„… Gesetz und Freiheit ohne Gewalt“: „Die höchste Form der Ordnung“. Richard A. Huthmacher

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„… Gesetz und Freiheit ohne Gewalt“: „Die höchste Form der Ordnung“ - Richard A. Huthmacher

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…, [als] Chaos in rechtlicher, politischer, wirtschaftlicher [und] gesellschaftlicher Hinsicht“ – durch solche Indoktrination soll suggeriert werden, dass die Verwirklichung anarchistischer Ideen jede Gesellschaft ins Chaos stürze.

      Jedoch (wie angeführt zuvor): Gemäß Kant ist Anarchie „Gesetz und Freiheit ohne Gewalt“, „Gesetz und Gewalt ohne Freiheit“ indes sind nichts anderes als Despotie.

      In eben diesem Sinne konstatierte (der Anarchist) Elisée Reclus zu Recht: „Anarchie ist die höchste Form der Ordnung.“

      Gleichwohl – vornehmlich wegen der negativen Konnotation der Begrifflichkeit „Anarchie“ – geben sich diejenigen, die eine herrschaftsfreie Gesellschaft anstreben, die unterschiedlichsten Namen; sie nennen sich „Föderalisten“ („Abschaffung des Staates, seiner Grenzen und seines Apparates, Ersetzung durch neue Strukturen auf der Basis gleichberechtigter Kommunen und Räte, die sich dezentral [föderal] organisieren“), sie nennen sich „Kollektivisten“ (Befürworter einer Gesellschaftsordnung auf der Grundlage von Gemeinschaftlichkeit), „Mutualisten“ (Mutualismus: „genossenschaftliche Ordnung auf dem Prinzip der gegenseitigen Hilfe und Solidarität“) oder „Syndikalisten“ (Anarcho-Syndikalisten: Anarchisten auf gewerkschaftlicher Basis); bisweilen sprechen sie auch von „Akratie“ statt von Anarchie oder bezeichnen sich als „Libertäre“ bzw. als libertär:

      Zudem drängt sich der Verdacht auf, dass die Idee der Anarchie verwässert werden soll, auf dass niemand mehr – und „Otto Normalverbraucher“ schon gar nicht – ihre Inhalte kennt und einen Bezug zu seinem eigenen Leben herstellen kann: Deceptio dolusque suprema lex – Tarnen und Täuschen gehört zum Geschäft.

      Nichtsdestotrotz sind viele Menschen „Anarchisten“ – auch wenn ihnen dieser Umstand nicht bewusst wird.

      Denn sie hinterfragen, was ihnen nicht einsichtig erscheint, weigern sich zu glauben, was sie nicht verstehen, sind nicht bereit, etwas zu tun, nur weil „man“ es befiehlt.

      „Der Widerstand gegen Herrschaft zieht sich ... als stetiger Strang durch die Geschichte von Individuen und Gruppen: mal als listige Spaßvögel, mal als rebellierende Aufrührer, mal als aufmüpfige Querdenker …

      Taten und Figuren sind in Märchen, Liedern und Legenden überliefert, und in aller Welt erfreuen sich die... Aktionen der Kleinen gegen die Mächtigen der ungeteilten Sympathie des Publikums. Aktionen, deren Zielscheibe die Autorität und deren Wesen Freiheit und Gerechtigkeit sind.“

      Jedenfalls: Von entscheidender Bedeutung ist für Anarchisten das Verständnis von Freiheit – ihnen genügen keine Teilfreiheiten wie den (Wirtschafts-)Liberalen die Freiheit des Handels, den Patrioten die Freiheit des Vaterlandes oder den Aufklärern die Freiheit des Geistes, vielmehr ist Freiheit für sie unteilbar und all-umfassend, betrifft ebenso das alltägliche Leben der Menschen wie deren globale Organisation.

      Freiheit ist für Anarchisten mit sozialer Gerechtigkeit verbunden; es gibt keine Anarchie ohne Gerechtigkeit: „Freiheit ohne Sozialismus ist Privilegientum und Ungerechtigkeit – und Sozialismus ohne Freiheit ist Sklaverei und Brutalität.“ So, zutreffend, Bakunin.

      Folgerichtig wurde die Begrifflichkeit vom „sozialen Anarchismus“ geprägt („Arten des Anarchismus: … sozialer Anarchismus, für den kleine menschliche Gemeinschaften [Familie, Dorf, Kleinbetrieb, Arbeiterzellen] ohne starre Regeln und Zwang harmonisch kooperieren [Tolstoi, Bakunin, Anarchosyndikalisten]“).

      Anarchisten kämpfen nicht nur gegen, sondern sie kämpfen auch und insbesondere für (konstruktives libertäres Element): beispielsweise kämpfen sie gegen Rüstung und für den Frieden, gegen Atomkraftwerke sowie Umweltzerstörung und für Ökologie, gegen Behördensumpf, Polizeiwillkür und Justizarroganz sowie für ein Verwaltungssystem, das den Menschen dient, nicht umgekehrt.

      Dadurch gebiert (staatliche) Unterdrückung nicht Gewalt, sondern Lösungsansätze und neue Denk- und Lebensmodelle.

      Auch wenn im historischen Kontext einige anarchistische Strömungen, namentlich zu Ende des 19. Jhd., ihre Zuflucht in Gewalt gegen die Repression, die sie selbst erfuhren, suchten: Die Zahl der Pazifisten im Kampf der Anarchisten gegen ihre Unterdrückung ist ungleich größer als die Zahl derer, die Gleiches mit Gleichem und Gewalt mit Gewalt vergelten (wollten oder wollen).

      Zudem sollte man nicht alle für Anarchisten halten, die mit der schwarzen Fahne wedeln oder oder in schwarzer Montur auf alles einprügeln, was nicht ihrer Gesinnung oder der des Verfassungsschutzes ist: Viele von denen segeln unter falscher Flagge. Wie einst die Piraten.

      Vielmehr ist der Anarchismus ein fort- und immerwährendes Experiment, ein „Basar der Vielfalt“, aus dem sich ein jeder, indes nicht nach Belieben bedienen kann. Denn Anarchismus ist ebenso vielfältig wie in keiner Weise willkürlich.

      Mithin ist der Anarchismus kein (definiertes und definitives) Ziel, sondern ein Zustand sozialen Zusammenlebens, den die, welche sich gesellschaftlich organisieren, immer wieder wie immer wieder neu bestimmen müssen; er ist nicht die marxsche Utopie einer klassenlosen Gesellschaft, sondern ein ständiges Suchen, Versuchen, Wagen und Ausprobieren.

      Aus dem (obersten) Ziel des Anarchismus, die Herrschaft des Menschen über den Menschen zu beenden, aus dem sozial geprägten anarchistischen Freiheitsgedanken leitet sich die un-bedingte Forderung der Anarchisten ab, den Staat in seiner jeweils herrschenden Form, seine Macht- und Herrschaftsverhältnisse abzuschaffen.

      Und Alternativen zur alten Staatlichkeit zu entwickeln:

       So viel Kollektivität wie nötig, so viel Individualität wie möglich.

       Gleiche Chancen und Rechte, aber keine Gleichmacherei.

       Abschaffung der kapitalistischen Produktionsweise. Abschaffung des kapitalistischen Geld- und Zins-, namentlich des Zinses-Zins-Systems.

       Ersatz dieses kapitalistischen Wirtschaftssystems, nicht durch eine sozialistische Plan-, sondern durch eine solidarische Bedarfswirtschaft.

       Überwindung von Klassen- und sonstigen Macht-Hierarchien: Zwar werden Menschen unterschiedlich geboren. Und sollen unterschiedlich bleiben. Aber sie sollen nicht aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer Rasse, ihrer Nationalität oder Religion, namentlich nicht aus wirtschaftlichen Gründen irgendwelche Privilegien besitzen. In diesem Zusammenhang sind beispielsweise eine Vielzahl rechtlicher Bestimmungen, insbesondere Eigentum, Besitz und Erbrecht betreffend, neu zu regeln.

       Durch Überwindung des Staates sind auch dessen Institutionen (grundsätzlich) in Frage zu stellen und weit(est)gehend abzuschaffen; dies gilt namentlich für die Regierung des jeweiligen Staates, für seine bürokratischen Strukturen, für Armee, Polizei und Justiz, ebenso für das staatliche Erziehungsmonopol; zu beseitigen ist auch die Hoheit einiger weniger über die Medien (Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen).

       Weil viele religiöse und anarchistische Vorstellungen, Moral und Ethik betreffend, durchaus übereinstimmen, ist der Anarchismus eher antiklerikal (also gegen religiös verbrämte Herrschaftsstrukturen gerichtet) als anti-religiös.

       „In freien Gesellschaften darf es kein Eigentum an Menschen mehr geben. Anarchisten wenden sich deshalb gegen die alltäglichen Abhängigkeits- und Unterdrückungsverhältnisse – speziell die von Frauen und Kindern. Die meisten Libertären lehnen daher auch die Institution der Ehe und der ´bürgerlichen Kleinfamilie´ ab. In ihr sehen sie eine wichtige Stütze des Staates.Sie ziehen freiwillige Zusammenschlüsse nach dem Prinzip der Wahlverwandtschaft vor, etwa in Großfamilien,

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