemacht, um seinen Traum zu verwirklichen. Und es hatte lange Zeit ausgesehen, als wäre alles nur noch eine Frage der Zeit. Doch dann kam die schicksalhafte Wendung, die ihn weit zurückgeworfen hatte. Und nun … Geld lagerte genug auf den schwarzen Konten, doch es gehörte nicht ihm. Wenn er sich daran vergriff, musste es gut vorbereitet sein, denn das Risiko war hoch. Er wusste, mit wem er sich eingelassen hatte und wie wenig Spaß die verstanden, wenn es um ein gebrochenes Versprechen ging. Erst wenn alles verloren war und er keine andere Möglichkeit mehr sah, würde er seinen Plan B in die Tat umsetzen.

      Alles war ganz anders gekommen, als er es sich vorgestellt hatte. Sein perfektes Geschäft hing an einem seidenen Faden. Nicht nur die Steine, die ihm dauernd in den Weg gelegt wurden, auch das Versagen seiner Männer in letzter Zeit setzten ihm zu. Deshalb hatte er ein ultimatives Zeichen setzen müssen. Er hatte keine andere Wahl gehabt. Aber nur ein paar Tage später hatten seine Vertrauten schon wieder einen unsäglichen Fehler begangen. Dazu noch dieses verrückte Land, dieser Bananenstaat, bei dem Nein – Ja hieß und jawohl – vielleicht. Mit dieser Schildbürgeradministration hatte er nicht gerechnet. Im Osten war Deutschland der Inbegriff von Zivilisation und Wohlstand gewesen, von Rechtsstaatlichkeit und funktionierendem Sicherheitsgefüge. Inzwischen wusste er es besser. Dieses Land war unberechenbar und eigentlich auch unregierbar. Und wenn man eine Erlaubnis in den Händen hielt, dann war die heute genauso viel wert wie damals die Akten im Kreml.

      Aber jetzt war doch noch Bewegung in die Sache gekommen. Und irgendwann mussten diese ewigen Fehlschläge ein Ende haben. Er konnte nicht sein ganzes Leben nur noch vom Pech verfolgt werden.

      Er knipste das Licht aus und kuschelte sich in seine Bettdecke. Das Rauschen, das gedämpft durch das geschlossene Fenster ins Innere drang, war der Regen, der dem Wetterbericht nach eigentlich längst zu Schnee hätte werden müssen. Doch nicht einmal den Meteorologen konnte man in diesem Land trauen.

      *

      Rike hatte sich im Schutz der Dunkelheit über das Nachbar­grundstück geschlichen und das Fahrrad über den Zaun gehoben. Den BMW hatte sie nicht mehr gesehen. Am ersten Feldweg war sie links in Richtung Neue Welt abgebogen. Die feuchte Kälte fraß sich langsam durch ihre schwarze Daunenjacke. In der Antarktis war es um ein Vielfaches kälter, aber das war eine für den Körper leichter erträgliche Kälte. Sie ärgerte sich, dass sie in der Eile vergessen hatte, ihre Thermowäsche anzuziehen. Wer dachte in so einer Situation schon an Unterwäsche.

      Sie schaltete ihr Fahrradlicht nicht ein. Trotzdem erkannte sie im fahlen Mondschein den Weg. Sie warf des Öfteren einen Blick zurück. Diese Kerle hatten

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