Mords-Töwerland. Angela Eßer

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Mords-Töwerland - Angela Eßer страница 5

Автор:
Жанр:
Серия:
Издательство:
Mords-Töwerland - Angela Eßer

Скачать книгу

Hof markiert. Wie Schuljungen spielten sie mit einem Plastikball, der im Wind hin- und hergetrieben wurde.

      Ruhig bleiben, mahnte sie sich. Sie hatte recht behalten. Die Elitekämpfer waren putzmunter auf Juist gestrandet. Sie zählte vier Männer. Drei fehlten, wenn die Nachrichtenmeldung richtig war.

      Sie überlegte fieberhaft, was sie tun könnte. Die Inseljäger fielen ihr ein. Sie hatten Gewehre, mit denen sie Kaninchen jagten. Unversehens tauchte Emma in ihrem Blickfeld auf. Kläffend und bellend beteiligte sich ihre Hündin am Fußballspiel. Die Männer schöpften keinen Verdacht. Sie klatschten Beifall, weil Emma in luftiger Höhe mit ihrer Nase den Ball kickte. Gleich darauf tauchte aus dem Gebäude mit der Aufschrift »Dellert-Haus« eine uniformierte Gestalt auf. Nummer fünf, zählte Tanja.

      Fuchsteufelswild schimpfte die drahtige Frau: »Seid ihr verrückt! Wenn euch jemand sieht!« Dann setzte sie auf Spanisch nach und trieb die Fußballspieler ins Haus. Ein Mann mit zu weiter Jacke und einer Schirmkappe erschien neben ihr. Nummer sechs war niemand anderer als Hannes Dengel. Sie erkannte ihn von Fahndungsfotos aus ihrer ehemaligen Polizeistation. Und wo war die siebte Person?, fragte sie sich.

      Die Antwort erhielt sie postwendend. Mit voller Wucht jagte die hinter ihr stehende Holländerin einen Gewehrkolben an Tanjas Hinterkopf. Juists einzige Polizeikraft sackte zusammen und blieb auf den Pflastersteinen liegen. Verschwommen sah sie, wie Emma zu ihr lief und mit erhitzter Zunge über ihr bleich gewordenes Gesicht schleckte.

      Dengel und Carmen liefen zur Holländerin, die mit dem Kampfstiefel Tanjas Hals niederdrückte.

      »Sie hat sicher nach Verstärkung telefoniert«, schrie der geflohene Schwerverbrecher, als er die Polizeibeamtin erkannte.

      Antje widersprach. »Ich habe sie beobachtet, als sie mit dem Hund vom Strand hochgekommen ist. Sie hat nicht telefoniert und …«

      »Mir scheißegal, erschieß sie!«, drängte Dengel aufgeregt. »Keine Zeugen! Ist das so schwer zu verstehen?«

      Emma bellte, als Carmen die Waffe aus der Gürteltasche holte und sie ihrem Frauchen an den Kopf hielt. Aus dem Augenwinkel sah Tanja, wie Dengel mit einem brutalen Tritt dafür sorgte, dass sich ihre Hündin trollte. »Worauf wartest du? Schieß!«

      »Sie ist Polizistin«, gab Carmen zu bedenken. »Gibt schlechtes Karma, und sie jagen doppelt so viele Bullen hinter uns her.«

      Dengel spürte sanften Wind über sein Gesicht streicheln und änderte mit Blick in den klarer werdenden Himmel seine Meinung. »Ok, Planänderung. Sie verständigt den Notruf für den Hubschrauber, dann stellt niemand dumme Fragen. Sperrt sie weg.«

      Im selben Augenblick schreckten klackende Hufe die Flüchtigen auf. Hastig zogen sie die Beamtin hinter die Mülltonne.

      Dengels Gesicht strahlte beim Anblick der Plankutsche, die auf sie zusteuerte. »Das Schicksal meint es gut mit uns, Mädels. Genau damit fahren wir zum Landeplatz.« Er griff Carmens Hand und kontrollierte die Zeit auf ihrer Armbanduhr. »In einer halben Stunde Abmarsch. Lasst alles zurück, was nicht gebraucht wird. Wir dürfen nicht zu schwer sein.«

      Der Kutscher mit Zigarette im Mund hatte die Personen beim Seeferienheim nicht bemerkt. Als aus dem Nichts ein Plastikball zwischen die Hinterbeine der Lastpferde schoss, ahnte er nicht, was ihn erwarten würde. Die Tiere bäumten sich erschrocken auf und wieherten. Mit Peitsche und guten Worten brachte er das Gespann zur Ruhe. Doch statt die Fahrt fortzusetzen, hob er die Arme, denn zwei maskierte Gestalten mit Gewehren bedeuteten ihm, vom Bock abzusteigen.

      Tanja Krüger fand sich in einem Schlafraum mit Etagenbetten wieder. Der Kopf brummte ihr vom Schlag, den ihr die siebte Person verpasst hatte. Sie schleppte sich zum vergitterten Fenster. Das Stück Himmel, das sie sehen konnte, war trüb und grau, aber kein Sturm tobte mehr über die Insel. Am anderen Ende des Hofes entdeckte sie ihre Hündin. Emma lag bewegungslos in einer Blutlache. Sie haben Emma getötet, dachte sie, genauso, wie sie Jan getötet haben. Tränen rannen ihr über die Wange. Voller Wut eilte sie zur Tür, die plötzlich vor ihr aufgerissen wurde. Die spanisch sprechende Frau betrat mit übergezogener Sturmhaube den Raum. Sie reichte Tanja das ausgefallene Diensthandy, das in ihrer Jacke gesteckt hatte.

      »Akku ist geladen«, sagte Carmen knapp. »Dreh dich um.«

      Durch das Fenster sah Tanja, wie zwei Kämpfer einen übel zugerichteten Mann durch den Hof schleiften.

      »Wer ist das?«, fragte sie entsetzt.

      »Ein hübscher Kerl, dem die Gäule durchgegangen sind und ihn halb tot getrampelt haben«, bekam sie zur Antwort. »Du wählst jetzt die 112, sagst, wer du bist, und forderst einen Rettungshubschrauber an. Sonst stirbt der Kutscher.«

      Unter vorgehaltener Waffe tätigte die Beamtin den Notruf. Die Einsatzzentrale erkundigte sich nach der Verletzung, beruhigte sie, dass der Rettungsdienst die Erstversorgung übernehme, und schickte den Hubschrauber los. In zehn Minuten würde er auf der Wiese beim Hafen eintreffen. Zufrieden nahm Carmen der Polizistin das Handy weg und öffnete die Tür. Zwei Männer kamen herein, warfen den Kutscher vor Tanjas Füße und verschwanden. Aus der Nase tropfte Blut, mehr an Verletzungen entdeckte sie bei ihm nicht. »Geht’s?«, vergewisserte sie sich.

      Der Kutscher nickte und deutete zum Fenster. Nun hörte auch Tanja, wie sich der Planwagen in Bewegung setzte. Sie sprang zur verschlossenen Tür und rüttelte. Eine Zeit lang sah der Verletzte ihr dabei zu und wischte sich das Gesicht mit einem herumliegenden Bettlaken ab. Dann rappelte er sich auf, öffnete die Fensterladen und stieß von innen das Gitter auf.

      »Danke«, sagte Tanja perplex. »Bleib hier, ich schicke Hilfe, ja?«

      Mit einem Sprung war sie draußen auf dem Hof. Doch Emma lag nicht mehr dort, wo sie sie gesehen hatte. Sie starrte sekundenlang auf die Blutlache auf dem Asphalt, wieder rannen Tränen über ihre Wangen. Was sollte sie bloß tun? Die Verbrecher hatten einen Vorsprung, der Hubschrauber landete in wenigen Minuten. Weit und breit keine Inseljäger, geschweige denn Verstärkung. Schweren Herzens rannte sie los und stolperte über den Militärrucksack, der als Tormarkierung hergehalten hatte. Rasch öffnete sie ihn und staunte. »Perfekt!«, machte sie sich Mut und erinnerte sich, wie sie bei der Polizeiausbildung mit einem G3 Schnellfeuergewehr Trainingseinheiten absolviert hatte.

      Gleich darauf schlug sie das Fenster des Gebäudes mit der Aufschrift »Büro und Kiosk« ein. Sie fand ein vorsintflutliches Scheibentelefon und alarmierte die Feuerwehr. »Rückt sofort zum Hafen aus«, befahl sie. »Ich bin auf dem Weg.«

      Sie war bereits davongeeilt, als der Kutscher in den Hof trat.

      *

      Die Plankutsche erreichte den Hafen zusammen mit den Löschzügen und den Rettungswagen. Das Sirenengeheul des Großeinsatzes trieb Juister und Touristen hinaus zum Hafengelände. Menschenmassen wie zur Hochsaison fanden sich zusammen, ohne zu wissen, was vor sich ging. Der Kolumbianer auf dem Bock trieb unbeeindruckt die Pferde voran. Unsichtbar unter der Plane saß Dengel mit der bewaffneten Mannschaft.

      Mit dem gesicherten Gewehr im Bollerwagen eines konfiszierten Fahrrads näherte sich die Inselpolizistin dem Hafen. Der Hubschrauber landete gerade auf der Wiese neben dem Leuchtturm. Im Rotorwind sprangen Notarzt und Sanitäter heraus und blickten sich nach dem Schwerverletzten um. In dem Moment wurde die Kutschenplane weggezogen. Dengel und die bewaffneten Kämpfer sprangen heraus und verscheuchten die zwei zu Tode erschrockenen Helfer. Die Zuschauer, die augenblicklich die Gefahr erkannten, riefen und winkten sie zu sich, bis Dengel eine Salve in die Luft abfeuerte. In Todesangst suchten die Schaulustigen Schutz in den umliegenden Gebäuden. Nachdem der Rettungspilot vom Sitz gezerrt

Скачать книгу